Seit 27 Jahren überträgt RTL die Formel 1 - und der neuen Saison wird man in Köln wohl ganz besonders entgegenfiebern. Nachdem man die Rechte nämlich um drei weitere Jahre verlängert hatte, stieg Sky aus und verzichtet künftig auf die Formel 1. RTL wird damit die exklusive Fernseh-Heimat von Sebastian Vettel & Co. Nachdem die Zuschauerzahlen über Jahre hinweg kontinuierlich gesunken sind, stabilisierten sie sich zuletzt. Kann RTL durch die neue Rechtesituation nun mit einem kräftigen Plus rechnen?

Mit Sicherheit lässt sich die Frage nicht beantworten - auch beim Sender selbst gibt man sich zurückhaltend. "Alleine am Markt zu sein ist natürlich ein Vorteil", sagt RTL-Sportchef Manfred Loppe im Gespräch mit DWDL.de. Sky kam mit seinen Übertragungen zuletzt im Schnitt auf 470.000 Zuschauer. "Wir hoffen, dass wir einen guten Teil davon für unser Programm gewinnen können", sagt Loppe, der auf 4,33 Millionen Zuschauer in der letzten Saison verweisen kann. Konkrete Prognosen will Loppe aber nicht abgeben. "Dazu ist der Markt zu schwer zu lesen. Die Bindungen sind nicht mehr so intensiv, wie sie einmal waren. Aber wir versuchen natürlich auch weiterhin, eine leidenschaftliche Berichterstattung zu machen. Und dann schauen wir mal, wie viele Zuschauer zu uns kommen werden."

Am Umfang der Berichterstattung wird sich bei RTL trotz der gestiegenen Exklusivität nichts ändern. Der Sender beginnt wie gehabt eine Stunde vor Rennbeginn und zeigt nach dem Rennen eine kurze Highlight-Sendung. "Man muss immer versuchen Maß zu halten", sagt der RTL-Sportchef. "Exklusivität heißt ja nicht, dass es mehr Begehrlichkeiten gibt. Wir wollen noch intensiver und mit frischen Ideen an der Berichterstattung arbeiten, aber es geht nicht darum, diese zeitlich zu verlängern." Die Menschen würden in Deutschland sonntags rund drei Stunden für die Sportberichterstattung aufbringen, das sei sehr viel, so Loppe. "Es nutzt nichts, wenn man das versucht nach oben zu treiben."

Fix ist, dass sich die Berichterstattung von RTL in dieser Saison ändern wird. Zwar sind die meisten bekannten Köpfe vor und hinter der Kamera wieder mit an Bord, mit Niki Lauda hatte zuletzt aber ein prägender Formel-1-Fachmann das Team verlassen. Er wird ersetzt durch Nico Rosberg und Timo Glock, die sich die Arbeit an der Seite neben Florian König aufteilen werden. Glock wird mindestens zehn Mal als Experte zur Verfügung stehen, Rosberg sechs Mal - vielleicht auf öfters. 16 der 21 Rennen sind so schon abgedeckt. Mit Rosberg überlege man, ob man ihn zusätzlich auch von zuhause aus einsetzen könne, sagt Loppe.

Nico Rosberg und Timo Glock© MG RTL D / Robert Grischek
Nico Rosberg und Timo Glock ersetzen Niki Lauda als Experten.

Durch die neuen Experten will RTL die Formel 1 "noch greifbarer machen", sagt der Sportchef. Rosberg und Glock sind noch jung und haben ihre Formel-1-Karrieren erst vor kurzer Zeit beendet. Sie sollen die Zuschauer verstärkt über die Gefühlswelten der Fahrer informieren: Wie geht es ihnen kurz vor dem Start? Sind sie wirklich so abgebrüht, wie es immer heißt? Das konnte Niki Lauda zwar auch, dessen aktive Karriere lag aber ja bekanntlich schon einige Jahre zurück. "Wir haben die große Hoffnung, dass unsere neuen Experten den Zuschauern auch die Gefühlswelten der Fahrer näher bringen können", sagt Manfred Loppe, der das Team mit Rosberg und Glock gut aufgestellt sieht. Und Niki Lauda ist ja auch nicht aus der Welt, er ist weiter mit Mercedes unterwegs in der Formel 1. "Da wird er sicher auch das ein oder andere Interview geben."

Interessant wird ab der neuen Saison auch sein, wie die Zuschauer die neuen Startzeiten annehmen werden. Früher galt 14 Uhr als gesetzt, zuletzt kamen immer mehr Rennen im asiatischen Raum zum Rennkalender hinzu, weshalb inzwischen auch viele Übertragungen zu einer anderen Uhrzeit beginnen. Dass die europäischen Rennen nun aber alle eine gute Stunde später starten, wurde auch ganz explizit mit höheren Reichweiten begründet, die die TV-Sender dann erzielen könnten. RTL-Sportchef Loppe sagt, man stehe dieser Veränderung positiv gegenüber. "Fakt ist: Je später der Tag, desto höher die Fernsehnutzung. Das trifft insbesondere auf den Sonntag zu." Man müsse die Zuschauer nun an die Hand nehmen und auf die neuen Startzeiten hinweisen.

RTL sieht in F1 TV keine Konkurrenz

Und dann wäre da ja noch F1 TV: Die Streamingplattform, mit der Liberty Media solche Kunden ködern will, die auch in Zukunft nicht auf eine werbefreie Übertragung der Formel 1 verzichten wollen. Auf den ersten Blick klingt das Angebot nicht sonderlich attraktiv: Um die Rennen zu sehen und den Zugang zu den Onboard-Kameras sowie dem Teamfunk zu erhalten, muss man 7,99 Euro monatlich oder 64,99 Euro im Jahr zahlen. Dafür erhält man allerdings das RTL-Signal, nur eben ohne Werbung. F1 TV übernimmt auch die Kommentare von Heiko Wasser und Christian Danner, in den Werbepausen herrscht Ruhe.  

Bei RTL sieht man in der neuen Streamingkonkurrenz dann auch keine ernsthafte Gefahr. Darauf angesprochen sagt Manfred Loppe: "Wir sehen keinen Nachteil bei dieser Zusammenarbeit, das Angebot wird uns auch in keinster Form beeinträchtigen." Die größte Herausforderung für die Kölner wird es sein, die Formel-1-Fans, die bislang lieber Sky geschaut haben, für das eigene Angebot zu begeistern.