Haben Sie schon einmal etwas von der Digitalen Dividende II gehört? Dieser etwas ungelenke Begriff bezeichnet hierzulande jene Frequenzbänder, die durch die Umstellung auf DVB-T2 HD frei werden. DVB-T2 HD wiederum nennt sich das neue Antennenfernsehen, das von diesem Mittwoch an in vielen deutschen Ballungsräumen den bisherigen Standard DVB-T ersetzen wird. Dessen kommerzielle Einführung liegt gerade mal 14 Jahre zurück, doch weil das Bundeskabinett vor etwas mehr als zwei Jahren die Neuvergabe von Frequenzen beschloss, die fortan zur Bereitstellung von Breitbanddiensten im Mobilfunk verwendet werden sollen, müssen sich viele Zuschauer spätestens jetzt Gedanken darüber machen, wie sie künftig eigentlich ihr Fernsehsignal empfangen wollen.

Die breite Masse ist von der neuerlichen Umstellung im Antennenfernsehen nicht betroffen, doch zuletzt waren es immerhin noch mehr als drei Millionen Haushalte, die DVB-T nutzten, um ihre Lieblingsprogramme schauen zu können. Antennenfernsehen – das klingt streng genommen arg nach vorgestern, als eine unbedachte Bewegung schon mal dafür sorgen konnte, dass Papa anstelle der "Sportschau" plötzlich nur noch graue Streifen zu sehen bekam. Doch davon ist der Empfang via Antenne inzwischen weit entfernt, schließlich bietet DVB-T2 bei allem Ärger um die Anschaffung neuer Geräte den großen Vorteil, auch über diesen Weg in Zukunft hochauflösende Fernsehprogramm zu empfangen.

Hinzu kommt die Möglichkeit, dass pro Frequenz nun mehr Sender übertragen werden können. Der Nachteil: Wer neben den Öffentlich-Rechtlichen und einigen Shoppingkanälen auch zahlreiche Privatsender in HD empfangen will, muss künftig in die Tasche greifen. Knapp 70 Euro kostet der Spaß jährlich pro Empfangsgerät und damit ähnlich viel wie der Empfang vergleichbarer Angebote wie HD+ im Satellitenbereich – auf diese Weise wird das Antennenfernsehen plötzlich auch für die RTL-Gruppe wieder interessant, die sich zuletzt aus manchen Regionen von dieser Verbreitungsart zurückgezogen hatte.

Kerstin Köder© Media Broadcast
Hinter dem neuen Angebot steht der Mobilfunkbetreiber Freenet, der im vorigen Jahr für einen Kaufpreis von fast 300 Millionen Euro weite Teile der Media Broadcast Gruppe übernahm, die der alleinige kommerzielle Anbieter von DVB-T2 ist. Seit Wochen schon versucht Freenet TV für den Umstieg zu Trommeln – offenbar erfolgreich. Das Unternehmen selbst nennt auf DWDL.de-Nachfrage zwar bislang keine Zahlen, spricht aber von "rasant steigenden Anfragen" beim Kundenservice, bei den Website-Zugriffen und auch beim Verkauf der Endgeräte. Erste Hersteller seien sogar bereits ausverkauft. "Die Erfahrung aus anderen Ländern lehrt uns, dass die Nachfrage ihren höchsten Stand in der Woche nach beziehungsweise während der Umstellung erreicht und dafür sind wir gerüstet", sagt Kerstin Köder (Foto), Head of Freenet TV bei Media Broadcast.

Pünktlich zur Umstellung soll nun der vierte Flight der Launch-Kampagne starten, in dem man etwa auf die Mobilität hinweisen möchte. Prognosen für die Zukunft will Köder jedoch nicht abgeben. "Wir glauben an den Erfolg von Freenet TV, das den Zuschauern alles bietet, was es für modernes Fernsehen braucht", sagt sie stattdessen. "Zudem sichern auch die regulatorischen und vertraglichen Rahmenbedingungen DVB-T2 HD als Verbreitungsmedium über die kommende Dekade hinaus." Dass auch andere Player wie Zattoo oder waipu.tv um die Kunden buhlen, ist ihr wohl bewusst. "Der Wettbewerb um DVB-T-Kunden wird aktuell natürlich sehr intensiv geführt", räumt Köder ein.

Die Konkurrenz habe die große Chance erkannt, Kunden, die sich durch die Abschaltung bezüglich ihres TV-Empfangswegs neu orientieren müssen, für sich zu gewinnen. "Dass manche Wettbewerber dabei teilweise sogar mit unseren Visuals werben, bewerte ich als Kompliment", sagt die Freenet-TV-Chefin. Die ominöse Digitale Dividende II bringt also reichlich Bewegung in den Markt. Trotz der Übermacht von Satellit und Kabel ist das gute, alte Antennenfernsehen noch längst nicht tot. Es ist jedoch ein weiterer Wegbereiter für das drohende Ende des über all die Jahre lieb gewonnenen kostenlosen Fernsehempfangs.