Wie beurteilen Sie die aktuelle Serien-Offensive, gerade auch der deutschen Privatsender? Ist das ein Strohfeuer oder ein nachhaltiger Strategie-Schwenk?

Als Strohfeuer würde ich das nicht bezeichnen. Serien bieten im Fernsehen ja schon immer die Möglichkeit zur nachhaltigen Zuschauerbindung. Wenn ein Sender Zuschauer binden möchte, führt an Serien also gar kein Weg vorbei.

Die Sender haben das lange nicht gemacht und lieber auf US-Serien gesetzt.

Es gibt diese typischen Wellenbewegungen. Ich als Produzent komme ja aus der glorreichen Zeit, in der wir Gassenhauer wie „Doppelter Einsatz“ oder „Die Cleveren“ für RTL produziert haben. Das war eine tolle Zeit für die Macher. Von diesen Serien gab es viele und ich glaube, die Sender finden nun den Weg zurück und werden verstärkt Serien für ihre Kern-Klientel finden. Es wird bald wieder so sein, dass Schauspieler fiktionaler Serien zu echten Sendergesichtern werden – so wie das Gaby Köster damals durch „Ritas Welt“ bei RTL war.

Da braucht man aber einen sehr langen Atem.

Na klar, das benötigt viel Aufbauarbeit. Aber nur dadurch kann man Erfolg erreichen.

Sind denn solche Gassenhauer wie damals heute überhaupt noch möglich?

Heute gibt es ein anderes Konkurrenzumfeld als damals. Ein Gassenhauer wird in diesen Tagen vielleicht eher drei oder vier Millionen Zuschauer haben und nicht mehr die sechs Millionen von früher.

An wie vielen Projekten pro Jahr sind Sie eigentlich noch direkt als Produzent beteiligt?

Mein Aufgabengebiet unterteilt sich in produzentische Arbeit und Managementaufgaben in der Zwischenholding. Für die Zahlen und das Vertragswerk habe ich hier mit Andreas Knoblauch einen zentralen Partner an meiner Seite. Sicher gibt es viele weitere Managementthemen, insbesondere die Mitarbeiterführung, die mich einspannen. Aber als Geschäftsführer der Letterbox Filmproduktion und Real Film Berlin schiebe ich natürlich viel an und kümmere mich um die Finanzierung. Alle Projekte, die kofinanziert werden, laufen über meinen Tisch - das ist übrigens auch wichtig für die Risikobewertung, die ich vornehmen muss. Wenn das geklärt ist, habe ich hervorragende Produzenten, die die Projekte kreativ leiten. So fühle ich mich an einen Großteil unserer Projekte persönlich gebunden, auch wenn ich im Abspann nur dann erscheine, wenn ich wirklich produzentische Arbeit geleistet habe. Das mache ich mal bei einer Serie, mal bei einem Kinofilm oder einer Doku. Da bin ich sehr frei. Bei der deutsch-dänischen Serie mit Friedemann Fromm bin ich zum Beispiel seit der ersten Sekunde an involviert und auch hier ist Christian Friedrichs als Executive Producer mit an Bord.

Wie ist das Verhältnis in der Studio Hamburg Produktion zwischen Fiction, Doku und Unterhaltung?

Das Verhältnis orientiert sich an der Nachfrage der Branche. In den vergangenen Jahren haben wir den Kino-Bereich ausgebaut, traditionell sind wir bei Reihen und Serien sehr stark. Zudem haben wir ein sehr starkes Umfeld der non-fiktionalen Produktionen, und dort ganz besonders Factual Entertainment, Dokumentationen und das klassische Entertainment. Fiction und Non-Fiction bewegen sich unabhängig voneinander. In den verschiedenen Teilbereichen investieren wir regelmäßig. Natürlich immer in dem Wissen, dass es gewisse Wellenbewegungen gibt, und dazu gehören auch immer wieder Dellen, die wir dann möglichst gut ausgleichen wollen.

Wo gibt es denn derzeit eine Delle und wie gleichen Sie diese aus?

Wir wollen bei einer kleinen Delle nicht sofort Mitarbeiter entlassen, sondern in neue Projekte und damit in die Zukunft investieren. Weil wir an unsere Mitarbeiter glauben. So haben wir eine in sich sehr konsistente Produktionsgruppe aufbauen können. Eine wirkliche Delle gibt es aktuell nicht, aber natürlich habe ich auch andere Jahre erlebt. Es kann  passieren, dass zum Beispiel eine langjährige Reihe eingestellt wird. Wir strahlen für die Mitarbeiter sehr viel Sicherheit aus, indem wir dann andere Projekte für unsere Produzenten suchen.

Herr Lehmann, vielen Dank für das Gespräch.