Wer in einem bei der Allgemeinheit unpopulären Job arbeiten will, wird Journalist. In den einschlägigen Rankings landen diese in schöner Regelmäßigkeit auf einem der hinteren Plätze. Es gibt nur wenige Berufe, die unbeliebter sind - spätestens seit 2008 gehören Bänker dazu. Und was ist die Krönung der unbeliebteste Jobs? Vielleicht sind es Bank-Lobbyisten. "Ich habe versucht, alle negativen Sachen zu vereinen", sagt Alexander Privitera mit einem Schmunzeln auf den Lippen im Gespräch mit DWDL.de. Der ehemalige N24-Journalist arbeitet inzwischen als Head of Issue Management bei der Commerzbank. 

Doch was verschlägt einen langjährigen Journalisten, der in gewisser Weise auch das Sendergesicht eines Newskanals war, auf diese Seite des Berufslebens? Angefangen hat für Alexander Privitera alles 2008, als die Finanzkrise ausgebrochen ist. Damals war er noch Chefmoderator von N24 in Berlin, seit 2004 war er in dieser Position tätig. Da brannte es dem Journalisten aber schon unter den Nägeln, schließlich sollte das nur ein vergleichsweise kurzes Gastspiel sein. Privitera wollte als Korrespondent zurück in die USA - zwischen 1998 und 2004 arbeitete er bereits in dieser Funktion. 

2009 war es dann endlich soweit und er kehrte für den Sender in die USA zurück, um allen voran über die Finanzkrise und ihre Auswirkungen zu berichten. "Der amerikanische Traum ist 2008 auf eine harte Probe gestellt worden. Für mich war es wichtig, die Phase dieser ökonomischen Reparaturarbeit mitzuerleben", sagt er heute. Während seiner Zeit in den USA hat er angefangen, in einem Think Tank mitzuarbeiten. Experten aus Europa waren zu dieser Zeit in den USA sehr gefragt - schließlich begann damals auch die sogenannte Eurokrise. 2012 verließ er N24 schließlich, blieb aber in den USA. Beim Think Tank American Institute for Contemporary German Studies leitete er das Business and Economics Program. Über diesen Weg fand er 2016 schließlich auch seinen Weg zur Commerzbank. 

"Was ich dem Beruf geben konnte, hatte ich bereits gegeben."
Alexander Privitera

Seit Oktober 2016 arbeitet er nun schon für die Bank, zunächst als Head of European Affairs, inzwischen als Head of Issue Management. "Wir versuchen, ähnlich wie eine Redaktion, den Überblick darüber zu behalten, welche politisch-regulatorischen Entwicklungen für die Bank relevant sind", sagt er im Gespräch mit DWDL.de. Und dann versucht man bei der Politik eigene Interessen durchzusetzen - klassische Lobby-Arbeit eben. "Die europäische Finanzbranche befindet sich nach wie vor in einem Umbruch, der dem in der Medienbranche vor zehn Jahren sehr ähnlich ist. Es ist eine spannende Phase, weil noch nicht ganz klar ist, wie das Abschlussszenario aussehen wird", sagt Privitera. 

N24 wollte ihn zurück nach Berlin holen

Dass der Journalist 2012 seinem damaligen Job nicht treu geblieben ist, lag einerseits also an der Finanzkrise und dem damit verbundenen Interesse an ihm, aber auch an N24 selbst. Der Sender steckte damals in Restrukturierungsmaßnahmen. Es war die Zeit, in der der Sender eigenständig war, also nach dem Verkauf von ProSiebenSat.1 und vor dem Einstieg von Springer. Der Sender wollte Privitera zurück nach Berlin holen. "Ich wollte aber in den USA bleiben." So trennte man sich einvernehmlich und der Moderator schlug einen neuen Weg ein. 

Das Arbeiten vor der Kamera vermisst der gelernte Journalist heute nicht mehr. "In mir drin ist aber immer noch ein Journalist, ich bin ein News-Nerd. Eine Rückkehr in den Journalismus kann ich mir trotzdem nicht vorstellen, die heutigen Herausforderungen sind der Weg, der vor mir liegt." Außerdem habe er im Journalismus alle für ihn relevanten Stationen durchlebt. "Was ich dem Beruf geben konnte, hatte ich bereits gegeben." 

Der 11. September und seine Folgen

Auch seine Verbundenheit zu den USA spielte bei der Entscheidung 2012, den Sender zu verlassen, eine gewichtige Rolle. Privitera war 2001 als Korrespondent in Washington und erlebte dadurch die Anschläge des 11. September hautnah mit. Dieser Tag habe ihn journalistisch geprägt, sagt er heute. "Die Liebe und den Respekt vor dem Land hatte ich schon davor, das war aber ein Erlebnis, das mein Verhältnis zum Land weiterentwickelt hat. Das hat dann auch eine Rolle gespielt, als es darum ging, ob ich die USA ein zweites Mal verlasse oder ob ich dort bleibe."

Durch den Job bei der Commerzbank hat er die USA 2016 schließlich doch wieder verlassen. Heute pendelt er zwischen Brüssel und Frankfurt am Main, privat hat sich Privitera in der belgischen Hauptstadt niedergelassen. Es scheint, als gebe es für den Deutsch-Italiener, der in Rom geboren, dort aufwuchs und sein Abitur an der Deutschen Schule in der italienischen Hauptstadt machte, keine Grenzen. Neben den genannten Orten arbeitete er bislang unter anderen auch in Bonn und München. "Meine Fernsehkarriere hat sich vor allem im Ausland abgespielt. Und ich glaube auch, dass ich meine Funktion dort am besten erfüllen konnte." Und es ist nicht so, als wäre Privitera heute weniger oft im Ausland unterwegs.