Als Producers at Work 2005 gegründet wurde, haben Sie gesagt, ProSiebenSat.1 sei ihr Wunschpartner. Nun geht man getrennte Wege – was hat sich denn seitdem geändert?

Christian Popp: Sie sagen es ja schon selbst: Wir sprechen immerhin über acht Jahre mit guten und schlechten Zeiten – nach so langer Zeit ist man schon fast der Methusalem der Gruppe. Irgendwann reift der Wunsch nach einer Veränderung. Und letztlich ist das Bedürfnis nach Unabhängigkeit auch eine Folge unserer Geschäftsentwicklung: Wir haben im letzten Jahr schon über 40 Prozent unserer Umsätze außerhalb der Gruppe gemacht. Daran kann man ablesen, dass sich unser Geschäftsmodell über die Jahre hinweg verändert hat. Irgendwann sieht man einfach, dass die Situation nun eine andere als vor acht Jahren ist und dass man besser aus diesem Verhältnis aussteigt.

War es denn ein Hindernis für den Aufbau des Geschäfts mit Dritten, dass Producers At Work immer stark als Teil von ProSiebenSat.1 wahrgenommen wurde – stärker als das etwa bei den UFA-Firmen und RTL der Fall ist?

Christian Popp: Wir können natürlich nicht in die Köpfe unserer Auftraggeber schauen, aber die Realität spricht eigentlich dagegen. Uns gegenüber ist die Zugehörigkeit zu ProSiebenSat.1 nie als Begründung angeführt worden, wenn ein Projekt mal nicht geklappt hat. Und wir arbeiten ja wie erwähnt schon für andere Sender. Das ist also nicht der Grund für diese Trennung. Ich sehe in diesem Schritt für mich einfach einen kreativen Neustart. Unsere Firma war zunächst stark auf Telenovelas festgelegt. Wir haben in den letzten Jahren stark daran gearbeitet, uns breiter aufzustellen. Deswegen hat Christian Rohde zum Beispiel die Film-Tochter Magic Flight Film aufgebaut. Mir ist einfach wichtig zu zeigen, dass sich diese zwei Firmen in den letzten Jahren weiterentwickelt haben.

Christian Rohde: Aus der etwas kürzeren Geschichte der Magic Flight Film, die 2010 gegründet wurde, muss ich im Umkehrschluss auch sagen: Wir haben einige Filme für Sat.1 gemacht – und nur weil man zum gleichen Konzern gehört, wird einem da auch nichts geschenkt. Wir mussten uns um jeden Film genauso bewerben, wie andere auch. Jeder Film wurde genauso kritisch entwickelt und begleitet, wie jedes andere Projekt. Und das ist ja auch gut so. Wir haben Entwicklungsverträge mit allen Sendern und wir haben und werden immer für alle Sender entwickeln. Dass ein gutes und inhaltlich gewolltes Projekt abgelehnt wird, weil man zu einer bestimmten Gruppe gehört oder eben nicht, hat zumindest in unserer Realität nicht stattgefunden.

Abgesehen von der Gesellschafterstruktur bleibt bei Producers At Work aber alles beim Alten?

Christian Popp: Genau. Ich übernehme die 74,9 Prozent der Anteile von ProSiebenSat.1 und bin dann alleiniger Gesellschafter. Producers at Work wird weiterhin Serien und auch Telenovelas entwickeln und produzieren. Zudem gehen wir mit Alexander Keil auch die internationale Serienproduktion an. Magic Flight Film bleibt daneben weiterhin unsere Tochter, die sich um Filmproduktionen kümmert mit Christian Rohde als Geschäftsführer.

Sie haben die Telenovelas gerade explizit erwähnt – mir erscheint es im Moment auch angesichts der Erfolge von „Berlin – Tag & Nacht“ und „Köln 50667“ eher schwierig, einen Sender von einer neuen, klassischen täglichen Serie zu überzeugen. Sehen Sie das anders?

Christian Popp: Zunächst stellt sich immer die Frage nach dem konkreten Inhalt und Konzept – und ich glaube schon, dass man neue Geschichten erzählen kann, die spannend sind und die auch mit Schauspielern und starken fiktionalen und qualitativ hochwertigem Auftritt überzeugen können. Schauen Sie sich den Markt an: Die doku-fiktionalen Programme, die nach „Berlin – Tag & Nacht“ und „Köln 50667“ kamen, waren auch keine großen Erfolge mehr. Wie bei allen Programmen erfährt auch diese Programmfarbe irgendwann eine Marktsättigung. Und es gibt für Sender nicht so viele Möglichkeiten, wie sie den Wettbewerbern Marktanteile am Vorabend abjagen können. RTL II ist erfolgreich - aber wenn sie dagegen ankommen wollen, können Sie ja nicht nur kopieren. Ich bin daher überzeugt, dass die Sender auch wieder Telenovelas und klassische Dailys als Option ins Auge fassen. Dass es in einem insgesamt sehr von finanziellen Rahmenbedingungen geprägten Geschäft wie dem Fernsehgeschäft schwierig ist, Sender dazu zu bewegen, an seriellen Programmen so lange festzuhalten, bis sie erfolgreich sind, liegt in der Natur der Sache. Es wird nicht einfacher werden, aber ich glaube, dass die Chancen da sind.

Ich höre auch heraus, dass für Producers at Work eine Produktionsweise wie bei „Berlin – Tag & Nacht“ keine Option ist...

Christian Popp: Ja. Wir glauben nach wie vor daran, dass die Zukunft in der klassischen fiktionalen Erzählweise liegt. Es gibt da ja zwei grundsätzliche Haltungen: wir kommen aus dem Script-Bereich, wir kommen vom Geschichten erzählen - das ist unsere Stärke, da sind wir zu Hause. Die anderen Produzenten kommen eher aus dem Casting-Bereich. Das ist eine unterschiedliche Herangehensweise. Bei "Berlin - Tag & Nacht" erinnere ich mich immer gerne an die Frühphase von "Gute Zeiten, schlechte Zeiten", das war großartig. Das waren ja auch Amateure, Andreas Elsholz war kein ausgebildeter Schauspieler. So weit sind die Programme letztlich gar nicht voneinander entfernt. Sie sind in der Machart heute etwas anders, aber die entscheidende Frage ist die nach dem Ansatz: wähle ich den Casting-Ansatz oder wähle ich den Script-Ansatz. Wir wählen immer den Script-Ansatz.