Die große Unterhaltung besteht im Ersten meist nur aus Quizshows. Früher gab es ein bereites Feld, wenn man an Formate wie „Flitterabend“ oder „Geld oder Liebe“ denkt. Ist alles außer Quiz zu riskant?

Wir haben ja sehr bewusst nach dem Wechsel von Jörg Pilawa zum ZDF gesagt, dass wir uns in dem Bereich der Unterhaltung breiter aufstellen. Wir haben unterschiedliche Moderatoren, das Spektrum im Ersten ist sehr viel größer geworden, von Eckhart von Hirschhausen bis Kai Pflaume. Matthias Opdenhövel wird die „Sportschau“ moderieren, aber natürlich auch im Bereich der Unterhaltung arbeiten, denn er hat längst gezeigt, dass er das  kann. Es wäre doch sträflich, solche Talente zu vernachlässigen.

Nochmal von den Personen zurück zum Format Quiz. Kann die ARD in der Unterhaltung auch Anderes?

Quiz wird im Fernsehen immer seine Berechtigung haben. Quiz ist ein klassisches öffentlich-rechtliches Format, es ist ein Stück Bildungsfernsehen in unterhaltsamer Form. Aber ich glaube, dass man darüber hinaus gehen muss und wir gehen darüber hinaus. Wir haben mit „Klein gegen Groß“ gerade eine Form entwickelt, die etwas anderes ist als Quiz und wir werden noch in diesem Jahr, darauf bin ich sehr gespannt, die drei Teile von „Der klügste Deutsche“ zeigen, wo wir mit Fernsehen, Radio und Online ein großes Casting veranstalten, bei dem es tatsächlich darum geht Menschen zu entdecken, die ganz besondere Fähigkeiten haben, seien es künstlerische oder intellektuelle. Es zeigt, dass wir eine Menge in Angriff nehmen im Bereich der Unterhaltung.

Thomas Schreiber äußerte einmal, dass die Farbe Comedy im Ersten kaum stattfinde. Man könne so etwas doch auch mal in der Primetime zeigen. Gibt es dafür eine Perspektive?

Ja, das kann ich mir vorstellen. Ich glaube, dass wir in dem Bereich aktiver werden müssen. Da gibt es auch in den Landesrundfunkanstalten die eine oder andere Idee, da ist aber noch nichts spruchreif. Wir werden diese Farbe aber sehr gezielt pflegen.

Nochmal zur „Sportschau“: Ein Vermarktungsmodell der DFL sieht vor, dass man nicht mehr auf die „Sportschau“ am Vorabend setzt und sich stattdessen einen Internetpartner sucht. Zittern Sie um die Sendung?

Wir wissen, was wir an der Bundesliga haben und die Bundesliga, die DFL, weiß, was sie an uns hat. Die Bundesliga-Sportschau ist gerade in dieser Saison enorm erfolgreich gewesen. Sie schafft die ganz große Bindung der Fans zum deutschen Fußball. Sie ist immens wichtig für die Sponsoren. Ich glaube sie ist ein hohes Gut und beide Seiten wissen, dass man es nicht leichtfertig aufs Spiel setzen sollte.

Vor einigen Wochen war die ARD mit einer nicht gerade kleinen Abordnung bei den LA Screenings zugegen. Dabei haben Sie doch gar nicht so viele Sendeplätze für Hollywood-Ware, erst recht nicht für serielle Produktionen. Oder ändert sich das?

Der Schwerpunkt im Ersten wird weiterhin auf deutschen Eigenproduktionen liegen im fiktionalen Bereich. Das ist eine ganz eindeutige Erfahrung, dass unser Publikum deutsche eigenproduzierte Ware am intensivsten schätzt. Aber wir werden uns natürlich weiter auch im Lizenzbereich tummeln, weil wir die Farbe Spielfilm pflegen wollen. Im nächsten Jahr wird es unsere Sommerkino-Staffel am Montag bereits um 20.15 Uhr geben. Das ist ein exzellenter Sendeplatz und natürlich möchte ich für diesen Platz auch herausragende internationale Spielfilme anbieten. Also der Spielfilm spielt für uns weiterhin eine große Rolle.

Wie sieht es mit Serien aus? Das ZDF hat da u.a. durch ZDFneo ja neues Interesse entwickelt...

Serielle Lizenzware steht bei uns nicht im Vordergrund, es sei denn, wir würden mal etwas entdecken, dass perfekt zum Ersten passt. Gleichwohl erwerben wir auch Serien, das lässt sich gar nicht vermeiden, weil man bestimmte Spielfilmabschlüsse nur im Paket bekommt. Wenn dann gelegentlich beklagt wird, das eine wirklich tolle Serie wie „United States of Tara“ im Ersten in der Nacht zu sehen war, dann muss ich sagen: Wir haben sie erworben um sie bei EinsFestival in der Primetime zu senden, weil wir gesagt haben, dass das Format  für diesen auf junges Publikum zielenden Kanal genau das richtige ist. Die Ausstrahlung im Ersten war eine Preview.

Mit der Spielfilmprogrammierung am Montagabend im Sommer haben Sie sich nicht nur Freunde gemacht. Ein prominenter Sendeplatz für Dokumentationen musste dafür weichen...

Dokumentationen werden weiterhin einen Programmschwerpunkt bilden, daran wird sich nichts ändern. Und die Anzahl der Dokumentationen bleibt unverändert. Wir werden versuchen den Montag, der ja weiterhin Informationstag bleibt, mit Naturfilmen, hart aber fair, Tagesthemen und zwei Dokumentationen, sehr konsequent zu bespielen. Außerdem werden wir weiterhin Eventprogrammierungen machen, was uns in der Vergangenheit auch schon gut gelungen ist, in Form von Fernsehfilmen, bei denen sich die journalistische Vertiefung anbietet, zum Beispiel zum Thema Cybermobbing am 19.Oktober mit dem Film „Homevideo“ und einer anschließenden Diskussion bei „Anne Will“.

Von Cybermobbing zu Twitter - das ist vielleicht eine etwas holprige Überleitung zur letzten Frage, aber: Wer twittert eigentlich unter @Volker_Herres? Sind Sie es, lassen Sie twittern oder ist es ein Fake?

Rätsel sind ja nur reizvoll, wenn der, der sie aufgibt, sie nicht auch noch löst.

Herr Herres, herzlichen Dank für das Gespräch