Frau Peters, wenn man nach Artikeln und Interviews von Ihnen sucht, werden Sie immer wieder als Fernsehstar bezeichnet. Wie ist das denn so, ein Star zu sein?
(lacht) Dafür gibt es kein Gefühl. Das sind ja auch so Formulierungen, die sich mal irgendjemand ausgedacht hat, aber in meinem Alltag bin ich kein Star. Ich arbeite sehr viel am Theater - derzeit z.B am Wiener Burgtheater und am Düsseldorfer Schauspielhaus. Da gibt es dieses Star-sein nicht so. Aber wenn viele Menschen „Mord mit Aussicht“, andere Filme von mir oder mich am Theater gesehen haben und mich in guter Erinnerung behalten, dann ist das selbstverständlich toll. Wenn ich auf der Strasse erkannt werde fühle ich mich etwas geehrt, und ich freue mich darüber.
Sie sind Mitglied des Ensembles am Wiener Burgtheater und am Samstag im Primetime-Thriller im Ersten zu sehen. Sie mögen den Spagat zwischen Bühne und Kamera?
Absolut. Ich habe sehr viel Spaß daran. Solange ich es mit meinem Terminkalender vereinbaren kann, Theater und Fernsehen zu machen, bin ich sehr zufrieden.
Für manche Bühnenkollegen ist das Theater immer noch künstlerisch wertvoller als Fernsehen. Für Sie?
Ich unterscheide nicht zwischen Kunst und Kommerz. Das ist ja gerade mein Credo. Ein Unterschied ist vor allem die Erreichbarkeit: Die Reichweite von Theater ist völlig anders. Wenn ein Theater mit 1.200 Sitzplätzen fünfzig Mal ausverkauft ist, dann können Sie sich die Reichweite ausrechnen. Im Fernsehen schauen einem, wenn es gut läuft, mehrere Millionen Menschen gleichzeitig zu. Aber es kommt für mich wirklich nicht darauf an, wo ich etwas mache. Man kann überall auf hohem kreativen Level arbeiten und etwas Tolles erschaffen. Nur in der Verbreitung liegen dann Welten dazwischen.
Ein ausverkauftes Theater mit 1.200 Sitzplätzen. Da wird mancher Kollege von Ihnen neidisch. Die Theater werden kleiner, die Besucher weniger.
Ich weiss gar nicht, ob das noch stimmt, dass die Besucher weniger, aufs Ganze berechnet werden? Kleine Räume sind in Ordnung. Lieber spiele ich in einer etwas kleineren, aber vollen Hütte, als vor leeren Rängen. Die Mediennutzung ist vielfältiger geworden. Aber was all die neuen medialen On-Demand-Angebote nicht ersetzen können, sind soziale Treffen, das Live-Event und ein Gemeinschaftsgefühl. Sich etwas im Theater oder im Kino gemeinsam anzuschauen, das ist ein Erlebnis, das man mit vielen Menschen ganz unmittelbar und gleichzeitig teilt. Das ist für eine Kulturgesellschaft sehr wichtig, kollektive Erfahrungen machen zu können.
Am Theater spielen Sie die gleiche Rolle und Handlung immer und immer wieder. In Film oder Fernsehen kann sich eine Rolle mit fortlaufender Handlung entwickeln. Erklären Sie mir bitte mal den Reiz der Wiederholung beim Theaterspiel…
Der Reiz im Theater liegt darin, sich innerhalb seiner Rolle immer weiter zu entwickeln. Man entdeckt neue Details des Textes und damit der Figur und bekommt ja unmittelbar mit, wie das Publikum reagiert und das ist ja immer unterschiedlich von Alter, Geschlecht, Interessen, Herkunft oder an welchem Wochentag man das spielt. Mit Hilfe der Reaktionen arbeitet man dann ständig an der Entwicklung weiter. Das Wiederholen beim Fernsehen ist etwas ganz anderes.
Inwiefern?
Bei einem Fernsehdreh werden viele Takes mehrfach gedreht. So etwas gibt es im Theater nicht, wenn die Vorstellung einmal begonnen hat, dann läuft sie. Da braucht man dann Nervenstärke. Wenn man z.B. mit Kindern dreht und dann nach einer Szene gesagt bekommt, dass das alles schon ganz toll war, aber man das Licht nochmal verändern möchte, dann habe ich schon Kinder heulen sehen. Den Impuls verkneift sich der erwachsene Schauspieler, aber er teilt ihn! Die Kinder verstehen nicht immer, warum sie alles nochmal machen sollen, wenn es doch schon ganz toll war. Das gibt es beim Theater nicht. Im Theater nerven mich andere Dinge.
Welche?
Menschen, die mitten in einer Theateraufführung ihr Handy benutzen. Als Theater-Schauspielerin blickt man ja bei einem Stück von der Bühne aus in einen dunklen Zuschauerraum. Seit jeder ein Smartphone besitzt, gibt es immer wieder die Situation, dass jemand im Publikum mit seinem Smartphone-Display regelrecht den Scheinwerfer auf sich selbst richtet. Die Gesichter schweben dann wie blaue irritierte und irritierende Ballons im Dunkeln.
Online wird stundenlang gebingt aber einen Akt im Theater können offenbar viele nicht mehr im Stück überstehen.
Vielleicht ist das so. Warum man sich diese Zeit der Konzentration selber raubt - keine Ahnung. Das mit dem Binge-Watching ist aber super. Das ist aber eine andere Konzentration und für manche anscheinend leichter herzustellen. Aber generell finde ich die Entwicklung auf dem Serien-Weltmarkt sehr erfreulich.
Wenn jemand anruft und "Mord mit Aussicht" fortsetzen wollen würde, würden Sie ans Telefon gehen?
Ich würde den Hörer abnehmen, aber unter uns: Es ruft niemand an. (lacht)
Dabei war es noch 2014 die erfolgreichste Serie im deutschen Fernsehen. Schade.
Absolut. Wir waren zur besten Sendezeit ziemlich avantgardistisch unterwegs. Man muss sich vergegenwärtigen: Angefangen haben wir 2007. Lange bevor der jetzige Serien-Boom ausgebrochen ist. Und dann war das auch noch eine Komödie. Ein Genre, das in Deutschland viel zu oft unterschätzt wird. Dabei ist es ist uns gelungen, auf eine frische Art zu erzählen und den Zuschauern zu gefallen.