Frau Karasek, Neo kündigt Ihre Talkshow "Zart am Limit" so an: Mit wachen Augen und jungem Geist beobachtet sie die moderne Großstadtwelt und diskutiert mit ihren Gästen über aktuelle gesellschaftliche, (pop)kulturelle, boulevardeske, netzaffine Themen. Dabei ist Laura Karasek entwaffnend selbstironisch und 100 Prozent authentisch.

Laura Karasek: Oh je.

Wie viel PR steckt in dieser Beschreibung und wie viel Wahrhaftigkeit?

Wie in jeder Ankündigung von beidem ein bisschen, aber in diesem Fall schon von letzterem deutlich mehr – sowohl inhaltlich als auch persönlich. Großstadt, Popkultur, Boulevard, Gesellschaft sind mir wichtig, aber Selbstironie und Authentizität schon noch ein bisschen mehr. Reell und leicht prollig – so mag ich es am liebsten.

Dazu passt auch ihre Stimme. Die hat so was feminin Raues.

Ach – schön, dass Sie das so sehen. Ich wurde noch während des Jurastudiums angesprochen, ob ich in einem französischen Film mit Gerard Dépardieu die Nutte im Knast synchronisieren will. Das sagt doch alles über meine Stimme.

Umso irritierender ist da der Titel Ihrer Sendung. "Zart am Limit" klingt nach "Marie-Claire"-Feminismus, der niemandem wehtun soll.

Das ist überinterpretiert. Ein Titel ist ein Titel ist Schall und Rauch. Gibt es überhaupt eine Sendung im deutschen Fernsehen, deren Titel so richtig knallt?

Hmmm. "Das Ding des Jahres?"

Sehen Sie! Es ist schwer, originell zu sein.

Aber stichhaltig wäre schon mal gut. Behandeln Sie zarte Themen am Limit Ihrer bisherigen Komplexe Lifestyle und Beziehungszeugs?

Darüber geht die Sendung hoffentlich hinaus, Richtung Sexismus im Alltag, was hat es mit Work-Life-Balance auf sich, ist Stadtleben oder Landleben besser, mit Kind oder ohne? Es geht also um die erste Lebensbilanz von Menschen über 30.

Aus einer selbstreflexiven Perspektive der Mittdreißigerin mitten im Leben?

Definitiv. Ich werde auch ein bisschen was aus meinem Leben erzählen. Natürlich nicht so viel, dass die Gäste aus dem Mittelpunkt rücken. Aber wer gute Geschichten anderer hören will, sollte etwas von sich selbst preisgeben. Und da sind wir schon mitten in Themen wie Selbstoptimierungswahn. Oder soziale Medien, die ich intensiv nutze, obwohl sie vor allem Katalysatoren des Hasses sind.

Haben Sie da den Ansatz, mit Ihrer Sendung etwas daran ändern zu wollen?

Zu wollen vielleicht, zu können wäre vermessen. Aber jeder, der was mit Kultur und Medien macht, hat doch den Traum, damit die Welt zu beeinflussen und Menschen zum Nachdenken zu bringen. Sonst kann man’s doch gleich lassen. Und Resignation ist nicht so mein Ding.

Besteht darüber hinaus der Traum, dem ausgelaugten Genre der Talkshow neue Impulse zu geben?

Auch die Hoffnung habe ich. Während deutsche Talkshows oft gravitätisch verstaubt wirken, schaffen es amerikanische, weltbewegende Themen federleicht mit Weltstars zu verhandeln. Deren aufgehobene Trennung von U und E, Intellektualität und Entertainment würde ich gern aufgreifen, ohne dass man dafür alles von Jonathan Franzen gelesen haben muss. Ich will Menschen Denkanstöße geben. Solche, die ich mir selber von den Medien erhoffe und gern schnappe: aus Zeitungsartikeln, Büchern, aus dem Fernsehen...

Ist der Sendeplatz als Sommerersatz von Jan Böhmermanns Neo Magazin Royale da eher Chance oder Ballast?

Vergleiche sind oft die Wurzel allen Übels. Ich finde Jan sehr stark. Ebenso Klaas Heufer-Umlauf. Aber ich versuche, mich nicht dauernd an anderen zu messen. Sowas blockiert und hemmt bloß! Sonst könnte ja nach Ellen de Generes oder Jimmy Kimmel niemand mehr was machen… Andererseits ist die Prominenz des Sendeplatzes schon geil – das empfinde ich als Kompliment. Besser als Mittwoch-Vormittags… Ich nehme mir oft vor, nicht nach links oder rechts zu gucken, sondern geradeaus. Ob einem das immer gelingt: wer weiß. Wenn nicht alles Neue permanent mit dem Bestand verglichen würde, gäbe es bestimmt mehr Mut zur Unangepasstheit.