Also doch kein Shoppen in Los Angeles?

Himmler: In erster Linie aber geht es darum sich einen Überblick zu verschaffen, was verfügbar sein könnte, wenn die Mediengruppe RTL Deutschland und ProSiebenSat.1 ihre Picks gemacht haben. Dann kommen die nicht genommenen Serien auf den freien Markt und das sind oft nicht die qualitativ schlechtesten. Sie sind nur mit Blick auf die Publikumsansprache für die Privaten schwer zu vermarkten. Es ist also auch Konkurrenz- und Marktbeobachtung: Welche Serien werden wohl genommen, welche nicht und könnten für uns interessant werden.

Aber wir sprachen schon über die „Sopranos“: Ist das Lizenzware für ZDF oder ZDFneo?

Himmler: Neo ist der Versuch des ZDF das Serien-Segment bei uns im Hause wieder aufzubauen. Momentan ist Neo sicher auch der geeignetere Sender für Lizenzserien. Bis eine US-Serie beim ZDF um 20.15 Uhr programmiert wird - da wird noch etwas Wasser den Rhein runter fließen. Aber wir haben einen ersten Schritt gemacht und die Primetime des ZDF für Kauffilme geöffnet. Da zeigt sich aber schon, dass die Publikumsstruktur des ZDF uns nur sehr mainstreamige Produktionen erlaubt. Und eine geeignete Serie zu finden, die ins ZDF-Hauptprogramm passt - am Besten gleich zwei für einen Serien-Abend, das ist schon eine strategische Herausforderung, die nicht kurzfristig lösbar ist.

 

 

Kommen wir nochmal zu den Screenings hier. Abseits der Frage nach dem nächsten großen Hit, bleibt ja die Frage ob sich Trends erkennen lassen...

Lückel: Es gibt mit „Pan Am“ und „The Playboy Club“ vielleicht einen kleinen Retro-Trend. Beide Serien spielen Anfang der 60er und auch die Handlung von „Alcatraz“ beginnt in dieser Zeit. Da hat der Erfolg von „Mad Men“ sicher manchen Autoren inspiriert.

Und sonst? In welche Richtung geht‘s?

Lückel: Also vor zwei Jahren hatten wir viele Krankenhaus-Serien, im letzten Jahr schon weniger und in diesem Jahr fast keine mehr. Ein bisschen noch bei „A Gifted Man“, in der ein bisschen das Ghost Wisperer-Element mit Medical Drama kombiniert wird. Wenn man einen Trend ausmachen möchte, dann gibt es wieder viele Crime-Serien. Und es fällt auf, dass die klare Trennung aus abgeschlossener Handlung pro Folge und großer Rahmenhandlung immer stärker aufgehoben wird. Es gibt schon immer den Fall der Woche aber es gibt einen Hintergrund, der sich durch die Staffel zieht. Also etwa bei „Alcatraz“, dort wird jede Woche zwar jemand der verschollenen Gefangenen auftauchen aber das Mysterium trotzdem vermutlich erst über die Staffel hinweg gelöst werden.

Himmler: Wenn wir über inhaltliche Trends reden, dann fällt in diesem Jahr auch stark auf, dass wir diese Post-9/11-Welle endlich überstanden haben. Wenn wir einige Jahre zurückdenken, dann gab es Serien wie „Supernatural“ oder „Jericho“ - also immer mit unbekannter Bedrohung mitten in Amerika - die von tapferen, manchmal übernatürlichen Helden bekämpft werden musste, um das Heimatland zu schützen. Bei Universal haben wir nochmal so einen Nachklapp von „Heroes“ gesehen, aber ansonsten ist dieser Trend abgeebbt. Es wird etwas realistischer. Wenn dann, wie bei „Grimm“, ein bisschen Mystery. Ausnahmen wie „Falling Skies“ bestätigen die Regel.

Lückel: Noch ein Trend vielleicht: Wir lachen mehr. Die Sitcom-Produktion wurde hochgefahren, das merkt man deutlich. ABC macht einen zweiten Comedy-Abend auf, NBC ebenso, CBS müsste schon mal vorarbeiten falls Ashton Kutcher nicht so funktionieren sollte wie erhofft und FOX will auch endlich punkten. Die haben mit Real-Life-Sitcom ja leider nie so viel Erfolg gehabt wie mit ihrer "Animation-Domination" am Sonntagabend. Inhaltlich fällt dieses Jahr viel in den Bereich Gender-Comedy.

Herr Himmler, Herr Lückel, herzlichen Dank für das Gespräch