Herr Lamby, Sie haben Eco Media 1997 gegründet und seither nicht nur etliche Dokumentationen produziert, sondern auch die Doku-Branche insgesamt geprägt. Nun geben Sie die Geschäftsführung ab, wieso?

Stephan Lamby: Der Grund ist erfreulich. Die Firma hat sich in den letzten Jahren sehr gut entwickelt, wir sind nicht nur wirtschaftlich, sondern auch journalistisch gewachsen. Gleichzeitig werde ich bei meiner eigenen journalistischen Arbeit als Autor und Produzent immer stärker gefordert. Deshalb verändern wir die Geschäftsführung. Thomas Schuhbauer übernimmt zum 1. Januar 2020 den Vorsitz, Jan Holtz wird kaufmännischer Geschäftsführer. Meine Mitgesellschafter Michael Lehmann und Andreas Knoblauch der Studio Hamburg Production Group und ich sind sehr zuversichtlich, dass sich Eco Media so weiter gut entwickeln kann. 

Unternehmensrechtlich bleibt aber alles wie gehabt? Eco Media gehört zu 50 Prozent Ihnen und zu 50 Prozent Studio Hamburg Production Group?

Lamby: Ja, dabei wird es bleiben. Ich werde auch nicht aus dem Unternehmen ausscheiden. Ich will mich stärker auf meine journalistische Arbeit konzentrieren. 



Sie haben also keine Zeit mehr für die Geschäftsführung?

Lamby: Sehen Sie, wir stellen im kommenden Jahr 40 bis 50 aufwendige Produktionen her, darüber hinaus betreiben wir mit dbate eine Videoplattform. Das ist eine Menge. Und wenn ich als Autor eigene Filme mache wie derzeit über die Große Koalition, dann fordert mich das doppelt. Die Firma mit diesem Produktionsvolumen kann man aber nicht mit halber Kraft führen, sie erfordert volle Kraft, volle Aufmerksamkeit. Das können Thomas Schuhbauer und Jan Holtz künftig leisten. Und ich kann wieder mehr journalistisch arbeiten. Außerdem habe ich gehört, dass es auch ein Leben außerhalb des Fernsehens geben soll (lacht). 

Sie haben dann künftig also weniger Zeit für eigene Produktionen, Herr Schuhbauer?

Thomas Schuhbauer: Im Gegensatz zu Stephan Lamby habe ich ja selten Filme als Autor gemacht. Schon immer mal hin und wieder, konzentriert habe ich mich aber vor allem darauf, als Produzent Filme anzustoßen und Projekte zu betreuen. Deshalb habe ich Kapazitäten, um das jetzt in einer größeren Schlagzahl fortzuführen. Für das nächste Jahr gibt es viele Projekte, die wir angeschoben haben. Ich habe aber das Glück, dass ich mir mit Jan Holtz die Arbeit künftig teilen kann. Das, was Stephan Lamby vorher als Geschäftsführer alleine gemacht hat, ruht also bald auf den Schultern von zwei Menschen. 

"Sie werden bei uns keine Ballermann-6-Filmchen für Privatsender finden."
Stephan Lamby

Sie sind schon seit 2009 im Unternehmen. Wird sich unter Ihrer Führung künftig etwas grundlegend verändern?

Schuhbauer: Nein, es wird keine großen Veränderungen geben. Es wäre ja auch überraschend, wenn ich nach zehn Jahren plötzlich etwas völlig anderes machen wollte als vorher. Es wird natürlich eine Veränderung geben. Stephan Lamby bleibt uns zwar als Autor und Produzent erhalten, aber wir werden die Mannschaft mit ihren Fähigkeiten künftig stärker so einsetzen, dass sie auch selbst Projekte akquirieren und betreuen kann. Ich bin Historiker, das ist meine große Leidenschaft. Von daher haben wir jetzt schon einen großen Schwerpunkt im Bereich Geschichte. Ich habe aber auch immer in anderen Bereichen wie Gesellschaft, Politik, Wirtschaft und Kultur Filme produziert, die hochwertig sind und für die es einen Markt gibt. Diesen Markt werden wir auch weiterhin gut bedienen. Wir sind ein Haus, das journalistisch denkt. Das war so und das wird auch so bleiben. 

Lamby: Ich arbeite gerade an einer 60-minütigen Dokumentation über die Große Koalition, für die ich die Regierung und ihre Kritiker seit März 2018 aus der Nähe beobachte. Die ARD zeigt "Die Notregierung" Anfang Dezember kurz vor dem wichtigen SPD-Parteitag, um 20:15 Uhr. Diese Art des Filmemachens ist, nun ja, intensiv. "Die Notregierung" ist auch ein Beispiel dafür, wie wir seit einigen Jahren arbeiten. Das wird die neue Führung sicherlich ausbauen. Wir haben Eco Media seit langem als eine Produktionsfirma vor allem für hochwertige Dokumentationen und Reportagen positioniert. Sie werden bei uns keine Ballermann-6-Filmchen für Privatsender finden. 

Eco Media gibt es seit 1997. Wie hat sich die Doku-Branche seitdem verändert?

Lamby: Leider hat sie sich relativ wenig verändert. Angesichts der gesellschaftlichen und technologischen Umwälzungen sind wir eine behäbige Branche. Auch Google wurde ja 1997 gegründet. Ich habe nicht den Eindruck, dass wir als Doku-Branche die Möglichkeiten, die das Internet bietet, wirklich annehmen, geschweige denn gestalten. Wir haben als Firma immer mal wieder Versuche unternommen, andere Erzählformen zu entwickeln, vor allem mit unserer Videoplattform dbate. Seit dem Frühsommer haben wir etwa mit Bloggern in Hongkong zusammen an einem Videotagebuch gearbeitet, teilweise via Skype, darin geht es um sehr persönliche Erlebnisse beim Aufstand in Hongkong. Dieses Videotagebuch haben wir gerade auf dbate veröffentlicht, und die Deutsche Welle zeigt es in vielen Ländern der Welt, auch in Hongkong. Das sind Möglichkeiten, die man als unabhängige Produktionsfirma hat und die es in den Anfangsjahren von Eco  Media nicht gab. Fernsehsender tun sich auf diesem Gebiet immer noch schwer, weil sie sich oft an ihre starren Programmschemata klammern. Dabei bieten ihre Mediatheken tolle Spielflächen. Ich bin überzeugt, dass wir mit unserer Doppelstrategie aus hochwertigen Dokumentationen und neuartigen Erzählformen gut aufgestellt sind. 

Eco Media hat sich also schon verändert, anders als die Branche allgemein? 

Lamby: Jedenfalls hat sich Eco Media insbesondere in den letzten fünf, sechs Jahren geöffnet und verändert. 

Auf Seite zwei lesen Sie unter anderem, wieso die Doku-Branche aus Sicht von Stephan Lamby behäbig ist und warum Streamingdienste eher ins Beuteschema der Produktionsfirma fallen als Privatsender.