Herr Schmit, Herr Göttel, Sie haben mit Super RTL die Marktführerschaft im Kindersegment zurückerobert und laut Nielsen S+P 2017 über 300 Millionen Brutto-Umsatz erzielt. Können Sie sich jetzt entspannt zurücklehnen?

Claude Schmit: Rein theoretisch ja. Nicht nur die Quoten geben Anlass zur Freude. Auch wirtschaftlich läuft es in der Tat gut. Die Nielsen-Zahlen bedeuten ein Wachstum von dreieinhalb Prozent. Das ist neuer Rekord. Unsere Umsatzrendite liegt solide in dem Bereich, in dem uns unsere Gesellschafter gerne sehen. Dennoch wäre es nicht ganz richtig zu sagen, alles ist super. Wir stellen, wie viele andere Sender auch, einen leichten Reichweiten-Verlust fest. Im vorigen Jahr war es im einstelligen Prozentbereich – nicht schön, aber im Vergleich zu den Kollegen kommen wir noch ganz gut weg. Kika, Nickelodeon und Disney Channel verlieren sogar zweistellig.

Worauf führen Sie diese Entwicklung zurück?

Schmit: Zunächst einmal gibt es schlichtweg weniger Kinder. Hinzu kommt die vermehrte Nutzung neuer digitaler Angebote. Das ist Zeit, die nicht mehr klassisch vor dem Fernseher verbracht wird. Diese Entwicklung konnten wir mit gestiegenen Marktanteilen zwar ein Stück weit kompensieren, aber die guten, alten Zeiten, in denen wir mehr als 25 Prozent bei den 3- bis 13-Jährigen erreichten, sind definitiv vorbei.

Carsten Göttel: Dass wir trotzdem gut dastehen, hat noch einen weiteren Grund. Nach 23 Jahren Sendergeschichte stellen wir eine steigende Akzeptanz bei den Eltern fest. Sie gehören inzwischen einer Generation an, die selbst mit Super RTL groß geworden ist. Es gibt keine Berührungsängste. Die Skepsis gilt inzwischen eher neuen Angeboten wie YouTube.

Schmit: TV ist nach wie vor das Leitmedium der Kinder und Super RTL ihr Lieblingssender. Trotz Konkurrenz durch den Disney Channel liegen wir gemeinsam mit unserem Timeshift-Kanal Toggo Plus bei 21,5 Prozent. Toggo Plus erreicht mittlerweile fast drei Prozent und ist an manchen Tagen nicht mehr weit von Nickelodeon entfernt.

Ist es Ihr Ziel, Nickelodeon mit Toggo Plus zu überholen?

Schmit: Unser Ziel war es schon, die Kollegen in Bedrängnis zu bringen. Dass wir ihnen so dicht auf den Fersen sind, damit habe ich nicht gerechnet.

Göttel: Ich hatte anfangs sogar die Befürchtung, die Kinder würden das Konzept von Toggo Plus nicht verstehen, aber das Gegenteil ist der Fall. Das Modell kommt den heutigen Sehgewohnheiten der jungen Zuschauer sehr entgegen. Sie strukturieren den Tagesablauf flexibler und schauen ihre Lieblingsserie einfach etwas später.

Durch Toggo Plus hat allerdings auch Ihr Hauptsender verloren.

Göttel: Natürlich, das haben wir auch erwartet. Am Ende sichert Toggo Plus aber die Reichweite für die Werbekunden.

Schmit: Und frei nach Anke Schäferkordt gilt: Wenn die Fragmentierung kommt, dann fragmentieren wir uns lieber selber. Grundsätzlich ist die Rechnung aufgegangen. Vor allem, weil wir dank Toggo Plus jetzt auch bis 22:00 Uhr Kinderprogramm anbieten können.

Sehen Sie in der Primetime von Super RTL noch Wachstumsmöglichkeiten?

Schmit: ZDFneo ist weit davon gezogen, aber wenn man so viel Geld ins Programm stecken kann, dann ist das auch völlig okay. Wir sind mit unserer Entwicklung zufrieden, insbesondere bei den 30- bis 49-jährigen Frauen, mit denen wir bei 2,3 Prozent Marktanteil liegen. Das lässt sich sicherlich nicht mehr verdoppeln, aber leichte Veränderungen nach oben sind jederzeit möglich.

Göttel: Mit unseren Crime-Formaten am Sonntag und Montag gewinnen wir Zuschauer hinzu, die allerdings nur zum Teil die Verluste kompensieren, die wir am Freitag und Samstag mit unseren Animationsfilmen verzeichnen. Durch die Konkurrenz-Programmierung im Disney Channel ist das Genre ein Stück weit ausgelaugt. Dazu kommt, dass Super RTL am Abend immer stärker als Erwachsenen-Sender wahrgenommen wird. Aus diesem Grund wollen wir testweise am Samstagabend in Kombination mit "Alf" auf "Classic Movies" setzen. Das sind für uns richtig gute Filme, darunter "Johnny English", "Der Prinz aus Zamunda", "Die nackte Kanone" oder auch "Rendezvous mit Joe Black".

"Krimi ist allerdings tendenziell weiblich – es sei denn, es ist zu brutal oder es gibt kein Happy End."
Carsten Göttel, Programmdirektor Super RTL

Am Donnerstagabend zeigen Sie neuerdings "CSI: Miami" und gleich zwei Abende füllen Sie inzwischen mit True-Crime-Formaten – beides kann ich auch bei Ihren Nitro-Kollegen sehen. Worin liegt nun eigentlich der Unterschied zwischen dem Familiensender Super RTL und dem Männersender Nitro?

Göttel: Selbstverständlich diskutieren wir innerhalb der Gruppe, auf welchen Sendern wir unsere Formate verteilen, und sind darauf bedacht, die einzelnen Marken nicht zu verwässern. Krimi ist allerdings tendenziell weiblich – es sei denn, es ist zu brutal oder es gibt kein Happy End. Daher passen "CSI: Miami" und die True-Crime-Formate auch gut zu uns. Neben "Snapped", "Murder She Solved" und "Cold Justice" werden wir daher ab 12. März, immer montags um 20:15 Uhr mit "On the Case" noch eine weitere Reihe ins Programm nehmen.

Haben Sie nicht die Sorge, die Eltern könnten es Ihnen übelnehmen, wenn Sie nach dem Kinderprogramm plötzlich Mord und Totschlag zeigen?

Göttel: Leider gibt es Eltern, die ihre Kinder solche Formate sehen lassen, aber der Anteil ist überschaubar. Studien zeigen, dass unsere erwachsenen Zuschauer am Abend mittlerweile einen anderen Anspruch an Super RTL haben. Sie möchten in der Primetime bei uns keine Kinderformate mehr sehen. Gleichzeitig machen wir den jüngeren Zuschauern ab 20:15 Uhr mit Toggo Plus ein klares Alternativangebot, das wir auch aktiv im Daytime-Programm bewerben.