Herr Gosejohann, wie viel Zeit verbringen Sie eigentlich Tag für Tag in sozialen Netzwerken? 

(überlegt) Eineinhalb Stunden kommen da mit Sicherheit zusammen. Man bekommt über soziale Netzwerke oft ganz andere Einblicke als es bei klassischen Nachrichtenportalen der Fall ist. Es ist auch ein Stück weit wie ein wöchentliches Klassentreffen, weil man ja ständig ein Lebenszeichen von anderen Menschen bekommt. Das besitzt einen ganz eigenen Informationsgehalt. 

Aber mal ehrlich: Manchmal nervt Facebook doch einfach nur…

Ich bin nicht der Typ, der sich davon nerven lässt, wenn jemand andauernd auf Facebook postet, was er gerade gefrühstückt hat. Das ist doch ein Luxusproblem! Das ist ähnlich wie bei Leuten, die vom Fernsehprogramm genervt sind. Wenn die die Umschalttaste nicht kennen, dann ist das deren Problem.

Sie selbst haben 480.000 Facebook-Fans. Da muss man aufpassen, was man postet, oder?

Til Schweiger hat mal gesagt, das Internet sei ein negatives Medium. Da muss ich ihm leider recht geben. Negative Kommentare funktionieren deutlich besser als positive. Wenn ich schreibe, dass ich dieses oder jenes gut finde, heißt es: "Wen interessiert das? Geh arbeiten…" Schreibe ich aber, dass ich etwas total mies finde, dann schließen sich tausende User dieser Meinung an und kotzen sich auf meinem Profil die Seele aus.

Haben Sie trotzdem klare Regeln für sich definiert, was geht und was nicht?

Persönlichkeit geht vor, sonst läuft man Dingen hinterher, denen man gar nicht hinterherlaufen kann. Wenn man sonntags schreibt, dass man einen Kater hat, wird man immer Likes bekommen. Nur stellt sich eben die Frage, ob man das wirklich haben muss. Im Laufe der Jahre sammelt man da so manche Erfahrungen. Man muss sich klar machen, was zur eigenen Person passt. Das Risiko bleibt aber - vor allem wenn man in Deutschland einen Witz macht. Gerade bei den jungen Leuten ist der erhobene Zeigefinger wieder ein ganz großes Ding. Da glaubt man manchmal nicht, dass wir in einer Demokratie leben.

Wo haben Sie den erhobenen Zeigefinger zuletzt bemerkt?

Da muss ich nur mal schnell auf mein Profil schauen. Es gibt immer wieder Leute, die mir einen mitgeben wollen, aber da habe ich mir ein dickes Fell angeeignet. Machen wir uns nichts vor: Ironie tut sich im Internet schwer. Als ich vor einigen Wochen ein Foto postete, auf dem ich bei Hochwasser auf einer vom Wasser umspülten Bank am Rhein saß und das mit den Worten "Scheiße, eingepennt" kommentierte, habe ich ganz schön einstecken müssen.

Können Sie das nachvollziehen?

Das Foto hatte schnell mehrere zehntauend Likes, sodass es sich im Netz rasend schnell verbreitete. Ich kann verstehen, dass sich einige Leute, die unter dem Hochwasser zu leiden hatten, dadurch angegriffen fühlten. Allerdings ist das Foto entstanden, bevor die verheerende Flut über Deutschland hereinbrach. Auch in Anbetracht der Katastrophe habe ich nicht das Gefühl, man könne aus dem Foto schließen, ich würde mich über die Menschen und ihre Schicksale lustig machen. Das Timing sorgte dafür, dass der Gag extrem polarisierte. Aber auch dafür, dass er derart durch die Decke schoss.

Angst vor einem Shitstorm haben Sie also nicht?

Wenn ich jetzt sage, ich habe Angst vor einem Shitstorm, dann habe ich morgen einen. Ich möchte die Leute mit meinen Kommentaren nicht verletzen - aber es kann natürlich passieren, dass ich der einzige von 480.000 bin, der über einen Witz lacht.

Berufsrisiko…

Wäre natürlich blöd, aber die Scheiße muss man dann fressen. (lacht)