Frau Burkhardt, Herr Hager, ist Funk ein Erfolg?

Sophie Burkhardt: Die Frage ist ja, was Erfolg ist. Wir sind insofern zufrieden als dass wir im ersten Jahr weiter gekommen sind als wir vorher gedacht haben. Wir sind aber auch noch nicht da, wo wir hinwollen. Die inhaltliche Arbeit ist die Spitze des Eisberges, die strategische und strukturelle Arbeit kommt dazu. Und da ist eine wichtige Frage: Wie definieren wir Erfolg? Und wann ist ein Format für uns ein Erfolg?



Darüber sprechen wir noch, aber wie sieht es denn zunächst einmal in Zahlen aus?

Sophie Burkhardt: Wir operieren da natürlich mit den gängigen Angaben, die uns die Plattformen zur Verfügung stellen. In den ersten elf Monaten seit 1. Oktober vergangenen Jahres haben wir 256 Millionen Abrufe bei YouTube und 90 Millionen Abrufe bei Facebook zu verzeichnen. Dazu kommen noch Snapchat, Instagram… - das ist ordentlich, aber nur eine Momentaufnahme.

Florian Hager: Schon nach einem halben Jahr ergab die ARD/ZDF-Onlinestudie in der Zielgruppe der 14- bis 29-Jährigen eine Markenbekanntheit von 20 Prozent. Und das hat uns auch sehr gefreut, weil wir bei Funk ja die Strategie verfolgen, dass Inhalte die Marke bestimmen - und nicht umgekehrt. Wir haben deshalb zum Start nicht Funk als Marke in den Mittelpunkt gestellt oder, wie sonst oft üblich, eine große Markenkampagne zum Auftakt gemacht, sondern diese Bekanntheit rein über unsere inhaltliche Arbeit erreicht.

Über 20 Prozent Markenbekanntheit nach einem halben Jahr kann man auch diskutieren, aber die Marke stand ja in der Tat nie im Mittelpunkt. Bleibt das im zweiten Jahr so?

Florian Hager:. Wir werden jetzt im Oktober erstmals eine Funk-Kampagne machen, um die Marke selbst etwas bekannter zu machen. Das können wir jetzt nach einem Jahr erst machen, denn durch unsere Formate hat die Marke Gestalt angenommen. Die Marke hilft im öffentlich-rechtlichen Sinn bei Querverbindungen zwischen völlig unterschiedlichen Formaten in unserem Angebot.

Können Sie das nochmal näher erklären?

Florian Hager: Unsere Hauptaufgabe, und da kommt auch der öffentlich-rechtliche Auftrag zur Geltung, liegt darin, unsere Nutzer mit der Vielfalt unserer Inhalte zu verbinden. Also nicht nur Formate für sich zum Erfolg zu machen. Die Frage ist ja, wie bekomme ich in unserem Content-Netzwerk Zuschauer von Format A zu Format B. Wie interessiere ich den Gaming-Fan für unsere Reportage-Formate. Es ist ja eine der öffentlich-rechtlichen Königsdisziplinen ein möglichst großes Publikum auch dank Unterhaltung an relevante Inhalte oder ihnen neue Genres heranzuführen. Bei diesen Querverbindungen wird die Marke Funk sicher auch stärker zum Tragen kommen in Zukunft.

Sophie Burkhardt: Aber Funk soll auch weiterhin keine einheitliche Marke für alle 14- bis 29-Jährigen sein. Dazu ist unsere Zielgruppe zu heterogen und es ist ja auch die große Besonderheit der Marke Funk, die wir pflegen wollen. Funk wird von den jüngeren Nutzern, die eher über YouTube kommen, anders wahrgenommen als von den eher etwas älteren Nutzern, die wir über Facebook erreichen. Jeder entwickelt sein eigenes Verhältnis zur Marke Funk, basierend auf der eigenen Nutzung und nicht aufgrund einer standardisierten Positionierung. Funk ist kein Marken-Monolith.

Welche Formate gehören denn zu den erfolgreichsten?

Sophie Burkhardt: Es ist schwierig, Kanäle miteinander zu vergleichen, weil auf Jahressicht dann natürlich die Kanäle, die häufiger publizieren, erfolgreicher sind als zum Beispiel die erste Staffel unserer preisgekrönten Serie „Wishlist“ und generell Kanäle, die früher gestartet sind, mehr Videoviews erreichen als neuere Formate. Gerade „Wishlist“ zeigt, dass die Betrachtung der Zahlen allein zu kurz greift. Da ist mit einer Youtube-Mystery-Serie etwas Neues geschaffen worden. In einer Staffel wird man aber nie so viele Views sammeln wie mit einem mehrmals wöchentlich publizierenden Kanal. Wir wollen Innovation fördern und die kreativen Köpfe, die dahinter stehen. Denn wie Florian schon gesagt hat: Die Köpfe und Inhalte stehen bei uns im Mittelpunkt und darauf baut die Marke funk auf.

Florian Hager: Es gibt eben mehr als ein Kriterium. Schön, wenn alle zutreffen, aber neben der Betrachtung der erfolgreichsten Kanäle gibt es auch die, die für Funk im Sinne eines inhaltlich möglichst ausgewogenen Portfolios wichtig sind. Die Views sind nicht der einzige Indikator.

"Was Funk so einzigartig macht: Jeder hat einen eigenen Zugang dazu"
Sophie Burkhardt, stellvertretende Geschäftsführerin Funk

Das verstehe ich. Trotzdem nochmal der Versuch der Frage: Welche Kanäle würden Sie als erfolgreichste oder wichtigste Produktionen ins Funk-Schaufenster stellen?

Sophie Burkhardt: Wenn wir auf die Zahlen der Abonnements schauen, dann sind unter den Informations- und Orientierungsformaten bei YouTube „Headlinez“ mit Rayk Anders, „Y-Kollektiv“, „Follow me.reports“, „Datteltäter“ und „Auf Klo“ vorne. In der Unterhaltung sind bei YouTube „Coldmirror“, „World Wide Wohnzimmer“, „janasdiary“, „Kliemannsland“ und „LiDiRo“ sehr stark. „LiDiRo“ ist für uns auch interessant, weil wir eine sehr junge Protagonistin haben, die mit überschaubarer Reichweite zu uns kam und jetzt mehr als 260.000 Abonnenten hat. Wenn wir uns die Erfolge bei Facebook bei den Views anschauen, dann ist da unser eigener „Funk Hub“ sehr stark, dann im Journalistischen das investigative Format „Jäger & Sammler“, auch hier die „Datteltäter“ und „Y-Kollektiv“ und dann „Auf einen Kaffee mit Moritz Neumeier“. In der Unterhaltung sind auf Facebook das „Bohemian Browser Ballett“ und „Wumms“ weit vor den anderen.

Florian Hager: Das „Y-Kollektiv“ ist sicher ein interessantes Beispiel im Informationsbereich. Sie sind mit uns gestartet und haben u.a. mit ihrer Investigativ-Recherche einen Bundeswehr-Skandal bei den KSK aufgedeckt. Und am anderen Ende des Spektrums in der Unterhaltung hat „Bohemian Browser Ballett“ echt einen Nerv getroffen auf Facebook.

Sophie Burkhardt: Ich tue mich wirklich schwer damit einerseits nur die Zahlen zu betrachten und andererseits so etwas wie die wichtigsten Formate zu definieren, weil das ja auch wieder vom Publikum abhängt. Für ein Fachpublikum stelle ich andere Kanäle heraus als wenn ich Funk jungen Schülern vorstelle. Das macht Funk ja gerade so einzigartig: Jeder hat einen eigenen Zugang dazu.

Es klingt ganz so als ob ich mit zwei recht zufriedenen Funk-Machern spreche?

Florian Hager: Schon, aber wir sind jetzt nicht so stolz und zufrieden, dass wir die Füße hochlegen würden. Das zweite Jahr wird nicht weniger Arbeit und sicher auch ein Jahr der Konsolidierung werden. Wir haben an vielen Stellen noch Einiges zu tun, aber wir blicken auf ein erstes Jahr mit 60 Formaten zurück, die mindestens einmal die Woche publizieren. Wir haben schon im ersten Jahr diverse Preise gewonnen, vom Deutschen Fernsehpreis über Grimme Preis und Grimme Online Award bis zum Webvideopreis. Gerade bei Letzterem zeigt sich, dass wir mit dem Ziel öffentlich-rechtlich die 14- bis 29-Jährigen zu erreichen, weiter gekommen sind, als uns vor einem Jahr überhaupt zugetraut wurde.