Wer alt genug ist, um mit den zischenden, knackenden, piependen Einwahlgeräuschen von 56k-Modems nostalgische Erinnerungen an frühe Internetzeiten zu verbinden, darf sich zur Kernzielgruppe dieser Romantic-Comedy-Serie zählen. Freilich funktioniert sie auch für jüngere Zuschauerinnen und Zuschauer, die eine wohlige Mischung aus Herz und Humor suchen. Ganz neuzeitlich beginnt der Achtteiler mit einem Date, das per App zustande gekommen ist. Wir hören die innere Stimme der Frau, die sich freut, dass das Gesicht des Mannes immerhin mit seinem Profilfoto übereinstimmt, dann jedoch feststellt, dass es wohl nix wird, weil er viel zu ausgiebig von "Terminator" schwärmt. Gut, dass der verabredete "Notfall"-Anruf einer Freundin gerade noch rechtzeitig kommt. Der Zurückgelassene ist Mittdreißiger Daniel (Angelo Spagnoletti), männliche Hauptfigur der Serie. Auch er hätte wenige Minuten später einen eigenen "Notfall"-Anruf von seinen zwei besten Freunden erhalten.

Als Daniel am nächsten Tag seinen Eltern auf der Insel Procida vor Neapel, wo er aufgewachsen ist, beim Umzug hilft, findet er sein altes Tagebuch und muss an früher denken – an 1998, als er zwölf war: Der junge Daniel (Alfredo Cerrone) und seine Schulfreunde haben damals einen Pornofilm auf VHS aufgetrieben, den sie kopieren und gegen Geld verleihen wollen, um sich eine PlayStation leisten zu können. Das Vorhaben geht schief, als sie den Porno versehentlich mit einer Zeichentrick-VHS von Daniels kleiner Schwester vertauschen. Die neugierige Mitschülerin Matilda (Azzurra Iacone) entdeckt die Panne als Erste.

Von nun an springt "Generation 56k" munter zwischen den beiden Zeitebenen hin und her. In der Gegenwart ist Daniel erneut zum Date verabredet und trifft die Frau, die ihn sofort zu erkennen scheint, vor einer Bar. Dieser Abend verläuft großartig mit Cocktail-Tasting, Karaoke – und selbst Daniels "Terminator"-Theorien kommen diesmal an. Allerdings ist die Frau, mit der er verabredet war, gar nicht erschienen. Ohne dass Daniel es ahnt, hat er die erwachsene Matilda (Cristina Cappelli) getroffen, die zu Schulzeiten heimlich in ihn verknallt war, während er nur Augen für ihre beste Freundin hatte. Im Hier und Jetzt ist er von der vermeintlich Fremden fasziniert und will sie wiedersehen. Auch ihr Gefühlsleben gerät durcheinander, obwohl sie kurz vor der Hochzeit mit ihrem Verlobten steht.

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Klassisches RomCom-Material also, was den Plot betrifft – und doch erfrischend anders in der geschickten Verknüpfung von Früher und Heute, von Jugend und Erwachsensein, von jener Zeit, in der die langsame und lautstarke Einwahl ins World Wide Web ein Abenteuer versprach, mit der Gegenwart, die digitale Rund-um-die-Uhr-Verfügbarkeit selbstverständlich gemacht hat. Creator und Regisseur Francesco Capaldo ("Lost in Google") und Headautor Davide Orsini ("La Porta Rossa") laden ihre Serie mit manchem Schmunzler, aber auch mit nostalgischer Nachdenklichkeit über die Beschleunigung und Unverbindlichkeit auf, die der "Generation 56k" vor zwei Jahrzehnten noch weitgehend fremd war. Dass Daniel und seine besten Freunde von einst heute als Softwareentwickler arbeiten, ist eine cleverere Setzung, mit der die Serienmacher zeigen: Selbst wenn das digitale Know-how ungleich gewachsen sein mag, so sind die Irrungen und Wirrungen der Liebe genauso wenig steuerbar wie damals. Ohne an komödiantischer Leichtigkeit einzubüßen, sorgt die zusätzliche Facette des Generationenporträts für eine spannende Tiefe.

Während das generelle Identifikationspotenzial also ganz Netflix-like international aufgeht, erzählen Capaldo und Orsini ihre Geschichte so, dass sie nirgendwo besser spielen könnte als in Neapel und auf Procida. Die dicht besiedelte Insel mit ihren engen Gassen und pastellbunten Häusern – Schauplatz der Jugendszenen – ist das Sinnbild italienischer Wärme und Geborgenheit, in der jeder jeden kennt. Bemerkenswert ist das eher ungewohnte Bild von Neapel, das die Serie vermittelt: nicht düsterer Hort des Verbrechens wie in "Gomorrha" & Co., sondern jung-dynamisch-zukunftsorientierte Metropole mit genügend Großstadtdschungel, in dem die Erwachsenen sich gern mal verirren.

"Generation 56k", bei Netflix