Herr Trautmann, als wir vor zwei Jahren miteinander gesprochen haben, sagten Sie, Kameraleute in Deutschland werden unterbezahlt. Hat sich an dieser Situation inzwischen etwas geändert?

Frank Trautmann: Es hat sich etwas im Selbstverständnis und Selbstbewusstsein der Kameraleute verändert. Das hat vielleicht auch damit zu tun, dass viele Kameraleute erst durch unsere Expertise wissen, was ihre Arbeit wert ist und was sie eigentlich verlangen können. Dennoch ist es so, dass nach wie vor nicht angemessen gezahlt wird.

Viele in der Branche sprechen vom sogenannten "War for Talent" und darüber, dass es immer schwieriger werde, gute Leute für bestimmte Positionen zu bekommen, weil inzwischen so viel produziert wird. Ist das bei den Kameraleuten nicht so?

Nein, das ist bei den Fernsehkameraleuten nicht so. Natürlich sind wir alle immer konfrontiert mit dem Schlagwort "Fachkräftemangel". Aber es gibt wirklich genügend gute Kameraleute, und der BVFK bemüht sich sehr um die Ausbildung der Fernsehkameraleute, so dass es auch in der Zukunft in dieser Hinsicht keine Probleme gibt.

Sie kämpfen schon seit Jahren für höhere Honorare. Auch beim BVFK gab es zuletzt ja einige Änderungen, die darauf abzielen.

Genau. Seit 18 Monaten sind wir tariffähig. Das heißt nichts anderes, als dass wir kollektiv verhandeln können. Das beinhaltet auch die Verhandlungen für Selbstständige. Vorher konnten wir nur Honorarberechnungen durchführen oder entsprechende Standards herausgegeben. Im Grunde genommen haben wir die Kameraleute nur beraten. Jetzt können wir auch für sie verhandeln.

Haben Sie schon Tarifverhandlungen geführt?

Wir stehen ganz konkret davor und werden noch im Dezember Tarif-Gespräche mit zwei Firmen haben. Außerdem werden wir uns in die Tarifverhandlungen für den TVFFS, den Tarifvertrag für die auf Produktionsdauer Beschäftigten bei Film und Fernsehen, einmischen. Die Strategie ist also zum einen Tarifverträge mit einzelnen technischen Dienstleistern und Produktionsunternehmen abzuschließen, zum anderen in der Tarifkommission mit der Mediengewerkschaft VRFF aktiv mitzuarbeiten, mit der wir im Februar dieses Jahres einen Kooperationsvertrag geschlossen haben. Bei dem genannten Tarifvertrag ist es für uns als BVFK vor allem wichtig, die Fernsehwirklichkeiten besser abzubilden, als das bislang der Fall war. Bisher war der Tarifvertrag eher einer, der für die Filmgewerke verhandelt wurde. Das ist nicht vorwurfsvollgemeint, das ist einfach so. Ziel des BVFK ist es, einen Tarifvertrag für die auf Produktionsdauer Beschäftigten unter der Definition unseres Berufsbildes abzuschließen.

Wie wollen Sie die Gegenseite in den Verhandlungen überzeugen?

In den Verhandlungen haben wir mehrere Möglichkeiten, um zu argumentieren. Das erste ist eine Argumentation hinsichtlich der Kosten. Diese Kosten sind in den vergangenen 20 bis 30 Jahren gestiegen und die Honorare sind nicht hinreichend angepasst worden. Dann gibt es noch das tarifliche Argument: Es gibt gültige Tarifverträge, die für Leute abgeschlossen sind, die in Festanstellung oder auf Produktionsdauer arbeiten und die einen konsensfähigen Mindestlohn definieren. Man kann sich genau anschauen, welche Kosten ein vergleichbar selbstständig Tätiger übernehmen muss, die in einem Beschäftigungsverhältnis der Arbeitgeber trägt. Diese Kosten sind fair und unabhängig ermittelt, und sie werden differenziert nach der besonderen Tätigkeit betrachtet. Im Allgemeinen handelt es sich um Versicherungskosten, Urlaubsausgleich, Ausgleich für die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und Weiterbildung. Wir können definitiv einen "Selbstständigen-Faktor" von wenigstens 1,4 valide begründen. Wir sind dann schon in einem Bereich, der annähernd unseren Honorarstandards entspricht und den wir dann auch als angemessen bezeichnen würden.  

Sie haben vor zwei Jahren auch kritisiert, dass Auftraggeber und Kameraleute nicht auf Augenhöhe verhandeln würden. Ist das inzwischen anders?

Nein, das findet nach wie vor nicht auf Augenhöhe statt. Die Konkurrenzsituation, der viele der Kolleginnen und Kollegen ausgesetzt sind lässt das derzeit immer noch nicht zu.

Warum ist das so?

Das Problem bleibt bestehen. Es ist nach wie vor so, dass Honorare vorgegeben werden. Wir haben uns lange dagegen gesträubt, ein Mindesthonorar zu nennen, weil wir dachten ein Minimum würde leicht als Standard missverstanden werden. Inzwischen haben wir festgestellt: Dieses Mindesthonorar ist oft noch mehr als das, was viele Kameraleute tatsächlich bekommen. Das bedeutet, dass viele Selbstständige ungewollt und unbewusst mit ihrer Preisgestaltung weit unter dem vergleichbaren, verhandelten und gültigen Tarif tätig sind. Ein Tariflohn ist das Mindesthonorar. Durch die Erlangung der Tariffähigkeit kann der BVFK jetzt kollektiv verhandeln und entsprechende Vereinbarungen abschließen. Natürlich werden wir das nicht von jetzt auf gleich schlagartig ändern können. Aber wir haben eine breite Argumentationskette, die wir vorbringen können. Diese sind allgemeine Kostensteigerung, Angleichung an Tarifverträge, Alterssicherung und die Vergütung von Nutzungsrechten, um nur einige zu nennen.

Wie hat sich das Ansehen der Kameraleute in den vergangenen Jahren verändert?

Das könnte besser sein. Wir sollten wir bei uns selbst anfangen und selbstbewusst auftreten. Wir Kameraleute sind Bildgestalter und lösen damit auch die Aufgaben der Bildsprache. Wir sind kreativ und wollen uns aktiv und konstruktiv einmischen. Genau das wird nachgefragt. "Dienst nach Vorschrift" sollten wir nicht machen. Wir sind Fachkräfte und müssen uns auch als solche präsentieren. Das hilft im Besonderen bei den Verhandlungen für ein angemessenes Honorar, was wir für die selbstständig Tätigen fordern.

Herr Trautmann, vielen Dank für das Gespräch!