Herr Graf, mit welcher Botschaft tourt Tele 5 gerade durch die Agenturen?

Die Kernbotschaft lautet: Tele 5 ist anders als alles, was es sonst im deutschen Fernsehen gibt. Wir machen kein Industrie- und Controller-Fernsehen. Wir sind nicht Mainstream und in dieser Haltung sind wir verlässlich und nachhaltig. Wir produzieren, kaufen und planen unser Programm mit Lust und Leidenschaft, einfach anders. Werbekunden, die ihr Produkt lieben, finden bei Tele 5 ein Programmumfeld, das von Menschen gemacht wird, die ihr Produkt - das Fernsehen - lieben. Das sagen wir natürlich nicht zum ersten Mal. Diese Haltung, in der Sendersprache „Anders ist besser“, die uns von den meisten TV Sendern deutlich unterscheidet, haben wir in den letzten drei Jahren aufgebaut und werden sie auch in Zukunft weiter entwickeln. Wir machen Fernsehen für unsere Zuschauer und Stillstand ist sicherlich nicht das Ziel von Programmmachern wie Kai Blasberg.



Spielt „Leider geil“ keine Rolle mehr?

Wir sind nie zufrieden, überprüfen uns ständig selbst und entwickeln unserer Programm, die Kommunikation und die Vermarktung weiter. Dieses Jahr steht unser Screening unter der Botschaft „Vielfalt, Größenwahn und Liebe“. Dieses Motto soll Agenturen und Kunden vermitteln: Wir sind die letzte TV Manufaktur und machen noch alles selber. Mit Liebe, Leidenschaft und etwas Größenwahn stellen wir eine große Programmvielfalt her. Wir machen noch Fernsehen, weil wir es wollen. Und dafür bietet Tele 5 den idealen Nährboden, weil der Erwartungsdruck bei unserer Größe nicht unüberbrückbar hoch ist. Klar müssen wir auch Zuschauerreichweiten generieren, aber wir probieren trotzdem immer wieder Dinge, die uns mit mal mehr, mal weniger Sicherheit gute Quote bescheren. Denken Sie an „Die schlechtesten Filme aller Zeiten“. Das ist ja eher aus einer Not heraus geboren worden, ganz nach dem Motto: Man kann es ja mal probieren. Und jetzt blicken wir auf die erfolgreichste Staffel zurück, freuen uns auf die nächste und haben die stärkste Programmmarke von Tele 5 etabliert, die im Übrigen auch Menschen wieder zum linearen Fernsehen zurückführt, weil die Community mit Vorfreude auf die Ausstrahlungen hinfiebert und sie gemeinsam verfolgt. „Betreutes Fernsehen“ mit Oliver Kalkofe und Peter Rütten. Und das ist nur ein Beispiel aus dem Bereich der Eigenproduktionen, der bei Tele 5 große Aufmerksamkeit schafft, auch wenn er in der Gesamtfläche nur punktuell Akzente im Programm setzt.

Darauf wollte ich gerade kommen. Sie müssen ja schließlich mehr als nur die Eigenproduktionen vermarkten. Und da setzt Tele 5 auf Filme und Serien…

Richtig, im Spielfilm-Bereich haben wir weiterhin über 1.000 Ausstrahlungen im Jahr, allerdings mit inzwischen völlig verändertem Spielfilm-Portfolio. Wir suchen überall auf der Welt nach neuen Spielfilmen, die das deutsche Publikum noch nicht gesehen hat. Aktuell kaufen wir beispielsweise 20 Prozent unseres Programmbedarfs in Asien ein - u.a. in Indonesien und Südkorea. Und Produktionen aus China verblüffen mit unglaublichen Produktionsbudgets. Asiatische Filme funktionieren sehr gut. So gut, dass es auch hier inzwischen unerwartete Wettbewerber gibt: Plötzlich interessieren sich andere Sender aus Deutschland für das, was wir kaufen wollen. Das treibt natürlich die Preise nach oben. „Sharknado“ zu kaufen, war ein Kinderspiel. „Sharknado 3“ wurde dann schon zu einer größeren Herausforderung, aber er lief auf Tele 5.

Und gleichzeitig sind viele neue Sender dazugekommen, die ihnen Konkurrenz machen und in der Reichweite auch zum Teil vorbeigezogen sind.

Wir haben in den vergangenen zwei Jahren in der Tat neuen Wettbewerb bekommen, nicht nur im Programmeinkauf, auch in der Vermarktung, aber wir konnten unseren erfolgreichen Kurs halten. Wir werden 2015 im zehnten Jahr in Folge den Umsatz von Tele 5 steigern können. Vielfalt und Qualität rechnet sich. Das funktioniert, weil wir kein Industriefernsehen anbieten. Wenn man sich die Hitlisten von Sixx, Sat.1 Gold, RTL Nitro oder ProSieben Maxx ansieht, dann tauchen immer wieder dieselben Sendungen auf. Wir wollen uns mit unserem Programm abheben, weil wir glauben, dass Werbekunden wissen, dass neben guten Leistungswerten auch die Umfeldqualität für den Erfolg einer Marke wichtig ist. Was für ihre Produkte gilt, sollte auch für die Umfelder gelten, in denen sie sich präsentieren. Das fruchtet inzwischen. Es ist mühsamer aber nachhaltiger, auf diesem Wege Kunden für Tele 5 zu gewinnen.

Wo steht Tele 5 denn im deutschen TV-Werbemarkt?

Darauf gibt es zwei Antworten. Unter Mediaplanungs-Gesichtspunkten kann man via Tele 5 manche Zielgruppe noch mit ins Boot holen, die man im Mainstream TV nicht mehr erreicht. Das optimiert manchen Mediaplan in der Nettoreichweite. Und natürlich generiert man dann in unserer Liga vergleichsweise effiziente Kontakte. Allerdings sagen wir auch deutlich: Wir wollen die Qualität und Liebe, die wir ins Programm stecken, auch in den Werbeblöcken spüren. Damit sind auch Werbekunden in der Pflicht, Ihre Produkt- und Markenspots mit Qualitätsanspruch zu gestalten. Andere kleine Vermarkter, aber auch die großen zwei, SevenOne Media und IP Deutschland, haben in ihren Werbeblöcken in den letzten Jahren die Qualität gegen Quantität ausgetauscht, dort laufen viele Equity-Deals, Webseiten-Werbung und Spots für Gaming-Apps - da finden Sie ja immer seltener große Marken. Wir sagen von uns selbst, dass wir „Markensammler“ sind und davon haben wir aktuell über 400 Markenartikler mit Ihren Produkten in unseren Werbeblöcken.

Stichwort Digitalerlöse: Bei der diesjährigen Dmexco vor zwei Wochen waren die Fernsehhäuser so umfassend vertreten wie nie zuvor.

Auf der Dmexco habe ich viele Fernsehmacher getroffen, die mit mehr Begeisterung von technischen Möglichkeiten im Digitalen geschwärmt haben als ihre Energie in ein gutes Fernsehprodukt zu investieren. Es war ein bisschen erschreckend zu sehen, mit welcher Verve sich Fernsehmacher zu Nebendarstellern bei einer Digitalmesse machen lassen. Das ist sicher auch eine Folge der leider lange abgeschafften Telemesse. Tele 5 ist ein Fernsehsender, kein technisches Software-Haus. Natürlich kommen neue Kanäle der Zuschauerbindung hinzu, aber das Handwerk bleibt gleich. Dazu beschäftigen wir uns zu gerne mit Inhalten, etwa handverlesenen Filmen und ihrer „Veredlung“, hervorragenden Serien, wie aktuell neu „Dexter“ und „Californication“, sowie Eigenproduktionen mit einer eigenen Handschrift.

Media for Equity ist aufgrund der geringen Größe von Tele 5 jetzt ja eh kein Thema. Aber wie sieht es mit crossmedialer Vermarktung aus?

Für uns wird auch in Zukunft der klassische 30-Sekünder das Kerngeschäft sein. Wir glauben, dass wir das bisher Erarbeitete ausbauen können, und dass sich am Ende nicht hektischer Aktionismus und Spielereien sondern Qualität auszahlt. Unserer Meinung nach haben in der Vergangenheit zu viele Sonderwerbeformen im Markt von der Kraft des klassischen TV-Spots und Sponsorings abgelenkt. Einen Sponsor für „SchleFaZ“ zu finden, ist schwieriger als man denkt - trotz des hohen Kultfaktors und der treuen, wachsenden Fangemeinde. Ich bin optimistisch, dass sich weiter herumspricht, dass „Die schlechtesten Filme aller Zeiten“ ein ironisches Programm sind und sich als Umfeld für eine im Fernsehen sehr selten anzutreffende Zielgruppe hervorragend eignet. „SchleFaZ“ erreicht Zuschauer mit Anspruch, die das lineare Fernsehen sonst weitgehend verloren hat.

Amazon und Netflix werben bei Ihnen. Etwas überspitzt gefragt: Schaffen Sie sich damit nicht ein Stück selbst ab?

Tele 5 ist ein lineares Fernsehprogramm und aktuell noch nicht wirklich im VoD-Geschäft tätig. Weder technisch noch inhaltlich sehen wir da eine direkte Gefahr: Wir machen dem Zuschauer, ohne Notwendigkeit zum Aussuchen eines bestimmten Films, ein Programmversprechen, das es so bei keinem VoD-Anbieter gibt. Die Mischung aus ungewöhnlichen Filmen abseits des Mainstreams und innovativen Eigenproduktionen wie „Der Klügere kippt nach“. Da sind wir übrigens sehr zufrieden mit der Resonanz aus dem Werbemarkt auf die zweite Staffel.

Laufen die Werbebuchungen also besser als bei der teilweise werbefrei ausgestrahlten ersten Staffel?

Wir haben im Zuschauermarkt sehr von der Neugier profitiert, die durch das kultivierte Image der Sendung entstanden ist. Aber bevor wir auf Sendung gegangen sind, waren einige Kunden skeptisch, ob das jetzt einfach nur ein Saufgelage wird. Ich glaube es hat sich gezeigt: „DKKN“ ist die natürlichste Talkshow der Welt, weil hier Menschen miteinander plaudern und nebenbei eben auch einen trinken. Das haben dann auch die Werbekunden bemerkt. Daher gab es großes Interesse an Spots und Produktplatzierungen in der zweiten Staffel.

In Staffel 1 wurde stets ein Schnaps gereicht. Das hätte zwar Produktplatzierung sein können, aber dann wiederum schmeckte der kaum einem der Gäste…

(lacht) Das war eine Produktplatzierung. Es ist halt die Königsdisziplin, in einer Live-Show ohne Konzept eine Produktplatzierung zu integrieren. Das hat man dann nicht völlig unter Kontrolle. Und auch wenn der Geschmack manchem Gast vielleicht zu speziell war, so bekam die Marke ohne jeden Zweifel Aufmerksamkeit. Da wurde sicher so manches Mal via Second Screen gegoogelt, was das denn ist, was da getrunken wird. Für eine national noch weitgehend unbekannte Marke ein großer Erfolg.

Herr Graf, herzlichen Dank für das Gespräch.