Also kein Verständnis für die Forderung mancher Produzentenkollegen, dass Kreativität von den Auftraggebern vergütet werden müsse?

Immer dann, wenn in der Branche gejammert wird, oder mir etwas Sorgen bereiten sollte, dann ist das für uns ein sicheres Zeichen für eine neue Geschäftschance. Wir verfolgen da einfach eine andere Politik als viele andere Produzenten. Ich kann durchaus verstehen, dass Sender viele Piloten nicht mehr komplett bezahlen wollen. Ich kenne auch keine andere Branche, in der man sich Forschung und Entwicklung vorab vom Kunden bezahlen lässt. Wir finanzieren unsere Piloten gerne selbst. Das hat auch klare Vorteile: mehr kreativer Einfluss und mehr Zugriff auf die Rechte. Idee und Unternehmertum gehen Hand in Hand. Wenn ich zu einem Kunden gehe und sage, dass ich eine Idee habe, an die ich aber nicht selber so sehr glaube, dass ich bereit wäre, mein eigenes Geld zu investieren – wie klingt denn das? Ein bisschen wie: Erst der Rettungsschirm, dann die Arbeit.

 

Von Experimenten zu einem Klassiker. „Big Brother“. Wie wichtig ist das Format für Endemol besonders nach der nicht so erfolgreichen letzten Staffel?

Natürlich ist ein einzelnes Format längst nicht mehr so lebenswichtig für Endemol, wie es in der Vergangenheit einmal gewesen ist. Trotzdem lieben wir dieses Format, denn es begeistert nach wie vor eine große Fan-Gemeinde. Mit der letzten Staffel haben wir im Schnitt 7,4 Prozent bei den 14- bis 49-Jährigen erreicht. Das war weniger als im Vorjahr, als „Big Brother“ außergewöhnlich gut lief, aber besser als die Staffel zuvor, Nummer neun. Wir, wie auch RTL II, sind besonders damit zufrieden, weil die jetzige Staffel bei den Werbekunden sehr gut angekommen ist. Dass wir einen noch besseren Schnitt gehabt hätten, wenn wir die Staffel nicht verlängert hätten, ist auch klar. Aber hinterher ist man immer schlauer…

Mal so allgemein gefragt: Was halten Sie eigentlich von Äußerungen ehemaliger Geschäftsführer über ihre früheren Unternehmen?

(lacht) Wissen Sie, in einer Umkleidekabine eines Altherren-Fußballvereins, wo ich neulich zu Gast war, habe ich einen wahren Satz gehört, der auch für einige Zeitgenossen im wahren Leben gilt: „Je älter man wird, desto besser war man früher.“

Wobei ich jetzt auch nicht um eine Frage zu Ihrer alten Wirkungsstätte 9Live herumkomme. Sind Sie froh oder traurig, dass das Kapitel 9Live beendet ist?

9Live war über viele Jahre die Geschichte eines neuartigen Geschäftsmodells im Fernsehen und lange Zeit auch Trendsetter für viele Nachahmer. Es war für mich persönlich eine großartige Zeit. Aber jedes Geschäftsmodell hat seine Zeit. Und die von 9Live war schon länger vorbei. Ich hatte bislang immer das Glück, in dynamischen Aufbrauchphasen bei Unternehmen an Bord zu sein. So ist es auch jetzt bei Endemol.

Wird der Endemol-Klassiker „Nur die Liebe zählt“ eigentlich eine neue Heimat finden...

Nichts ist für die Ewigkeit. Man muss bei so starken und lange erfolgreichen Formaten wie „Nur die Liebe zählt“ auch mal die Geduld haben, ein Format neu zu überdenken und dann zur gegebenen Zeit und in der richtigen Konstellation neu auf den Schirm zu bringen. In den Niederlanden ist „All you need is love“ als ganz große Surprise-Show erfolgreich auf den Bildschirm zurückgekehrt.

Na, das klingt doch nach einem Format, das man über Herr P mal bei den Öffentlich-Rechtlichen vorstellen könnte...

Man kann sich zum Glück vieles vorstellen.

Herr Wolter, herzlichen Dank für das Gespräch.