Herr Hrstic, Sie sind ab dem 1. Mai bei Sport1 als Chefredakteur Digital und Director Content tätig. Wie lange werden Sie für die Eingewöhnung benötigen?

Die Eingewöhnungszeit ist überschaubar, weil ich die meisten Kollegen ja schon lange kenne. Ich werde allerdings noch näher an sie heranrücken und kann sofort loslegen.

Was hat es mit der neuen Position auf sich?

Das Ziel ist eine noch fruchtbarere und effizientere Zusammenarbeit zwischen Produkt, Redaktion, Technologie und Sales. Es geht vor allem um die Fokussierung auf Bewegtbildinhalte, weil darin unsere Kernkompetenz liegt. Daneben wollen wir unsere umfangreichen Sportdaten in Zukunft noch intelligenter in all unsere Produkte einbauen und gleichzeitig die Social-Media-Aspekte stärker als bisher in den Vordergrund stellen. Derzeit denken wir beispielsweise sehr intensiv in Richtung Fußball-App. Wir wollen der Marktplatz werden, auf dem sich alle Sportfans bewegen. Sie sollen Produkte konsumieren und teilen, gleichzeitig aber auch Raum für Diskussion und Austausch erhalten.

Es gibt viele Möglichkeiten, sich privat auszutauschen. Warum braucht es für den Austausch unter Fans Sport1?

Wenn solche Projekte scheitern, dann meist, weil es an der Verzahnung zwischen Verkauf, Produkt und Redaktion mangelt. Entscheidend ist, ein Produkt zu bauen, das nah dran ist an den Interessen der User, so können wir erfolgreicher sein als die Konkurrenz. Wir haben den Vorteil, eine solche Fußball-Plattform sehr gut mit eigenem Content bespielen zu können – das ist ein echter Mehrwert. Darüber hinaus sind dem Austausch quasi keine Grenzen gesetzt: Vorstellbar sind etwa Gruppen, in denen über einzelne Vereine der ersten oder zweiten Liga diskutiert wird oder aber auch über Regel- und Schiedsrichter-Chats.

Sie haben bereits in den vergangenen Monaten daran gearbeitet, die Strukturen der News-Redaktion zu verändern. Welches Ziel haben Sie dabei verfolgt?

Die große Herausforderung war es, aus verschiedenen Redaktionen im Bereich TV, Radio, Online und Mobile eine große Nachrichtenredaktion zu machen. Heute machen wir das alles aus einer Hand. Das ist wichtig in einer Zeit, in der sich das ganze Geschäft so schnell wie nie verändert. Der Prozess dauerte rund zwei Jahre und ist inzwischen – bis auf einige Kleinigkeiten – erfolgreich abgeschlossen. Es ging beispielsweise darum, die Workflows zu beschleunigen. Dazu war es nötig, alte Hierarchien aufzubrechen, um die Zusammenarbeit zwischen Redaktion, Technik und Produkt sowie anderen Abteilungen zu verbessern.

Wie sieht das konkret aus?

Früher ist man als Redakteur irgendwann zur Technik rüber gelaufen und hat versucht, ein Projekt umzusetzen. Jetzt haben wir kleine Units eingeführt, in denen sich Technik, Redaktion, Produkt-Management und unter anderem Vermarktung regelmäßig treffen, um das Produkt von allen Seiten zu bereichern. Diese strikte Trennung, wie es sie einmal gab, existiert nicht mehr.

Wie sieht für Sie der perfekte Arbeitsflow aus? Angenommen, es gibt in der Bundesliga einen wichtigen Trainer-Wechsel...

Ein Trainer-Wechsel ist ein gutes Beispiel. Der Tag beginnt mit einer großen News-Konferenz, an der alle Bereiche, darunter auch ein Social-Media-Redakteur, teilnehmen. Hier wird auch eine Stoßrichtung vorgegeben. Wir wollen schließlich vermeiden, dass wir Online anders berichten als im Fernsehen. Natürlich erwarten wir von unseren Reportern auch Fotos für die sozialen Netzwerke. All das mündet schließlich in einen fünf- bis sechsminütigen Beitrag in „Bundesliga Aktuell“, wo wir ein Thema etwa durch Kommentare und eine Skype-Schalte zum jeweiligen Außenstudio-Leiter intensivieren.

"Derzeit ist Video-Content am besten zu monetarisieren."
Ivo Hrstic

Wäre es manchmal nicht wünschenswert, nicht nur bis „Bundesliga Aktuell“ warten zu müssen, sondern auch schon tagsüber auf Sendung gehen zu können?

Das spielt momentan in unseren Gedanken keine Rolle. Wir haben uns ganz klar dafür entschieden, aktuelle Themen tagsüber vor allem im Online- bzw. Mobile-Bereich abzubilden – auch mit noch mehr Video-Inhalten.

Inwiefern deckt sich das mit Ihren Abrufzahlen?

Wir haben in den vergangenen zwei Jahren vor allem im Traffic-Management sehr viel dazugelernt, wissen also sehr genau, was der User zu welcher Uhrzeit haben möchte. Dazu wurde eigens ein Stundenplan entwickelt.

Wie sieht der Tag denn aus?

Morgens werden vor allem kurze Nachrichten gesucht, um zu erfahren, was am Abend und in der Nacht passiert ist – diese Nutzung erfolgt dann auch überwiegend mobil. Dementsprechend wird der Content anders aufbereitet als zur Mittagszeit, wo wir einen sogenannten Büropausen-Peak feststellen. Zu dieser Zeit ist es uns wichtig, die Topthemen zu bündeln. Wenn die User das Büro verlassen und zur mobilen Nutzung übergehen, reagieren wir darauf ebenfalls. Und abends folgen unsere vertiefenden Informationen im Fernsehen, aber auch weiterhin Online. Da bieten wir ganz bewusst längere, hintergründigere Lesestücke und Videos an, weil wir wissen, dass unsere Zuschauer bzw. User dann mehr Zeit haben, um unsere Angebote intensiver zu nutzen.

Lässt sich sagen, welcher Bereich wichtiger ist?

Wir sind Deutschlands führende Multimedia-Sportplattform – im Rahmen dessen natürlich aber nach wie vor auch ein Fernsehsender. Alleine schon dadurch können wir uns von sehr vielen Mitbewerbern unterscheiden. Deswegen ist es logisch, dass wir großen Wert auf Bewegtbild legen. Und fest steht: Derzeit ist Video-Content am besten zu monetarisieren. Am Ende ist allerdings der User der Spielmacher. Er entscheidet, was er möchte. Deswegen ist es wichtig, sich nicht nur auf eine Plattform zu konzentrieren.

Das klingt aufwendig und bringt mich zur Kostenfrage: Ist es teurer, all das abzubilden, oder wird es durch die Zusammenlegung der Redaktionen unterm Strich günstiger für Sie?

Tatsächlich versuchen wir, sehr viele Synergien zu nutzen – dabei gibt es natürlich Einsparpotenzial. Dabei geht es aber nicht in erster Linie darum, Geld zu sparen. Wir versuchen, die freigewordenen Mittel an anderer Stelle zu investieren, etwa in zusätzliche Livestreams.