Es fühlt sich nicht so an, doch es ist beinahe acht Jahre her, dass sich Samuel Koch während seines Auftritts bei "Wetten, dass..?" so schwer verletzte, dass er bis heute im Rollstuhl sitzt. Die Hälfte dieser Zeit wurde der inzwischen 30-Jährige immer wieder von der ZDF-Journalistin Doro Plutte mit der Kamera begleitet. Wer die "37 Grad"-Reportage sieht, begegnet einem jungen Mann, der trotz starker Einschränkungen ein Kämpfer ist, auch wenn die körperlichen Fortschritte, auf die man anfangs noch hoffte, kaum eingetreten sind. 

"Was bin ich noch? Worüber definiere ich mich noch? Was macht mich aus?" Fragen wie diese sind es, die den gläubigen Koch regelmäßig umtreiben. Er habe sich auf eine Reise begeben, sagt er in dem Film, "auch nach dem Wert". Tatsächlich scheint es, als haben ihn die vier Jahre der Antwort etwas näher gebracht. Vielleicht auch, weil er in der Zwischenzeit die Liebe seines Lebens gefunden und geheiratet hat. Obwohl er sich eigentlich nie wieder verlieben wollte, wie er ausführt.

"Vorwärts im Leben" nennt sich der halbstündige Film und der Titel beschreibt sehr gut, wie Samuel Koch den Alltag meistert und mit welcher Einstellung er daran geht. Eine kurze Szene, die ihm auf dem Laufroboter zeigt, belegt das ganz eindrucksvoll. Über die Wirkung des Geräts wird gestritten, doch Koch ist trotzdem optimistisch: "Wenn man es nicht macht, bringt es in jedem Fall nichts", sagt er und trainiert weiter. Selbst auf den Hochzeitstanz muss er nicht verzichten - dank eines Gerüsts, in das er eingehängt ist, ist er für einige Minuten schwerelos. "Da ist noch Luft nach oben, was die B-Note anbelangt", räumt Koch mit einem Augenzwinkern ein.

Kurz darauf sieht man ihn zusammen mit seiner Frau im Flugzeug – auf dem Weg zum nächsten Termin. Rund 100 Nächte pro Jahr schläft Samuel Koch in Hotelzimmern, obwohl jede Reise mit einem immensen Aufwand verbunden ist. Gleichzeitig tritt er regelmäßig in Theaterstücken auf, obwohl er mehr Geld auf dem Konto hätte, wenn er sich arbeitslos melden würde. "Das ist ein bisschen blöd", gibt Koch zu und sagt im nächsten Atemzug, dass das für ihn keine Option sei. Und so geht es eben immer weiter: Zwei Bücher hat er geschrieben, er begegnet anderen, die auch im Rollstuhl sitzen, und unterstützt soziale Projekte.

Samuel Koch bei 37 Grad© ZDF/Vita Spieß

Nichts zu tun wäre für einen wie Koch, der einst eine Model-Figur hatte und nichts mehr liebte als die Bewegung, vermutlich die Höchststrafe. Umso bemerkenswerter, wie er nach seinem Unfall in der Live-Show die Situation angenommen hat. Man ahnt allerdings, dass es nicht nur gute Tage gibt. Wenn Koch etwa davon spricht, dass sein Körper "bei Weitem nicht so sensibel wie bei einem echten Menschen" sei und von einer Hassliebe die Rede ist. "Funktioniert nicht so wie ich will, man nicht was ich will, gehorcht nicht", beschreibt Koch das Verhältnis zu seinem Körper. 

Und dann tritt im nächsten Moment der Kämpfer wieder zutage. "Auf der anderen Seite versuche ich ihn dennoch zu hegen und zu pflegen, und schaue, dass alles geschmeidig, gesund und beweglich bleibt." Am Ende des Films liefert Samuel Koch dann tatsächlich eine Antwort auf die Frage nach dem Wert – es ist eine, die ihm erst bewusst geworden ist, weil er auf die Hilfe anderer Menschen angewiesen ist. Doch damit unterscheidet er sich gar nicht so sehr von den anderen. "Alle Menschen sind abhängig von einem Miteinander", sagt Koch. Eine schöne, in manchen Momenten vielleicht auch tröstende Erkenntnis.

"37 Grad: Vorwärts ins Leben" am Dienstag um 22:15 Uhr im ZDF.