Was macht "Tempel" zu einer ZDFneo-Serie? Anders gefragt: Wieso könnte die nicht im ZDF laufen?

"Tempel" könnte und kann durchaus im ZDF laufen, aber die Serie ist dezidiert für ZDFneo ausgesucht und entwickelt worden: Durch die neue Struktur von Plattform-Redaktionen wird im ZDF nicht mehr für einzelne Sendeplätze gedacht, sondern nach Geschichten gesucht und dann geprüft, zum welchem Senderprofil sie in Sujet und Umsetzungskonzept am besten passen könnten. Wäre die Serie anders entwickelt worden, hätte es sicher auch eine ZDF-Serie werden können. Doch wir haben das Tempo erhöht, die Erzähldichte gesteigert und das in ungewohnten halbstündigen Folgen verpackt. Wer die erste Folge gesehen hat, wird sofort spüren, dass dies eine ZDFneo-Serie ist. Wir gehen schnell rein und erzählen - auch mit Auslassungen - auf eine neue Art.

Also sind die 30 Minuten-Folgen inhaltlich begründet oder eine reine Kostenfrage?

Die 30 Minuten haben mehrere Gründe. Wir stehen mit "Tempel" am Beginn unserer Ambitionen im fiktionalen Erzählen und ja, 30 Minuten sind günstiger als 45. Aber das ist ein formales Argument. Uns hat als Serienliebhaber imponiert, wie in den USA ein neues Genre entstanden ist, dass inzwischen nicht nur Comedy in 30 Minuten schnell auf den Punkt erzählt wird.

"Tempel" will sehr viel sein - und sehr viele auch gesellschaftlich relevante Themen anschneiden. Will die Serie vielleicht etwas zu viel?

Das glaube ich nicht, aber Sie haben Recht: Die Serie bezieht zu vielen relevanten Themen eine Haltung, ob man sie teilt oder nicht. Das macht die Serie im besten Sinne sehr deutsch im Jahr 2016. Egal ob es die Gentrifizierung der Städte ist, Sterbehilfe, Teenager-Schwangerschaft, Kampf für die Familie und Bewältigung von vergangenen Fehlern. Wie geht man damit um, wenn Familie, Job und Kiez - alles was uns Halt geben soll - wegzubrechen droht?

"Natürlich träumen wir alle davon, dass schon der erste Aufschlag die Signature-Serie von ZDFneo wird."
ZDFneo-Chefin Simone Emmelius

Mit sechs Folgen in Doppelfolgen ausgestrahlt ist "Tempel" innerhalb von 14 Tagen fertig ausgestrahlt. Wie schnell kann die Entscheidung fallen, ob es weitergeht mit einer zweiten Staffel?

So schnell wie möglich, so langsam wie nötig. "Tempel" ist unsere erste Drama-Serie und wir werden das natürlich sehr genau und selbstkritisch auswerten müssen. Und natürlich braucht es für eine Fortsetzung auch einen passenden Dreh - auch wenn wir absichtlich schon alles darauf ausgelegt haben. Das ist die wichtigste Grundlage. Natürlich träumen wir alle davon, dass schon der erste Aufschlag die Signature-Serie von ZDFneo wird. In jedem Fall werden wir den Weg der eigenen Drama-Serie konsequent weiter gehen. Da wollen wir regelmäßig mit neuen Produktionen oder eben weiteren Staffeln erfolgreicher Serien punkten.

Wann und wie bewerten Sie denn eigentlich Erfolg bei ZDFneo?

Natürlich schaut man am nächsten Morgen auf die Einschaltquote, weil man sich das so angewöhnt hat. Aber auch das Internet ist für uns konstitutiv als qualitatives und quantitatives Erfolgsparameter und ausschlaggebend für unsere Herangehensweise. Es gibt bei uns wirklich den Ukas, dass jede Formatidee von vornherein auch non-linear gedacht wird, weil wir kein Programm mehr für nur eine Ausstrahlung machen sondern wissen, dass ein gutes Programm im Netz lebt.

Funk lässt grüßen.

Ja, aber anders als die Kollegen bei Funk sind wir eben auch der linearen Ausstrahlung verpflichtet, was angesichts der aufgebauten Reichweite ein guter Motor ist für neue Programme wie "Tempel".

Wie Sie vorhin erwähnten, ist die Drama-Serie das teuerste Fernsehgenre. Wie viele parallele Produktionen kann bzw. will sich ZDFneo denn leisten? Würde eine zweite Staffel für "Tempel" erstmal das Aus für weitere Serienprojekte bedeuten?

Im nächsten Jahr kommt in jedem Fall "Der Sommer meines Lebens" (AT), das schon produziert wurde. Wir wollen letztlich in die Kontinuität von zwei Drama-Serien im Jahr kommen und dazu zusätzlich auch ein Auge werfen auf Crime/Thrillerserie und Sitcom. Zusammen mit dem Feld der Koproduktionen und unserer non-fiktionalen Unterhaltung, die wir z.B. mit dem "Neo Magazin Royale" sehr erfolgreich etabliert haben, ergibt dies das ZDFneo, an dem wir mit Leidenschaft arbeiten.

Frau Emmelius, herzlichen Dank für das Gespräch.

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