Obwohl David Zaslav nachgesagt wird, dass er die nächste potenzielle Großfusion stets im Hinterkopf hat, steht im Reich von Warner Bros. Discovery (WBD) momentan zumindest offiziell keine Transaktion bevor. Dennoch will der gewiefte Konzernchef offenbar auf Nummer sicher gehen und ließ daher einen seiner Mitarbeiter im Umfeld von US-Präsident Donald Trump nachhorchen, was WBD denn theoretisch tun könne, um künftig vorteilhaft mit dem Weißen Haus zu interagieren.

Die übermittelte Antwort enthielt einen beispielhaften Verweis auf Jeff Bezos und Amazon, die Melania Trump 40 Millionen Dollar für ihre Mitwirkung an einer Melania-Trump-Doku gezahlt hatten. Donald Trump Jr., hieß es, hätte vielleicht Interesse an einer Jäger- und Angler-Sendung beim Discovery Channel. Und CNN könnte mehr Pro-Trump-Stimmen auf Sendung nehmen. Dass der Austausch öffentlich wurde, ist Star-Journalist Michael Wolff zu verdanken, der Zaslav unlängst fürs "New York Magazine" porträtierte und die Zitate 'on the record' bestätigt bekam.

Zumindest eine Idee von der grobe Linie, entlang derer kommende M&A-Deals stattfinden könnten, hat Zaslav indes schon entwickelt. Und die läuft darauf hinaus, dass die klassischen Kabelsender des Konzerns wie CNN, TNT, TLC, HGTV oder Discovery Channel zwar noch ansehnliche Profite abwerfen, aber bei Reichweite und Umsätzen so implodieren, dass sie die Bewertung der Studio- und Streaming-Sparte zunehmend mit in den Keller ziehen. Nach genau dieser Logik spaltet Comcast die Kabelsender seiner Tochter NBC Universal in eine eigenständige "SpinCo" ab, was etliche Beobachter zur Analogie einer "Bad Bank" oder gleich zum Synonym "ShitCo" greifen ließ.

David Zaslav © WBD Mehr Flexibilität: David Zaslav strukturiert den Konzern um
WBD geht bei seiner im Dezember verkündeten Umstrukturierung, die bis zur Jahresmitte abgeschlossen sein soll, nicht ganz so weit. Keine Abspaltung, aber immerhin eine organisatorische Teilung in zwei "operative Sparten" ist der Plan: "Streaming & Studios" auf der einen, "Global Linear Networks" auf der anderen Seite. So wolle man die "strategische Flexibilität" erhöhen und "potenzielle Opportunitäten" schaffen. Das bleibt so vage, dass die Analysten von MoffettNathanson zurecht feststellten, die Ankündigung ändere "nichts am Kern des Geschäfts von WBD". Das Unternehmen werde sich weiterhin auf den Cashflow der Kabelsender stützen, um den Schuldenabbau und die weiteren Investitionen ins Streaming zu finanzieren.

Wenn es Zaslav und seinem deutschen Finanzvorstand Gunnar Wiedenfels freilich darum ging, Investorenfantasien zu beflügeln, so ist ihnen das durchaus gelungen. Gerade angesichts der zeitlichen Abfolge – erst Comcasts "SpinCo", dann Warners "Global Linear Networks" – halten sich Marktspekulationen, nach denen beide mittelfristig unter Regie eines Finanzinvestors zur großen TV-Resterampe vereint werden könnten. Die betriebswirtschaftliche Logik wäre dann, dass die bisherigen Eigner sich ganz oder teilweise zurückziehen, während das aussterbende Geschäft mit den linearen Sendern nach Private-Equity-Manier ausgeschlachtet würde. Die Verkaufserlöse könnten ins Studiogeschäft und ins internationale Wachstum der Streaming-Aktivitäten – bei WBD also vor allem Max – gesteckt werden.

The Pitt © Warner Bros. Discovery Langlebiger: "The Pitt" soll Abonnenten bei der Stange halten
Offiziell weist Zaslav ein solches Szenario von sich. Er betont lieber, wie zügig Max auch so schon wachse und "jedes Quartal mehr Profit" mache. Mit 117 Millionen Abonnenten, die Max bisher in weniger als halb so vielen Märkten erreicht wie Netflix seine 300 Millionen, weist die Plattform eine Wachstumrate auf, die bei linearer Fortschreibung – rein theoretisch – Netflix in den nächsten Jahren einholen würde. Allerdings wurde die strategische Zielsetzung für Max nach dem Hin und Her der jüngeren Vergangenheit mal wieder öffentlichkeitswirksam korrigiert. "Noch vor zwei Jahren war die Idee, dass wir für jeden etwas im Angebot haben wollten", gab Max- und HBO-Chef Casey Bloys Anfang Mai im Hollywood-Podcast "The Town" zu Protokoll. "Jeder wollte das nächste Netflix sein und das zu erreichen, ist unglaublich teuer. Wir haben akzeptiert und verstanden, dass die Mehrheit unserer Abonnenten immer Netflix und Amazon haben wird. Wenn also jemand seinen Medienkonsum zusammenstellt, kommt es darauf an, was man dem hinzuzufügen hat. Die Leute wollen von uns die aktuellen Warner-Bros.-Filme, die Library, die HBO-Inhalte und ein paar zusätzliche Formate."

Mit der Effizienz-Strategie fürs Streaming-Geschäft geht einher, dass auch ein anderer Typus von Serien gefragt ist – nachhaltiger und langlebiger. Als Paradebeispiel für diesen Trend gilt vielen die Max-Serie "The Pitt" von und mit "ER"-Star Noah Wyle, die wie ein modernes Reboot des Medical-Drama-Klassikers anmutet, aber tunlichst nicht so bezeichnet werden soll, weil die Erben von Michael Crichton ohnehin schon eine Urheberrechtsklage gegen Warner angestrengt haben. Mit 15 Episoden, die zwischen Januar und April im Wochenrhythmus veröffentlicht wurden, einer zweiten Staffel für Anfang 2026 und einem für US-Verhältnisse eher knappen Budget von vier Millionen Dollar pro Folge erinnert "The Pitt" eher an ältere TV- als neuere Streaming-Gewohnheiten.

"Es geht mehr um Engagement und darum, die Leute bei der Stange zu halten", zitierte der US-Branchendienst "The Ankler" einen anonymen Studio-Insider zur neuen Priorisierung der guten alten Procedurals. Außerdem könne das Studio bei anhaltendem Erfolg eine ansehnliche Library aufbauen, die in nachgelagerten Auswertungsfenstern erneut lizenzierbar sei. Das alles muss nicht zulasten der Qualität gehen: "The Pitt" wird bereits heiß für die diesjährigen Emmys gehandelt.

Auch im Aufsichtsrat dürfte sich für Zaslav bald einiges ändern. Sein langjähriger Chairman und Gesellschafter seit Discovery-Zeiten, John Malone, kündigte Mitte April seinen Rückzug aus dem Gremium an. Mit 84 Jahren möchte Malone sich offenbar etwas mehr Ruhe gönnen, nicht ohne zu bekräftigen, dass er WBD und Zaslav auf dem richtigen Weg sehe. Doch der Zeitpunkt des Abschieds sorgte für Spekulationen: Glaubt Malone etwa nicht mehr daran, dass WBD dauerhaft als eigenständiges Konstrukt überleben kann? Mehrere US-Medienanalysten interpretierten seinen Schritt dahin gehend, dass der Milliardär bei einem möglichen Ausschlachten von Assets oder gar bei einer unwürdigen Auseinandersetzung mit der Trump-Administration nicht mehr in der ersten Reihe stehen mag. Am Ende seines Porträts kommt Michael Wolff zu dem Schluss, Zaslav scheine "gelinde gesagt kein Mann für eine Konfrontation mit diesem Präsidenten zu sein".

US-Studios im Umbruch – bisher erschienen