Stichwort Sat.1: Die Rückkehr ins Privatfernsehen bedeutet wieder mehr Wettbewerb als zuletzt bei der ARD...

Wissen Sie, Wettbewerb ist immer Definitionssache. Ich persönlich stelle mich gerne dem Wettbewerb, Harald auch. Die Sendung hat sich immer wieder verändert, weil Harald Schmidt sich immer wieder verändert hat. Er hat in den letzten zwei Jahren in der ARD für sich erkannt: Das klassische LateNight-Format mit StandUp, Tisch, Gast und Musik funktioniert nur dann, wenn es in einer gewissen Schlagzahl kommt. 24 Sendungen im Jahr reichen dafür nicht. Und als Harald nun  viel Theater gespielt hat, hat er ja auch gemerkt, dass man in ihm immer zuerst den LateNight-Moderator sieht. Tritt Harald auf, wird LateNight erwartet.

Und bei den Einschaltquoten gilt als Minimalziel „Nicht weniger als Pocher“?

Wir haben keine Quotenvorgaben vom Sender. Wir wissen und auch der Sender weiß aus Erfahrung, dass das besser so ist. Aber wenn wir auf 16 Jahre LateNight zurückblicken, dann hatte die Sendung eigentlich immer über eine Million Zuschauer. Mal auch 1,5 oder 1,8 Millionen, mal nur 1,1 Millionen. Und das egal gegen welches Gegenprogramm. Einen gewissen festen Zuschauerkreis gibt es. Unser Publikum ist sozusagen wetterfest.

Das Comeback der „Harald Schmidt Show“ ist bei Sat.1 Teil einer Retro-Strategie. Dabei galt es jahrelang als verpöhnt alte Ideen aufzuwärmen. Plötzlich nicht mehr?

Fernsehen funktioniert wie vieles Andere immer in Kreisbewegungen. Und dabei ist Fernsehen wie Musik: Sie haben nur eine begrenzte Anzahl von Tönen, wie bei der Tonleiter, aber können trotzdem immer etwas Neues komponieren. Nur die Anzahl der Mittel ist eben endlich. Wir lernen beim Fernsehen drei Dinge: Der Zuschauer ist träge, das Image ist träge und Du darfst Deine Zielgruppe nicht verschrecken. Und deswegen ist gerade das Bekannte, das Naheliegende im massenattraktiven Fernsehen die bessere Wahl. Das beste Beispiel ist das Programmschema von RTL. Das hat sich seit den Tagen von Helmut Thoma kaum verändert. Diese große Verlässlichkeit die der Sender bei den News, beim Vorabend, bei der thematischen Ausrichtung einzelner Wochentage bietet, ist das große Plus von RTL.

Wie träge ist denn Image?

Harald hat ja selbst schon erzählt, dass er weiterhin mit Sat.1 in Verbindung gebracht wurde obwohl er seit Jahren bei der ARD war. Und als ich Sat.1 2001 verließ, gab es Imagestudien in denen Befragte als Lieblingssendung „Glücksrad“ angaben obwohl wir das 1996 aus dem Programm verbannt hatten. Es dauert sehr lange bis sich ein Image ändert.

Nicht, dass wir in drei Monaten auch noch das „Glücksrad“ wieder haben...

Solange nicht Maren Gilzer, die ich sehr schätze, an der Ratewand steht sondern Daniela Katzenberger die Buchstaben umdreht, kann‘s doch vielleicht wieder funktionieren.

Eine erschreckenderweise interessante Vorstellung. Davon aber mal abgesehen: Diese TV-Saison mit all ihren Wechseln verspricht spannend zu werden oder?

Jede Saison ist spannend. Dass es momentan so viele Wechsel gibt, sehe ich einfach als Stoff für unsere LateNight und hoffe, dass Thomas Gottschalk frühzeitig startet mit seiner neuen Sendung, damit wir uns schnellstmöglich damit beschäftigen können.

Sie haben Thomas Gottschalk in den 90ern zum Wagnis bei Sat.1 überredet. Hätten Sie ihm auch zum Wagnis im Ersten geraten jetzt?

Thomas muss sich immer nur einem einzigen Vergleich stellen und das ist „Wetten, dass..?“. Das läuft ihm nach und davon muss er sich befreien. Wenn er das schafft, dann wird das in sich erstmal eine gute Sendung. Die ganz andere Frage ist aber doch: Kann diese Sendung im schwierigen ARD-Vorabend funktionieren. Das ist eine programmstrukturelle Frage, aber da beschäftigen sich mit Sicherheit mindestens 30 Medienforscher bei der ARD mit.