Bertelsmann sorgt für Aufsehen (3)
Gut anderthalb Jahre vor dem Start des Kabelprojekts in Ludwigshafen, welches die Geburtststunde des deutschen Privatfernsehens darstellt, wurde am 15. Juni 1982 durch die Landesregierung Rheinland Pfalz die öffentlich-rechtliche Anstalt für Kabelkommunikation (AKK) mit Sitz in Ludwigshafen gegründet. Ihre Aufgabe war es, die konkreten Vorbereitungen der letzten Monate zu koordinieren und die Arbeit bzw. Planung der privaten Programmanbieter zu kontrollieren. Noch war allerdings nicht klar, welche Anbieter überhaupt starten wollen.Auf anderer Ebene wurde im Herbst 1982 ein weiteres noch bestehendes Problem gelöst, was im Nachhinein die schnelle Entwicklung des Privatfernsehens förderte: Nach dem unerwarteten Machtwechsel in Bonn stellte die neue christlich-liberale Koalition der Bundespost eine Milliarde Mark zur Verfügung, um die flächendeckende Verkabelung für die Verteilung von Hörfunk- und Fernsehprogrammen wieder aufzunehmen, die 1979 vom damaligen Bundespostminister Kurt Gscheidle gestoppt wurde. War dieser drei Jahre zuvor der Auffassung, man solle mit dem Kabelnetz-Ausbau nicht den Ergebnissen des Kabel-Pilotprojekts vorgreifen, so wollte die neue Regierung einen Ausbau unabhängig vom aktuellen Bedarf.
Im Laufe des Jahres 1983 formierten sich die privaten Interessenten für das Kabel-Pilotprojekt, so dass unter der Kontrolle des Rheinland- Pfälzische Staatssekretär Schleyer am 28.November des Jahres ein Protokoll verabschiedet wurde, in dem die Anbieter festgehalten wurden, die gemeinsam ein Programm erstellen sollten: Springer, Bauer, Bertelsmann, Burda, Holtzbrink, die WAZ, die Kabel-Media-Programmgesellschaft (kurz: KMP), die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ), der Filmverlag der Autoren, die Neue Mediengesellschaft Ulm, das Aktuell-Presse-Fernsehen (APF) sowie die Programmgesellschaft für Kabel- und Satellitenfunk (PKS). Eben diese „Programmgesellschaft für Kabel- und Satellitenfunk“ war es auch, die bereits im Januar 1983 einen Nutzungsantrag für den Fernmeldesatelliten ECS 1 (European Communication Satellite) gestellt hatte. PKS wurde dann auch als Name des zu startenden Pilot-Programms gewählt.
Nur 8 Tage nach dem verabschiedeten Protokoll über das Anbieter-Konsortium, dann eine Pressemeldung, die für Aufregung sorgte: An diesem Tag wurde bekannt, dass zwischen Bertelsmann und der Compagnie Luxembourgeoise de Telediffusion (kurz: CLT) eine schriftliche Absichtserklärung existiert, laut der Bertelsmann sich mit 40 Prozent am geplanten deutschsprachigen Fernsehprogramm RTL Plus beteiligen wird. Unmut wurde laut und vor allem Leo Kirchs Rechtsanwalt Joachim Theye, der die Interessen der PKS als einer von vielen beteiligen Firmen vertrat, sah darin ein Ding der Unmöglichkeit. So wurde auf sein Drängen vom Anbieterkonsortium eine Konkurrenzklausel beschlossen, wonach Bertelsmann aus dem geplanten Programm PKS ausscheiden musste. Dieser spannende Aspekt nur Tagen vor dem Start des Kabel-Pilotprojekts bleibt bei Berichten über den Start des Privatfernsehens meistens unverständlicherweise unerwähnt.
Dezember 1983. Jetzt sind es nur noch wenige Tage bis zum Sendestart. Die Vorbereitungen bei der PKS laufen auf Hochtouren. Und auch in Luxemburg wird gearbeitet: Mit RTL Plus will man von dort aus ein deutsches Programm nach Deutschland funken. Wie die ersten Minuten bei PKS und RTL Plus aussahen, dazu mehr im vierten Teil unserer Reportage-Reihe.