Wie sehen Sie die aktuelle politische Debatte in Deutschland?

Die Debatte ist aktuell sehr festgefahren. Das Problem ist, dass gar nicht mehr versucht wird, die Perspektiven der anderen einzunehmen. Das liegt daran, dass man mehr und mehr in den eigenen Blasen gefangen ist - das sehe ich an mir selbst ja auch. Dass ich auf Facebook von Algorithmen kuratierte Lebenswirklichkeit habe, ist klar. Aber auch im richtigen Leben zu versuchen, mit Menschen in Kontakt zu kommen, die eine andere Lebenswirklichkeit haben als man selber, ist ein Schlüsselpunkt, den man mal wieder bräuchte. Das gelingt mir mal besser, mal schlechter. Aber erst dadurch wird klar, dass es noch ganz viele andere Aspekte in den Diskussionen gibt, die wir derzeit führen. Das ist anstrengend, weil man regelmäßig seine Komfortzone verlässt, aber es gibt einem besonders viel.

Schauen Sie privat Talkshows im Fernsehen?

Ich habe keinen Fernseher, aber es gibt ja Mediatheken. Also auch gut für mich, dass n-tv mit "Klamroths Konter" eine 'online first'-Strategie fährt (lacht). Ich schaue das schon gerne Talkshows, aber klar ist auch, dass Diskussionen in einer Runde mit fünf Gästen oft durcheinander Geraten und dann redundant werden. Auch die Themensetzung finde ich oft schwierig. "Monitor" hat da ja eine schöne Debatte angestoßen, dass die Themen vieler Talkshows bestimmten Parteien oder Bewegungen zugute kommen. Gleichzeitig habe ich großen Respekt davor, dass es die Redaktionen schaffen, jede Woche aufs Neue solche Gästekonstellationen hinzubekommen.

Haben Sie Vorbilder?

Wenn ich in zehn Jahren die rhetorischen Fähigkeiten eines Friedrich Küppersbusch, die scharfe Analyse eines Georg Restle, die Empathiefähigkeit eines Louis Theroux und die politische Schlagkraft eines John Oliver habe, dann wäre ich glücklich.

So eine Mischung hat's vermutlich lange nicht gegeben...

(lacht) Das ist auf jeden Fall ein weiter Weg. Aber all diese Fähigkeiten will ich mir gerne erarbeiten.

Haben Sie aus der Zeit des "Wunders von Bern" zu Hause noch Auszeichnungen wie die Goldene Kamera?

Ich hoffe, die Goldene Kamera war kein Fake. (lacht) Tatsächlich habe ich sie noch, auch wenn die Goldene Kamera langsam abblättert. Die Diva ist dagegen in einem Streit mit meiner Schwester zu Bruch gegangen. Das alles steht jedoch im Keller in einem Karton, weil meine Schwestern die Auszeichnungen - zu Recht - prätentiös - fanden. Ich habe sie zuletzt vielleicht vor drei Jahren gesehen.

Der Beruf des Schauspielers reizt Sie nicht mehr?

Die Lust aufs Schauspielen hatte ich lange nicht, aber ich merke, wie sie langsam zurückkommt. Unmittelbar nach dem "Wunder von Bern" war mir der Trubel einfach zu groß. Sollte ich jetzt eine Rolle annehmen, müsste sie wie die Faust aufs Auge passen. Vielleicht passiert es, vielleicht auch nicht. Ich habe da keinen Zwang und will Schauspieler keinesfalls als Beruf machen.

Werden Sie nach all den Jahren noch erkannt?

Ich habe lange an dem Bart gearbeitet, den ich jetzt habe. (lacht) In bestimmten Kontexten werde ich erkannt, aber es stört mich nicht. Es war schließlich ein Film, der viele Menschen berührt hat. Bisher sind es immer positive Momente gewesen, wenn ich darauf gesprochen werde angesprochen wurde. Das ist also nichts, wofür ich mich schäme.

Wie war es, mit dem eigenen Vater vor der Kamera zu stehen?

Das war ein großes Glück, weil da ein sehr enges Vertrauensverhältnis bestand, das beim Schauspielen extrem wichtig ist. Vielleicht hätte der Film auch nicht so gut funktioniert, wäre das jemand anderes gewesen. Dass ich später meinen Vater und meine drei Frauen - also meine Mutter und meine beiden Schwestern - zu Hause gehabt habe, hat mir später sicher auch geholfen. Die haben nämlich dafür gesorgt, dass ich ganz schnell wieder zurück auf dem Boden war.

Stört Sie das Etikett "der Vater von..."?

Der im Kontext des Talks bessere Link wäre wahrscheinlich gewesen: Der Großneffe von Wiebke Bruhns, der ersten weiblichen Nachrichtensprecherin. Ein Problem, mit meinem Vater in Verbindung gebracht zu werden, habe ich allerdings nicht. Wenn ich mich daran ernsthaft stören würde, würde ich unglücklich durchs Leben laufen.

Herr Klamroth, vielen Dank für das Gespräch.

"Klamroths Konter" läuft am Dienstag um 23:30 Uhr bei n-tv.