Gerüchte, dass Apple irgendwann ins Geschäft mit dem Video-Streaming einsteigen und somit klassischen TV-Anbietern, vor allem aber Netflix und Amazon Konkurrenz machen könnte, gibt es schon viele Jahre. Die ersten Schritte, die Apple dann in Sachen Video-Produktion unternahm, wurden vom Markt noch eher belächelt. "Planet of the Apps" etwa, wo App-Entwickler ihre Ideen auf einer Rolltreppe pitchen mussten, lehrte niemanden das Fürchten. Schon etwas mehr aufhorchen ließ dann der Schritt, sich die Rechte an der Format-Auskopplung von "Carpool Karaoke" aus James Cordens CBS-Late-Night zu sichern. Doch richtig Nägel mit Köpfen macht man bei Apple nun seit gut einem Jahr.

Da wurden mit Jamie Erlicht und Zack Van Amburg zwei echte TV-Profis zur Leitung des Video-Bereichs verpflichtet. Sie standen zuvor seit 2005 gemeinsam an der Spitze von Sony Pictures Television, während ihrer Zeit entstanden dort Serien wie "Breaking Bad", "The Blacklist", "The Goldbergs", "Sneaky Pete" oder "The Crown". Später kam von Sony auch noch Kim Rozenfeld hinzu, die sich nun auch bei Apple um non-fiktionale Inhalte kümmert. Mit Matt Cherniss von WGN Ameria sowie Morgan Wandell und Tara Sorensen von Amazon Studios hat man sich weiteren Sachverstand für die leitenden Positionen im Video-Bereich von außerhalb an Bord geholt. Und dass man sich nicht auf den amerikanischen Markt beschränken will, zeigte schon im Herbst vergangenen Jahres die Verpflichtung von Jay Hunt, bis dahin Chief Creative Officer beim britischen Channel 4, als Creative Director Europe.

Den Machern kommt zugute, dass Apple dank iPhone und Co. gewaltige Geldreserven angesammelt hat und beim Einstieg ins Videostreaming-Geschäft nun ohne Probleme in Vorleistung gehen kann. Das "Wall Street Journal" berichtete schon im vergangenen Jahr, dass fürs erste Jahr direkt eine Milliarde Dollar für Video-Produktionen locker gemacht wurde, obwohl dem bislang keinerlei Einnahmen gegenüber stehen - denn bislang ist noch gar kein konkretes Angebot angekündigt geschweige denn gestartet. Wie das aussehen könnte, ist wie so vieles bei Apple Gegenstand fortlaufender von Spekulationen. Neuestes Gerücht: Apple könnte eine Art übergreifende Medien-Flatrate anbieten: Im Musik-Bereich hat man ja bereits Apple Music, den digitalen Zeitschriftenservice Texture, der unbegrenzten Zugang zu Zeitschriften bietet, hat man kürzlich übernommen, die Video-Inhalte könnten der nächste Baustein sein.

Schon klar ist aber, welche Inhalte die Nutzer von Apples Video-Streamingdienst erwarten werden - denn inzwischen wurden nicht weniger als 14 fiktionale Serien bereits in Produktion geschickt, dazu kommen noch einige weitere Serien, die sich gerade in Entwicklung befinden und über die noch keine endgültige Entscheidung getroffen wurde. Im Folgenden ein Überblick über die schon bestellten Serien-Projekte:

  • "Amazing Stories"
    Für die Adaption der Serie "Amazing Stories" hat sich Apple niemand geringeren als Steven Spielberg und dessen Produktionsfirma Amblin Television an Bord geholt. In den Original-"Amazing-Stories" drehte sich zwischen 1985 und 1987 alles rund um Science-Fiction und Horror-Geschichten, die Erzählungen reichten von Geisterzügen bis hin zu magischen Meteoriten und mysteriösen Mumien und Weihnachtsmännern. Zehn Folgen lässt sich Apple jeweils fünf Millionen Euro kosten.
     
  • "Are You Sleeping"
    True Crime - das ist ohne Frage einer der großen Trends der letzten Jahre, sei es im Fernsehen oder bei Podcasts. Das kann man allerdings auch kritisch sehen: Die Serie "Are You Sleeping" fordert die Zuschauer auf, sich mit den Konsequenzen zu beschäftigen, wenn Gerechtigkeit auf einer öffentlichen Bühne verhandelt wird. Auch hier gibt's einen prominenten Namen hinter der Kamera: Reese Witherspoon produziert die zehnteilige erste Staffel, mit Octavia Spencer, Lizzy Caplan und Aaron Paul hat man sich zudem einen prominenten Cast gesichert.
     
  • "Calls"
    Erst vor wenigen Tagen hat Apple erstmals eine Serie außerhalb der USA bestellt. "Calls" ist eine englischsprachige Adaption der französischen Serie "Calls" von Canal+, das als Koproduzent mit an Bord ist. Das Konzept ist außergewöhnlich: Kurzgeschichten werden mit Hilfe realer Audioquellen und unterstützt von minimalen visuellen Effekten erzählt.
     
  • "Central Park"
    Hinter der ersten animierte Serie von Apple steckt mit Loren Bouchard der Erfinder von "Bob's Burgers". Drehen wird sich die Comedy um eine Reihe von im Central Park arbeitenden und lebenden Menschen, die ihr Herz nicht nur in den Park stecken und diesen am Leben erhalten, sondern gewissermaßen dadurch auch die ganze Welt. Apple hat hier gleich zwei Staffeln mit jeweils 13 Folgen in Auftrag gegeben.
     
  • "Dickinson"
    Die u.a. schon für einen Oscar nominierte Hailee Steinfeld ("True Grit") spielt in der Comedyserie die berühmte Dichterin Emily Dickinson. Die Zuschauer werden Emily Dickinson in ihrer Welt im 19. Jahrhundert erleben. Alle Zwängen durch Gesellschaft, Geschlecht und Famlie werden aus der fantasievollen Sichtweise einer Schriftstellerin gezeigt, die nicht in diese Zeit passt. Beschrieben wird die Comedy als Coming-of-Age-Geschichte einer Frau, die darum kämpft, dass ihre Stimme gehört wird.
     
  • "Little America"
    Nicht nur hierzulande tobt ein Streit ums Thema Einwanderung, in Donald Trumps Amerika wird ebenfalls über Mauern diskutiert und Grenzen geschlossen. Das Epic Magazine sammelt in "Little America" wahre Geschichten über Immigranten und will damit daran erinnern, dass Amerika ein Land von Einwanderern ist. Einige dieser Geschichten werden nun in der achtteiligen ersten Staffel verfilmt. Jede Folge erzählt darin eine andere Geschichte.
     
  • "Little Voice"
    Die 10-teilige Dramedy ist eine Liebeserklärung an die musikalische Diversität New Yorks: "Little Voice" kommt als romantisches Musikdrama daher, welches mit Musik von Sara Bareilles (von einem ihrer Alben ist auch der Titel entlehnt) gespickt ist und die Suche junger Erwachsenen nach der eigenen authentischen Stimme behandeln. Unter anderem steht J.J. Abrams als Produzent hinter der Serie.
     
  • "See"
    Apple reist mit seinen Serien nicht nur in die Vergangenheit, sondern auch in die Zukunft - so beim futuristischen "See", für dessen Script "Peaky-Blinders"-Schöpfer Steven Knight verantwortlich zeichnet, während "Hunger Games"-Regisseur Francis Lawrence Regie führen wird. Inhaltlich ist zu dem Projekt bislang noch sehr wenig bekannt.
     
  • Einen Blick hinter die Kulissen von Amerikas Morning-Shows soll eine noch namenlose Serie bieten, die mit Reese Witherspoon und Jennifer Aniston aber wahrhaft hochkarätig besetzt ist. Grundlage bildet das Buch "Top of the Morning: Inside the Cutthroat World of Morning TV". Apple hat auf einen Schlag gleich zwei Staffeln mit jeweils zehn Episoden bestellt.
     
  • Damien Chazelle, der beim Oscar-Gewinner "La La Land" Regie führte und das Drehbuch schrieb, arbeitet für Apple ebenfalls an einer neuen Serie, der bislang ein Titel fehlt. Klar ist nur: Chazelle wird jede Folge schreiben und auch Regie führen. Doch worum es geht, ließ Apple völlig offen. Einzige Angabe: Die Serie soll "innovativ" sein. Nun denn.
     
  • M. Night Shyamalan, der einst mit "The Sixth Sense" seinen internationalen Durchbruch als Regisseur feierte, arbeitet für Apple an einem zehnteiligen Psycho-Thriller. Autor ist Tony Basgallop (u.a. "24: Live another Day", "Outcast") Auch hier gibt es außer den bekannten Namen, die dahinter stehen, keine weiteren Angaben über den Inhalt.
     
  • Ein bisschen mehr weiß man über das - gleichfalls noch namenlose - Projekt, an dem "Outlander"- und "Battlestar Galactica"-Showrunner Ron Moore für Apple arbeitet. Die Weltraumserie spielt in einer alternativen Zeitlinie, in der der Wettlauf ins All, der einst zwischen der Sowjetunion und den USA ausbrach, niemals endete.
     
  • Ins Mystery-Genre begibt man sich mit einer noch namenlosen Serie über die wahre Geschichte von Hilde Lysiak, die 2014 im Alter von acht Jahren ihre eigene Zeitung gegründet hat. In diesen jungen Jahren rollt sie darin nochmal ein altes Verbrechen auf, das jeder in der Stadt - einschließlich ihres Vaters - begraben wollte.
     
  • Die Kurzgeschichten-Sammlung "You Think It, I'll Say It" bildet die Vorlage für die erste Comedy-Serie, der Apple grünes Licht gegeben hat - allerdings ist der Verbleib der Produktion unklar, weil die eigentlich für die Hauptrolle vorgesehene Kristen Wiig abgesprungen ist. Noch ist unklar, ob es mit einer Neubesetzung der Rolle weiter gehen wird.

Neben diesen schon bestellten Serien weiß man auch von einigen Serien, die sich aktuell in Entwicklung befinden. So hat sich Apple die Adaptionsrechte für den Bestseller "Shantaram" von Gregory David Rogers gesichert. Erzählt wird darin die Geschichte eines Gefängnisausbrechers, der in der Stadt Bombay weit entfernt von seinen Freunden und seiner Familie untertaucht und in den dortigen Slums ein neues Leben beginnt. Mit "Swagger" ist zudem noch eine Serie im Basketball-Umfeld in Arbeit, "Foundation" ist ein Science-Fiction-Drama und erzählt die Geschichte einer Menschheit, die über Planeten in der ganzen Galaxie verteilt sind und vom Galactic Empire regiert werden. Zudem hat man mit "Home" auch eine erste non-fiktionale Doku-Reihe in Auftrag gegeben, die einen Blick in die innovativesten Häuser werfen will.

Obendrein hat Apple auch noch angekündigt, auch den Kindersektor nicht außer Acht lassen zu wollen. Dafür wurde eine Partnerschaft mit Sesame Workshop initiiert, den Machern der "Sesamstraße", die der Deal aber explizit nicht umfasst. Gemeinsam sollen neue Serien - sowohl im Live-Action- als auch im Puppen-Bereich - entwickelt werden. Und dann hat man sich kürzlich auch noch die Dienste von Oprah Winfrey für mehrere Jahre in einem umfassenden Content-Deal gesichert. Sie soll nicht nur fiktionale und non-fiktionale Serien entwickeln, auch Podcasts, Bücher oder Apps seien denkbar.

Nicht nur im Fall von Oprah Winfrey dürfte es aber noch eine ganze Weile dauern, ehe Ergebnisse der Zusammenarbeit zu sehen sein werden. Das gilt auch für viele der Serien, einige davon wurden erst in den letzten Wochen bestellt und müssen nun erst noch produziert werden. Das inzwischen auf ein beachtliches Ausmaß angewachsene Portfolio, das schon jetzt die unterschiedlichsten Genres umfasst, zeigt aber: Die klassischen Medien-Konzerne müssen nicht nur gegen Netflix und Amazon als immer stärkere Konkurrenten antreten, sondern in absehbarer Zeit auch mit Apple als äußerst finanzstarkem Wettbewerber mit großen Ambitionen rechnen.