Am 21. Mai 1965 ist das ARD-Politikmagazin "Monitor" erstmals ausgestrahlt worden. Und auch wenn Sendungen dieser Art in den zurückliegenden zehn Jahren in den Führungsetagen einiger TV-Sender merklich an Unterstützung verloren haben, weil sich die Inhalte nicht so gut online in den Mediatheken verwerten lassen, lässt sich festhalten: Über ein Ende der ARD-Magazine wird nicht ernsthaft nachgedacht. Auch eine Bündelung der verschiedenen Sendungen unter einem Dach scheint vom Tisch.
Als sich im vergangenen Jahr die Politikmagazine von fünf ARD-Anstalten zusammentaten und einen gemeinsamen Instagram-Channel starteten, blieb "Monitor" außen vor. Der Grund war schnell ausgemacht: "Monitor" betrieb schon damals erfolgreicher als alle anderen einen eigenen Kanal und sah in dem Zusammenschluss keine Notwendigkeit. Das hat man auch Redaktionsleiter und Moderator Georg Restle zu verdanken, der im Jahr 2024 mal kurz im Rennen um die WDR-Intendanz war. Sonst hat er die Sendung in den zurückliegenden 13 Jahren, so lange ist er schon durchgängig mit dabei, sehr klar im Bereich des investigativen Journalismus positioniert und sich dabei mit meinungsstarken Äußerungen, von denen sich Konservative und politisch rechts Stehende regelmäßig provoziert fühlen, auch ein Stück weit selbst zur Marke gemacht.
Zum Jubiläum stehen jetzt größere Veränderungen an. Und damit ist nicht die Tatsache gemeint, dass der bei TV-Formaten selten anzutreffende 60. Geburtstag am Donnerstag auch in der neuesten Ausgabe von "Monitor" Thema sein wird. Einen Tag später feiert das Team im Kölner Funkhaus. "Wir haben jetzt unseren gesamten Produktionsprozess auf ‘Digital First’ umgestellt. Das heißt, wir legen noch stärker als bisher Wert auf neue Sehgewohnheiten, die sich durch YouTube & Co. sehr verändert haben", erklärt Georg Restle gegenüber DWDL.de.
"Wir haben jetzt unseren gesamten Produktionsprozess auf ‘Digital First’ umgestellt."
Georg Restle, Redaktionsleiter und Moderator von "Monitor"
Geplant sind neue Erzählformen, ein neuer Look und neue Grafiken. Darüber hinaus will man Geschichten künftig ausführlicher erzählen als bislang. "Das eröffnet völlig neue Chancen für einen Journalismus der Marke ‘Monitor’", sagt Restle. In der linearen Sendung will man künftig versuchen, die verschiedenen Themen besser miteinander zu verbinden. "Und statt drei bis vier Geschichten hintereinander zu erzählen, wollen wir hier künftig eine gemeinsame Erzählung versuchen", sagt Restle. "Weg von einer klassischen Magazin-Moderation, die Filme nur an- oder abmoderiert."
Das heißt konkret: Die Sendung soll künftig nicht mehr nur aus An- und Abmoderationen sowie den dazwischen stattfindenden Beiträgen bestehen. Zusätzlich dazu gibt es weitere Elemente, etwa Grafiken, kleine Einspielfilme, Zitate oder O-Töne - damit will man dann die Filmbeiträge ergänzen und miteinander verbinden.
Schon in den vergangenen 13 Jahren unter Restle hat man "Monitor" konsequent für digitale Ausspielwege ausgerichtet. Zuerst gab es eine Seite bei Facebook, später folgten Kanäle bei YouTube und Instagram. Seit wenigen Wochen ist man bei TikTok vertreten - hier allerdings noch mit recht überschaubaren Reichweiten. Man erreiche über diese Drittplattformen auch diejenigen, "die sich nicht mehr am Donnerstagabend vor den Fernsehgeräten versammeln", so Restle.
Aktuell zwei "Monitor"-Dokus pro Jahr
Dass "Monitor" bei Instagram nicht mit den anderen ARD-Anstalten kooperiert, kann man als selbstbewusstes Zeichen des WDR werten, wo die Sendung angedockt ist - oder als eigensinnig, weil man darauf verzichtet, den gemeinsamen Account zu stärken. "Monitor" erreicht in jedem Fall auch aus eigener Kraft junge Menschen in den sozialen Netzwerken. Hier haben sich Restle und sein Team seit dem 50. Geburtstag vor zehn Jahren merklich weiterentwickelt. "Sorge macht mir, dass die Sendung alt ist", erklärte die damalige WDR-Chefredakteurin und frühere "Monitor"-Moderatorin Sonia Mikich 2015 (DWDL.de berichtete). Heute trifft diese Sorge wohl nur noch bedingt zu.
Neben den Social-Media-Auftritten hat "Monitor" mit "StudioM" ein Gesprächsformat bei YouTube, das auch als Podcast funktioniert. Und dann produziert man inzwischen ja auch jährlich zwei Dokumentationen - das war vor wenigen Jahren eine Reaktion auf den Plan der Intendantinnen und Intendanten der ARD, die Mediathek zu stärken. Bei "Monitor" beschäftigte man sich zuletzt mit der gestiegenen Angst von Menschen, Opfer eines Verbrechens zu werden - und wie die Politik das ausnutzt. 2024 drehten sich die "Monitor"-Dokus um die AfD und das Thema Reichtum.
An der Schlagzahl der Dokus wird sich vorerst wohl nichts ändern. Georg Restle sagt gegenüber DWDL.de, das hänge von den Kapazitäten ab. "Wir arbeiten heute mit der gleichen Zahl an Redakteuren und Redakteurinnen wie vor fünfzehn Jahren – obwohl wir deutlich mehr Plattformen bespielen." Generell würden die journalistischen Inhalte, die man im Magazin präsentiere, erfolgreicher denn je sein. Linear schauen regelmäßig zwischen zweieinhalb bis drei Millionen Menschen zu, hinzu kommen die digitalen Abrufzahlen. "Wir erreichen insgesamt heute deutlich mehr Menschen als vor zehn Jahren. Das verwundert mich auch nicht: Menschen suchen angesichts der großen politischen Umwälzungen ganz besonders nach Orientierung und Einordnung."
Mehr Sichtbarkeit in der ARD-Mediathek
Diese Orientierung könnten aktuelle Sendungen jedoch nur begrenzt leisten und Dokumentationen hätten meist einen sehr langen Vorlauf. Restle ist daher überzeugt davon, dass es Magazinformate wie "Monitor" künftig weiterhin geben muss. Der Journalist: "Genau deshalb braucht es uns auch in Zukunft. Weil wir beides können: Auf Aktualität reagieren und Vertiefung bieten." Restle betont die Wichtigkeit der linearen Sendung, sagt aber auch, dass man sich Wachstum vor allem auf den Drittplattformen erhoffe, wo man schon heute ein "Millionenpublikum" habe. Ein Ziel für die Zukunft aber ist eine bessere Sichtbarkeit - unter anderen in der ARD-Mediathek. Das wünsche man sich, so Restle. "Hier sind wir – jenseits unserer Dokumentationen – bisher nur über die Suchfunktion aufzufinden."
Es scheint, als müsste man dazu ARD-intern noch einmal in Klausur gehen. Auf die größten Herausforderungen für die kommenden zwei Jahre angesprochen, wird Georg Restle dann aber grundsätzlich. Diese seien "riesig", sagt er und nennt Beispiele. "Wie schaffen wir es angesichts massiver Desinformationskampagnen auf allen Plattformen, den Leuten klarzumachen, dass es einen Unterschied macht, dass Journalisten und Journalistinnen professionell versuchen, eine Welt im Umbruch zu erklären? Wie schaffen wir es, verloren gegangenes Vertrauen zurückzugewinnen? Und vor allem: Wie schaffen wir es, den immensen Gefahren, die unserer Demokratie insbesondere vom rechten Rand drohen, auch journalistisch zu begegnen?"
Hier sei man als Journalisten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks besonders gefordert, sagt Restle, der keinen Zweifel daran lässt: "Monitor" soll auch noch den 70. Geburtstag erleben. Dazu sollen die Veränderungen beitragen, die man jetzt umsetzt.