Wie wird das Programm von WELT ab dem 18. Januar aussehen?

Unser Programmangebot besteht aus den beiden Hauptsäulen Nachrichten und Dokumentationen. Darauf basiert das Vertrauen unseres Publikums. Auch das Programmschema ist gelernt. Damit sind wir jetzt seit 13 Jahren Marktführer unter den Nachrichtensendern. Inhaltlich entwickeln wir uns immer weiter, aber das "Gerüst" bleibt bewusst so bestehen. Wir haben ein sehr ausgewogenes Verhältnis zwischen Nachrichten und Dokus. In den letzten Jahren wurden die Nachrichtenlagen internationaler und damit herausfordernder. Wir haben unter Beweis gestellt, dass wir das entsprechend abdecken und bedienen können und wir sind - und das zeichnet einen Nachrichtensender aus - wirklich live-fähig. Wir können zu jedem Zeitpunkt das Programm unterbrechen. In den vergangenen anderthalb Jahren hat das deutlich zugenommen. Unsere Zuschauer erwarten aber auch ein modernes Portfolio an Dokumentationen, und auch das finden sie weiterhin bei uns.

Sie sprechen den Doku-Bereich an. Was steht da Neues an?

Wir haben wie in jedem Jahr neue Dokumentationen und Doku-Serien eingekauft, die wir ab Herbst zeigen werden. Zu allen relevanten Programmlieferanten im Doku-Bereich verfügen wir über hervorragende Geschäftsbeziehungen und obendrein produzieren wir auch immer einen Teil selbst. In Folge der veränderten Wettbewerbssituation sind wir inzwischen auch mit vielen Produzenten über Koproduktionen im Gespräch. Das hat den Vorteil, dass wir uns attraktive Programme schon früh sichern und die Stoffe mit beeinflussen können. Wir kennen unser Publikum sehr genau und können unsere Programme damit noch ein wenig passgenauer machen. Nicht zu vergessen: Mit "Spacetime" und der "Foodtruckerin" gehen auch zwei eigenproduzierte Formate von uns in die nächste Staffel.


Und was haben Sie neu eingekauft?

Thematisch sehr vielfältige Produktionen: Technik, Space, Wildlife, History. Ein Highlight im kommenden April wird die Dokureihe "Year Million" sein, die wir uns gerade von National Geographic gesichert haben. Sie fasziniert, weil sie unglaublich anschaulich zeigt, wie künstliche Intelligenz unser Leben wirklich verändern wird, welche Fragen wir uns stellen werden, und sie macht auch deutlich, dass das alles so nahe liegt, dass es keine Science Fiction mehr ist.

Sie gehen nun auf Roadshow zu den Agenturen. Was steht da im Mittelpunkt? Der neue Name oder das Programm?

Beides. Es geht ja um die Verlässlichkeit unserer Sender. Alle, die beruflich mit Media und Marken zu tun haben, haben intuitiv sofort verstanden, welches Potential in einer solch starken crossmedialen Marke liegt. Wichtig ist zu zeigen, dass wir den Namenswechsel begleiten. Das ist ja nicht alltäglich und sicher auch spannend.

Alle, die beruflich mit Media und Marken zu tun haben, haben intuitiv sofort verstanden, welches Potential in einer solch starken crossmedialen Marke liegt.

Wie zufrieden sind Sie mit der Entwicklung von N24 Doku? Der Sender ist ja ziemlich genau seit einem Jahr on Air.

Publikum und Werbemarkt haben N24 Doku gut angenommen. Bei der technischen GfK-Reichweite stehen wir mittlerweile bei 40 Prozent, da sind wir deutlich weiter als ursprünglich geplant. Das ist eine schöne Basis. Für das erste Quartal 2018 nehmen wir die 50 Prozent in Angriff. Mit einem Marktanteil von 0,2 Prozent bei den 14- bis 49-Jährigen haben wir zudem schon jetzt unser Ziel für Ende des Jahres erreicht.

Einige Produzenten haben sich zuletzt verstärkt über ARD und ZDF beschwert, die ihr Engagement im Doku-Bereich, besonders beim großen Dokumentarfilm, zurückgefahren haben. Kann N24 Doku das irgendwie ansatzweise auffangen?

Nein, N24 Doku ist ein Timeshift-Sender, der unser Angebot stützt und ergänzt. Kein Privatsender, zumindest keiner der zweiten oder dritten Sendergeneration, ist in der Lage, in die Nachfolge von ARD oder zu ZDF treten, was die Produktion von Dokumentarfilmen geht. Das sind einfach andere Budgets, über die da gesprochen wird. Ich halte es auch für falsch von ARD und ZDF, ihre Investments in diesem Bereich zu reduzieren. Das hat zur Folge, dass Know-how verloren geht und die Bedeutung dieses Genres in Deutschland abnimmt. Wir geben zwar inzwischen auch schon einiges für Dokumentationen und Reportage-Reihen aus – aber mit den Möglichkeiten, die den gebührenfinanzierten öffentlich-rechtlichen Sendern zur Verfügung stehen, ist das nicht zu vergleichen.

Wie sehen Sie den aktuellen Bundestagswahlkampf?

Der Fokus in der Berichterstattung lag 2017 lange eher im Ausland, Stichwort Terror, die USA oder Frankreich. Zuletzt kamen auch noch Tropenstürme dazu. Jetzt, wenige Tage vor der Wahl, ändert sich das etwas. Aber echte Spannung will nicht entstehen. Wenn ich an die 70er oder 80er Jahre zurückdenke, waren Bundestagswahlkämpfe ja richtig spannend. Es gab unterschiedliche Gesellschaftsentwürfe und konträre Positionen über fast alle Themenbereiche hinweg. Es wurde öffentlich und ernsthaft über Grundsatzfragen der Politik gestritten. Das ist heute anders..

Was trägt N24 denn zum Bundestagswahlkampf bzw. zur Berichterstattung darüber bei? Bei ProSieben trifft Klaas auf Politiker, RTL II schickt den Comedian Abdelkarim mit den Politikern zu Bürgern. Ich habe das Gefühl, dass es da zuletzt bei N24 nur sehr wenige neue Formate gab. Braucht es die nicht?

In unseren täglichen Livestrecken ist der Wahlkampf mit allen Elementen und wichtigen Ereignissen, Statements und Analysen fortwährend Thema, aber eben immer abhängig davon, ob es wirklich etwas zu berichten gibt oder nicht. Auch Michel Friedman kümmert sich im Rahmen seines Talks "Studio Friedman" um die Wahl. Richtig ist, dass wir keine zusätzlichen Formate ins Programm genommen haben. Einfach, weil wir uns als Sender mit unseren Nachrichten- und Talkflächen schon innerhalb des bestehenden Programmschemas mit dem Thema intensiv auseinandersetzen. Dass ARD, ZDF, RTL oder ProSieben zusätzliche Sendungen ins Programm nehmen, ist naheliegend. Sie haben ja für solche Inhalte nicht so viele dieser natürlichen Plätze wie wir. Am Wahlabend selbst werden wir allerdings erstmals bis in den späten Abend live berichten.

In den sozialen Netzwerken gibt es immer wieder Kritik an N24 und n-tv. Oft geht es dabei darum, dass der Sender bei aktuellen Nachrichtenlagen noch nicht on Air ist. Nehmen Sie diese Kritik überhaupt noch ernst?

Natürlich nehmen wir die Kritik von Zuschauern ernst. Aber es ist immer leicht, bestimmte Vorstellungen zu haben und sie dann in einem Tweet zu veröffentlichen. Wenn sich eine Nachrichtenlage ergibt und gerade keine Live-Sendung läuft, muss die Redaktion erst einmal entscheiden, ob die Sache ernst ist oder nicht, bevor wir damit ins laufende Programm gehen.

Wie passiert das?

Terrorlagen beginnen meistens mit Eilmeldungen über Schüsse, dann kommen Verletzte hinzu und das Bild verdichtet sich. Die Redaktion muss entscheiden: Worum handelt es sich wirklich? Um eine "normale" kriminelle Aktion oder um Terror? In dem Augenblick, in dem klar wird, dass es sich um eine echte Breaking News handelt, müssen wir – als Bewegtbildmedium - für Bilder sorgen. Das geht mittlerweile sehr schnell. Genauso wichtig ist es aber, dass wir das Geschehen im Studio mit Hilfe unserer Reporter, Gäste und Experten reflektieren und einordnen. Das muss alles in Windeseile aufgestellt werden und ist etwas anderes als eine durchformatierte Sendung um 20 Uhr und ein anschließender "Brennpunkt". Echte Live-Berichterstattung bei sich entwickelnden Nachrichtenlagen können in Deutschland nur zwei Sender: N24 und n-tv.

Seit etwas mehr als einem Jahr sind Sie in Österreich mit N24 Austria auf Sendung. Wie fällt ihr Zwischenfazit aus und wieso finden Sie keinen Partner für gemeinsame Sendungen?

Was die technische Verbreitung angeht, liegen wir im Plan. Die Herausforderung besteht aber darin, dass die Zuschauer das deutsche Sendesignal gegen das österreichische austauschen. Sie können das Publikum dazu nicht so einfach auffordern, weil die Verbreitungssituation im Vergleich zu Deutschland viel aufwendiger und kleinteiliger ist. Zu den Partnern: In den letzten vier Jahren haben wir in der Tat mit vielen Marktteilnehmern in Österreich gesprochen. Am Ende ist immer die Frage, wer die Inhalte finanziert und wer etwas davon hat.

Und die österreichischen Medien wollen nicht zahlen?

Wir können uns, auch wegen der vergleichsweise hohen Verbreitungskosten, nicht alles leisten, was wir programmlich gerne machen würden. Insofern sind wir auf der Suche nach Kooperationspartnern – aber wir haben noch keinen gefunden, mit dem es möglich wäre, ein für beide Seiten vorteilhaftes Geschäft mit Bewegtbildinhalten aufzubauen. Deshalb haben wir uns jetzt dazu entschlossen, in diesem Jahr mit einem eigenen Talk zu starten, den wir hier in Berlin produzieren. Das ist ein vernünftiger Schritt, weil es ein Argument mehr für die Zuschauer ist, um zu N24 Austria zu wechseln. 

Herr Rossmann, vielen Dank für das Gespräch!