Sie haben sowohl mit Frank Plasberg als auch mit Götz Alsmann viele Jahre vor der Kamera gestanden. Was muss ein Mann mitbringen, um neben Ihnen bestehen zu können?

Neben mir kann jeder bestehen, wenn er nicht versucht anders zu sein als er ist, wenn er kein dummes Zeug redet, wenn er sprachlich etwas auf dem Kasten hat. Frank ist ein toller Journalist, von dem ich viel gelernt habe und umgekehrt. Götz wiederum ist ein genialer Musiker und brillanter Entertainer. In den Anfangsjahren von "Zimmer frei" habe ich mich ständig verglichen. Ich habe gedacht, ich müsste genauso viel Rhythmusgefühl haben wie er. Bis ich begriffen habe, ich kann etwas, was Götz nicht so gut kann wie ich: mit Menschen zu reden, ihnen zuzuhören, sich für sie zu interessieren.


Wie wirkten Sie beide Ihrer Einschätzung nach auf das Publikum?

Es war bis zum Schluss so, dass viele Zuschauer dachten, Götz sei der Witzige und ich die Ernste. Das ist ein Trugschluss. Ich kann auch sehr witzig sein, sitze aber in der zweiten Reihe. Und wenn einer die gesamte erste Reihe besetzt, so wie Götzimausi das tut, dann geht die zweite Reihe oft etwas unter. Aber ich habe nicht darunter gelitten. Gelitten habe ich nur dann, wenn er das, was er "rhetorische Blutgrätsche" nannte, einsetzte und mich gnadenlos in meinen Gesprächen unterbrach. Manchmal war das gut und wichtig, weil ich mich in Gesprächen auch schon mal verliere, aber manchmal hätte ich ihn dafür würgen können. 

"Es wird schon etwas nachkommen – wenn's in fünf Jahren überhaupt noch Fernsehen gibt."
Christine Westermann über das Ende von "Zimmer frei"

Vermissen Sie "Zimmer frei"?

Manchmal, wenn ich Prominente sehe, denke ich, wir könnten bestimmt eine tolle "Zimmer frei"-Sendung mit ihnen machen. Aber Götz hat sehr schön gesagt: "Es ist besser, wie ein König zu gehen, als wie ein Köter vom Hof gejagt zu werden." Das haben wir super hingekriegt, auch wenn wir ursprünglich dachten, wir moderieren die Show auch noch mit dem Rollator. Oft begreift man erst in der Rückschau, dass etwas gut ist, so wie es ist.

Dennoch hat das Format eine Lücke im WDR-Programm hinterlassen.

Die wird der WDR sicher wieder füllen. Das haben sie bei "Klimbim" auch gesagt und dann kam "Zimmer frei". Es wird schon etwas nachkommen – wenn's in fünf Jahren überhaupt noch Fernsehen gibt. 

Hatten Sie jemals Ambitionen, beim Fernsehen oder Radio eine Aufgabe abseits des Mikrofons zu übernehmen?

Nein, mich hat es nie dazu gedrängt, programmstrategisch entscheiden zu wollen. Sicher, bei mancher Dokumentation würde ich mir einen Sendeplatz um 20:15 Uhr wünschen, und manchmal kommt es vor, dass mich mein Mann fragt: "Hast du jetzt wieder die Intendanten-Jacke an?" (lacht)

Wann fällt denn dieser Satz?

Immer dann, wenn ich mich darüber ärgere, was sprachlich über den Sender geht. Gerade in Interviews wundere ich mich oft über die Technik. Wenn man eine Frage stellt, die sich mit Ja und Nein beantworten lässt, kriegt man doch nichts aus seinem Gesprächspartner heraus!

Christine Westermann© WDR/Melanie Grande

Wie gehen Sie bei Gesprächen vor?

Natürlich kann man fragen: "Sind Sie eifersüchtig?" Ich selbst wende lieber eine andere Taktik anwenden: "Woran würde ich denn merken, dass Sie eifersüchtig sind?" Das war immer meine Masche und ich habe es manchmal übertrieben, inzwischen habe ich aber ein gutes Maß gefunden.

Würde ich ich denn merken, dass Sie bei einem "Zimmer frei"-Gast gelangweilt waren? 

Schöne Frage. (lacht) Indem ich leicht aggressiv wirkte und vielleicht sogar auf den Tisch haute. Oder wenn Götz und ich mit Kniedrücken begannen. Danach haben wir oft richtig Gummi gegeben.

Inzwischen haben Sie einen festen Platz im "Literarischen Quartett". Was würde eigentlich passieren, wenn es dort um eines Ihrer Bücher ginge?

Dann müsste ich mich warm anziehen. Volker Weidermann wäre vielleicht etwas wohlwollender, aber Thea Dorn würde es vermutlich fürchterlich finden, weil es zu viel Herz und Schmerz gibt. Es ist ein bisschen schade, dass in Deutschland bei Literatur so stark zwischen U und E unterschieden wird. Da bin ich manchmal ziemlich allein mit meinen Herzensbüchern.

Ihr Wunsch zum 70. Geburtstag?

Dass ich noch ganz lange lebe. Es ist gerade einfach schön.

Frau Westermann, vielen Dank für Ihr Gespräch.

Das WDR Fernsehen zeigt "Christine Juliane Westermann - Fast ein Selbstportrait" am Freitag um 23:30 Uhr.