Als RTL in der vergangenen Woche die Presse nach Köln-Deutz lud, um "Sankt Maik" als erste deutsche Free-TV-Serie zu präsentieren, die komplett in Ultra-HD-Qualität zu sehen sein wird, nutzte der Sender die Gelegenheit, um in diesem Zusammenhang auch noch die technische Umrüstung des Sendezentrums in Aussicht zu stellen. Acht Jahre nach dem Umzug der Mediengruppe in die alten Messehallen soll in den kommenden beiden Jahren die Umstellung auf UHD-Technik erfolgen. "Unser Anspruch ist etwas zu bauen, das auch 2026 noch ganz vorne ist", erklärte Thomas Harscheidt, Mitglied der Geschäftsführung der Mediengruppe RTL Deutschland und Geschäftsführer des technischen Dienstleisters CBC, bei dem Pressetermin.

Tatsächlich ist man bei RTL schon seit geraumer Zeit offen für Ultra HD, also die vierfache HD-Auflösung, insbesondere in Kombination mit HDR, das mit einem breiteren Farbspektrum und besseren Kontrasten daherkommt. Schon vor eineinhalb Jahren stellte Harscheidt gegenüber DWDL.de die Erneuerung von Sende- und Produktionstechnik in Aussicht. Die Konkurrenz zeigt sich dagegen auch heute noch zurückhaltend, wenn es um UHD geht. Konkrete Pläne, die Technik auf Ultra HD umzustellen, gibt es derzeit weder bei den öffentlich-rechtlichen Sendern noch bei ProSiebenSat.1, wie eine Umfrage in den Häusern zeigt.

"UHD ist ein spannendes Innovations-Thema – insbesondere im Bereich der Endgeräteindustrie", heißt es etwa aus Unterföhring. "Einen echten Mehrwert für unsere Zuschauer sehen wir als ProSiebenSat.1 primär im Zusammenwirken von dreierlei Faktoren: Bildauflösung, Farbraum und Bildübertragungsrate – also Ultra HD in Kombination mit HDR und HFR. Hier ist aber noch ein deutlicher Nachholbedarf im Markt erkennbar." Dagegen sieht man im HD-Bereich konstante Steigerungen und rechnet bis Ende kommenden Jahres mit 9,2 Millionen HD-Abonnenten.

Dennoch will auch ProSiebenSat.1 weitere Erfahrungen mit Ultra HD sammeln. So ermöglichte der Konzern im August erstmals den Abruf von UHD-Inhalten über HbbTV – als Deutschland-Pemiere. Die Zuschauer konnten damals über den sogenannten "Red Button" Beiträge des kabel-eins-Magazins "Abenteuer Leben" auch in der vierfachen HD-Auflösung sehen. Experimentiert wird diesbezüglich auch auf dem Lerchenberg: Derzeit stellt das ZDF die neuen Folgen seiner Serie "Die Bergretter" in Ultra HD und HDR-Qualität zum Abruf bereit. Nötig ist allerdings ein HbbTV- beziehungsweise Smart-TV-Gerät der neuesten Generation.

"Sportbereich ist ein wichtiger Treiber"

Das ZDF produziert derzeit auch die kommende "Bergdoktor"-Staffel in UHD HDR und hatte bereits vor einem Jahr mit der "Terra X"-Dokumentation "Mythos Wolfskind" die erste Eigenproduktion in diesem Standard umgesetzt. Konkrete Pläne für Einführung eines UHD-Regelbetriebs existieren beim ZDF allerdings noch nicht. "Wir experimentieren jedoch mit den Möglichkeiten von UHD und HDR", sagte eine Sendersprecherin gegenüber dem Medienmagazin DWDL.de. "Gerade der Sportbereich ist ein wichtiger Treiber für neue technologische Standards, es bleibt aber abzuwarten, wie sich der Markt entwickelt. Bis dahin sammelt das ZDF weiter Erfahrungen im Produktionsbereich mit UHD/HDR."

Und auch bei der ARD klingt das ganz ähnlich. "Die ARD verfolgt die weitere Entwicklung des UHD-Standards mit Interesse, hat aktuell jedoch noch keine konkreten Pläne für die Umrüstung der Infrastruktur", betont MDR-Betriebsdirektor Ulrich Liebenow, der zugleich Vorsitzender der Produktions- und Technik-Kommission ist. "Die Priorität der ARD liegt zurzeit auf dem weiteren Ausbau der Produktion von nativen HD-Inhalten, welche dem Zuschauer mit einer erkennbaren Qualitätsverbesserung gegenüber SD einen echten Mehrwert bieten." Im ersten Quartal 2018 will die ARD ihre Kommunikation bezüglich der nötigen Voraussetzungen zum HD-Empfang noch einmal intensivieren.

Bis die Free-TV-Sender weite Teile ihrer Programme in Ultra HD anbieten werden, dürfte also noch einige Zeit vergehen – kein Wunder, schließlich empfängt auch heute noch eine Vielzahl der Zuschauer die Kanäle bloß in der Standard-Qualität. Andererseits stehen inzwischen immerhin fast sechs Millionen UHD-Fernseher in den deutschen Haushalten und die Streaming-Platzhirsche Netflix und Amazon zeigen ihren Technik-affinen Kunden mit zahlreichen Produktionen wie "Stranger Things", "House of Cards" oder "You are Wanted" schon heute, was abseits von SD und HD möglich ist. Vielleicht ein zusätzlicher Ansporn für die klassischen Anbieter, den Anschluss nicht zu verlieren.

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