Wenn man „Promi Big Brother“ nach dem Auftakt nur nicht so versemmelt hätte...

Die Marktanteile lagen am Ende auf einem absolut akzeptablen Level, deutlich über Senderschnitt. Aber Sie haben Recht: Wir haben eine große Chance ungenutzt liegen lassen. Da trifft dann das zu, was Sie vorhin ansprachen: Fernsehen ist für mich nicht automatisch deswegen gut, weil die Quote gut war. Man kann immer noch daran arbeiten. Umgekehrt bedeutet übrigens manche schlechte Quote nicht, dass eine Sendung schlecht war.

Sie haben eben schon mal kurz den Serien-Nachschub aus den USA angesprochen. Für ProSieben bedeutet der eine Orientierung hin zu Superhelden und Mystery, nehme ich an.

Endlich wieder mehr Auswahl und Abwechslung! Mystery ist ja eine der beständigsten Farben im ProSieben-Programm und ich finde es toll, dass wir in der kommenden Saison sicher wieder mehr zeigen werden. Die L.A. Screenings waren insgesamt vielversprechend, die Batman-Serie „Gotham“ hat mir sehr gut gefallen. Man fliegt ja immer hin und schwitzt im Flieger, hoffend, dass in diesem Jahr etwas Gutes dabei ist. Letztes Jahr gab es zum Beispiel viele Sitcoms, aber ansonsten nur manche nette Serie, die man allenfalls in der Late Prime ausprobieren kann. Diesmal war es für unsere beiden großen Sender eine gute Ausbeute – Serien mit 20.15-Uhr-Potential. Sat.1 hat zum Beispiel „Navy CIS: New Orleans“ sicher und ProSieben ist sehr gut versorgt. Welche Serien genau kommen werden, hängt noch davon ab, welche in den USA überhaupt in eine ganze Staffel gehen werden. Deswegen kann ich hier noch nicht konkreter werden.

Und dann kommt auch endlich „Broadchurch“.

Ja! „Broadchurch“ kommt im Herbst in Sat.1. Ich liebe diese Serie und freue mich, eine britische Serie bei uns auf Sendung zu sehen.

Noch spielen US-Sitcoms die tragende Rolle bei ProSieben, füllen neben der Primetime auch weite Strecken des Tagesprogramms. Kann man sich da noch länger drauf verlassen oder braucht es Alternativen?

Wir müssen vorbereitet sein und entwickeln schon für eine Zukunft mit weniger Sitcoms im Programm. Das gilt sowohl für die Primetime wie auch die Daytime. Aber wir werden angesichts der guten Quoten nicht voreilig handeln. Es macht dem Zuschauer ja viel Freude, wie wir an der Resonanz und den Quoten sehen. Außerdem: Wie schwierig es ist, die Daytime umzubauen, haben wir bei Sat.1 gesehen und freuen uns, dass dort diese Mammut-Aufgabe so gut gelungen ist.

Jetzt haben wir bislang über Sat.1 und ProSieben gesprochen. Welcher der kleineren Sender der Gruppe braucht denn im kommenden Jahr besondere Aufmerksamkeit?

Jeder Sender hat seine eigenen Herausforderungen. Sixx wächst, aber da wollen wir jetzt mit einem Programm, über das gesprochen wird, die nächste Stufe zünden. Paula Lambert war ein Anfang, aber die Frage ist: Wie kann Sixx mit Reality oder Entertainment ein stärkeres Ausrufezeichen setzen? Und ProSieben Maxx ist der am schnellsten wachsende Sender.

Nur von der Ankündigung, US-Serien auch im Original zu zeigen, musste man sich wegen schlechter Quoten verabschieden und zeigt jetzt „Two and a Half Men“ und „How I Met Your Mother“. Erfolgsversprechend, aber die Positionierung ist noch etwas unklar.

Wir haben dem Publikum ein Angebot gemacht und es wurde nicht angenommen. Ich kenne die oft gehörten Forderungen nach Serien im Originalton, aber es wurde nicht honoriert. Wir wollen nicht auf Dauer am Publikumsgeschmack vorbeisenden. In Zukunft werden wir den Sender weiter von ProSieben emanzipieren. Zum Start gab der große Bruder noch Starthilfe, aber künftig muss der Sender selbst laufen und wird sein eigenständiges Profil schärfen.

"Beide Sender sind genau da, wo wir sie haben wollen."

Ähnliches gilt dann auch für Sat.1 Gold?

Wir haben mit einem rein deutschen Programm angefangen und haben uns jetzt ein Stück weit der US-Fiction geöffnet. Die Zuschauer lieben das. Und darum geht es doch. Die Zuschauerzahlen steigen, also scheinen wir auch hier den Nerv getroffen zu haben.

Gerade weil man ProSieben Maxx und Sat.1 Gold im Vorfeld so wortreich umschrieben und in der Theorie positioniert hat, wirkt es jeweils wenige Monate nach dem Start bei beiden Sendern wie eine Abkehr von der ursprünglichen Positionierung...

Beide Sender sind genau da, wo wir sie haben wollen. Wir haben konkrete Zielgruppen im Blick und die haben sich durch die Öffnung der beiden Sender nicht geändert. Es gucken lediglich mehr. Aus dieser Perspektive wurde also nichts neu positioniert. Wir haben nur die Programmfarben erweitert, die ganz offensichtlich in den jeweiligen Zielgruppen gut ankommen. Sie hätten Recht, wenn durch die programmlichen Veränderungen plötzlich die Demografie unserer Zuschauer völlig anders aussehen würde. Aber das machen wir ja nicht.

Mit Sixx, Sat.1 Gold und ProSieben Maxx hat die ProSiebenSat.1 TV Deutschland in den letzten vier Jahren die Programmfläche verdoppelt, aber nicht ansatzweise die Produktionsleistung verdoppelt...

Es geht, neben speziellen Eigenproduktionen für unsere spitzeren, kleinen Sender, natürlich darum, das vorhandene Programmportfolio der Sendergruppe besser auszuwerten. Aber es wäre unfair, wenn man jetzt übersieht, wie wir zum Beispiel bei Sixx schon sehr erfolgreich mit eigenen Produktionen einen Sender prägen. Das werden wir auch weiter bei unseren kleinen Sendern ausbauen.

Es ist aber doch interessant, dass die ProSiebenSat.1 TV Deutschland heute für sechs Sender weniger Eigenproduktionen stemmt als vor zehn Jahren mit nur drei Sendern. Eingekaufte Lizenzware aus den USA hat offenbar an Stellenwert gewonnen.

Wir sehen im Fernsehen doch stetige Wellenbewegungen. Da schwankt die Präsenz einzelner Genres alle paar Jahre. Dazu kommt eine Fragmentierung, auf die wir mit eigenen Sparten-Sendern eine Antwort gefunden haben. Aus Sicht deutscher Produzenten mag diese Betrachtung eine Relevanz haben. Aber fragen Sie gerne den Zuschauer, ob er am Nachmittag bei ProSieben lieber hochwertige, namhafte US-Sitcoms sieht oder lieber wie früher Daily-Talkshows. Wir sollten die Frage nach der Programmqualität stellen und da bieten wir auf sechs Sendern heute nicht nur ein breiteres, sondern auch besseres Angebot.

Gilt das auch für Kabel Eins? Über den Sender haben wir jetzt noch gar nicht gesprochen.

Kabel Eins ist unser verlässlicher Freund – in genau dieser Größe und Positionierung. Der Sender läuft unter Katja Hofem sehr stabil und das in einem Umfeld, in dem Wettbewerber eher verlieren. Inhaltlich stehen wir bei Kabel Eins vor der Herausforderung, die nächste große Farbe im Reality/Dokusoap-Bereich zu finden. Themen mit Köpfen zu besetzen, die Starpotential haben, ist eine Stärke des Senders, die wir ausbauen wollen. Frank Rosin ist ein Kabel Eins-Gewächs, das uns mittlerweile auch bei Sat.1 große Freude macht. Wir setzen da weiter auf starke Typen mit Bodenhaftung. Und im Übrigen haben wir bei Kabel Eins den Anteil der Eigenproduktionen erhöht und US-Ware reduziert. Nur um es mal zu erwähnen (lacht).

"Wenn Netflix Bewegung in den Markt bringt, dann inhaltlicher Natur."

Im Produzenten-Markt erleben wir gerade eine neue Konsolidierungs- und Fusionswelle. Tangiert das die ProSiebenSat.1 TV Deutschland oder beobachten Sie das erstmal emotionslos?

Solange im Produzentenmarkt viel entwickelt wird, sehe ich das gelassen. Aber wenn Zusammenlegungen dazu führen sollten, dass immer weniger Entwicklungsarbeit geleistet und der Output damit geringer würde, dann wäre das schlimm. Ich hoffe, dass die entsprechenden Player im Markt sich bewusst sind, dass sich Kreativität nur bedingt optimieren lässt. In diesem Zusammenhang bin ich sehr glücklich, mit Red Arrow ein immer größeres Produzenten-Netzwerk inhouse zu haben. Nach „The Taste“ kommt jetzt z.B. „Married at first sight“. Und auch bei den fiktionalen Stoffen, an denen Red Arrow aktuell arbeitet, ist viel Musik drin.

Wie intensiv verfolgen Sie den Start von Netflix?

Entspannt. Wenn Netflix Bewegung in den Markt bringt, dann inhaltlicher Natur. Und dem stehen wir mit einem bewussten Investment in mehr originäre Programme in alle Sender unserer Gruppe und starke bestehende Programm-Marken sehr selbstbewusst gegenüber.

Herr Link, herzlichen Dank für das Gespräch.