Mr. Riley, wie lebt es sich in Berlin?

Ich liebe es hier. Ich weiß nicht warum, aber es gefällt mir. Ich komme ursprünglich aus Leeds, da wollte ich aber einfach nur weg. Nach London, wie es so viele Briten im Sinn haben, zog es mich aber nicht. Berlin wurde es dann. Nicht jedoch, weil ich schon immer hier herziehen wollte, sondern lediglich aus romantischen Gründe (er ist mit der Schauspielerin Alexandra Maria Lara verheiratet, Anm. d. Redaktion). Es dauerte jedoch nicht lange, bis ich mich auch in die Stadt verliebte.  

Hat die Stadt Sie denn auch gut auf ihre Rolle in "SS GB" vorbereiten können?

Auf jeden Fall. Egal wo man in Berlin hingeht, sieht man auch den Krieg. Ich finde es wichtig und gut, dass die Deutschen ihre Vergangenheit nicht wegretuschieren wollen, sondern sie sich jeden Tag bewusst machen. Alleine das hat mir schon gut geholfen, mich psychologisch auf die Serie vorzubereiten. Ich habe mir außerdem die Doku "Das Haus nebenan" angeschaut, die von der französischen Besetzung handelt. Sie zeigt, wie sehr die Deutschen und Franzosen für diesen Krieg manipuliert und propagiert wurden, damit sie den Kampf und all die Tode nicht hinterfragen. 


Wie fühlt es sich an, eine Rolle zu spielen, mit der man sich in diese Zeit versetzen muss?

Als mein Manager anrief und meinte, dass die BBC eine Serie machen möchte, in der es um ein alternatives Nazi-London geht, war ich von der Idee sehr angetan. Wie die Faust aufs Auge passt es für mich, dass der deutsche Regisseur Philipp Kadelbach hier die Zügel in die Hand nimmt, wodurch das Projekt an wichtiger Authentizität gewinnt. Das in Verbindung mit dem Fakt, dass ich ein großer Fan des Genres Film Noir bin, hat mich nicht lange zögern lassen. Es gibt eine Buchreihe von Philipp Kerr namens "Die Berlin-Trilogie", die von einem Berlin vor dem Krieg handelt. Obwohl ich ein sehr langsamer Leser bin, muss ich sagen, dass ich durch seine Werke noch einmal mehr Interesse für dieses Thema und Projekt gewonnen habe. 

Gab es auch einen persönlichen Grund für Sie, bei der Serie mitzumachen?

Meine Generation wuchs mit dem Gedanken und dem Stolz auf, zu denken, dass wir damals den Krieg gewonnen haben. Nach und nach wurde jedoch deutlich, dass wir das ja gar nicht alleine geschafft haben. Manche Briten sind davon zwar immer noch überzeugt, dem ist aber nicht so. Die Frage, die also aufgeworfen wird, nämlich was man machen würde, wenn ein faschistischer Staat sich durchsetzt und dich vor die Wahl stellt, eine Entscheidung zu treffen, die für dich lebensabhängig ist, ist sehr spannend. Ich verkörpere einen Charakter, der sich den Nazi-Deutschen nicht komplett entgegenstellt, sich aber auch nicht öffentlich zur anderen Seite bekennt. Er muss abwägen, was moralisch richtig ist, gleichzeitig aber auch darauf achten, sein Leben nicht zu riskieren. 

London sieht in der Serie ziemlich zerstört aus. Ist das quasi die Vorschau auf die Zeit nach dem Brexit?

(Lacht) Ich hoffe nicht! Zwar wird London und auch der Rest des Landes ein ziemliches Problem haben, die großen Bombeneinschläge sind seit dem Ende der IRA aber hoffentlich vorbei. Ich habe aber tatsächlich Angst davor, dass es vermehrt zu terroristischen Anschlägen anderer Organisationen kommt. Die Quote dafür ist derzeit einfach zu hoch.

Wurden politische Begebenheiten, die es in den letzten Monaten ja zuhauf gab, für die Serie berücksichtigt?

Nein, wir haben uns bewusst auf die Vorlage von Len Deighton konzentriert. Mir ist zwar bewusst, dass "SS GB" durch die aktuellen Geschehnisse etwas mehr polarisieren wird. Hätte ich aber die Wahl, ob Donald Trump Präsident bleibt, oder die Serie floppt, hätte ich auf jeden Fall zweiteres gewählt.

Es stellt sich natürlich die Frage, wo der Unterschied zu Amazons "The Man in the High Castle" liegt…

Dieses Thema kommt in letzter Zeit wirklich oft vor (lacht). Ich verstehe, dass es einige Gemeinsamkeiten gibt, doch "SS GB" war bereits in Planung, als "The Man in the High Castle" veröffentlicht wurde. Der größte Unterschied ist wohl, dass wir sehr viel faktischer arbeiten und Sci-Fi-Elemente komplett rauslassen. Die Serie ist durch und durch authentisch. 

"SS GB" ist für Sie die erste richtige Fernsehserie. Macht es als Schauspieler überhaupt einen Unterschied, ob man nun einen Film oder eine Serie dreht?

Sobald die Kameras laufen, ist alles gleich. Jedoch ist die Menge, die man abzudrehen hat, signifkant größer. Als ich die Drehbücher gelesen habe und merkte, dass ich in beinahe jeder Szene vorkomme, wuchs mein Ego ins Unermessliche (lacht). Als Schauspieler ist es einem ja verboten zu sagen, dass der Job anstrengend ist. 

Warum?

Weil wir privilegiert sind, solch einen tollen Job machen zu können, bei dem man nicht so schlecht verdient. Fakt ist aber auch, dass du bei Produktionen wie diesen an deine Grenzen kommen kannst. Nicht nur körperlich, auch vom Kopf her. Es ist nämlich nicht so, dass die Szenen chronologisch abgedreht werden. Morgens kann man Episode drei drehen, während am Abend Episode sechs dran ist. Da auf der Höhe zu bleiben, ist nicht immer einfach. Ich bin nichtsdestotrotz sehr froh, als Hauptdarsteller so viel Zeit am Set verbracht zu haben. Als Nebendarsteller, eine Position die ich öfters mal eingenommen habe, ist man meist nur kurz am Set, geht wieder nach Hause, kommt zurück, geht wieder - das hilft nicht wirklich, um in seine Rolle zu finden. 

Haben Sie ein paar Worte zu Lars Eidinger, der den Bösewicht spielt?

Ich wusste nicht, ob ich Angst haben oder mich freuen soll, ihn zu treffen. Ich habe einiges von ihm gehört und hatte deswegen eine gewisse Ehrfurcht, weil er als einer der besten deutschen Schauspieler gilt. Und was soll ich sagen? Er hat es gerockt. 

Und wie sähe die perfekte Zukunft für Sie beide mit "SS GB" aus?

Offensichtlich würde ich gerne hören, dass es in eine zweite Staffel geht. Jedoch hoffe ich, dass sich meine Figur mit der Zeit noch weiter entwickelt und ich mich in meiner Rolle nicht festtreten muss. So wie ich mich kenne, würde mich das verrückt machen. Darauf hätte ich keine Lust. Obwohl man wohl niemals nie sagen soll.

Macht es einen Schauspieler eigentlich froh, oder doch eher traurig, dass er mit vor allem einer Rolle verbunden wird?

Es ist kein Geheimnis, dass "Control" mein großer Hit war und ich diesen bisher nicht wiederholen konnte. Doch traurig sein? Diese Rolle hat mir bis heute glaube ich 90 Prozent der Jobs eingebracht (lacht). Da bin ich alles, aber nicht traurig. Ich weiß ja auch, dass ich seitdem weiterhin gut geschauspielert habe, eben nur in Projekten, die kein übertriebener Kassenschlager wurden. 

Für manchen Regisseur sind Sie aber auch wegen einem anderen Merkmal interessant. Wie kann man sich solch eine unverkennbare Stimme aneignen, wie Sie eine haben?

Mein Rezept bestand aus rauchen und dem leisesten Verstärker der Welt bei meiner Rockband, die ich damals mit sechs anderen Musikern geführt habe. Beim Schreien habe ich mir also die Stimme kaputt gemacht. Ich schätze, die anderen Aspekte, die eine Rockband mit sich bringt, haben nicht unbedingt geholfen (lacht).

Mr. Riley, vielen Dank für das Gespräch.

Der Pay-TV-Sender RTL Crime zeigt "SS GB" ab sofort dienstags um 20:15 Uhr.

Dieses Gespräch ist erstmals im Frühjahr im Rahmen unseres "Go West"-Schwerpunkts bei DWDL.de erschienen.