Zum Jahreswechsel hat es so ausgesehen, als würde es eine durchwachsene TV-Saison für das ZDF werden. Auch damals war man zwar mit Abstand Marktführer, zwischen September und Dezember lag der Sender aber kontinuierlich unter den Vorjahreswerten. Doch dann kam das Coronavirus - und die Stunde der Öffentlich-Rechtlichen schlug. Es war allen voran das ZDF, das von der neuen Situation profitierte, auch wenn die meistgesehenen Sendungen in dieser Zeit die "Tagesschau" und die täglichen Updates im "ARD extra" waren. Doch es waren eben auch die ZDF-Nachrichten plötzlich noch einmal deutlich gefragter als sonst. 


Neben "heute" und "heute-journal" gibt es aber auch noch andere Corona-Gewinner. "Markus Lanz" etwa verzeichnete stark steigende Werte und sogar das junge Publikum entdeckte die Talkshow am späten Abend. Auch "Maybrit Illner" hatte seit Ende Februar einige starke Ausgaben. Und die "heute-show" verzeichnete im April trotz fehlendem Studiopublikum teilweise deutlich mehr als fünf Millionen Zuschauer. Das Format mit Oliver Welke gehört außerdem zu den Sendungen im deutschen Fernsehen, die eine der höchsten zeitversetzten Nutzungsraten aufweisen. 

Neben den genannten Sendungen waren Krimis das Genre der Stunde - und davon hat das ZDF bekanntlich einige im Archiv liegen. Während Shows und andere Unterhaltungsformate verschoben werden mussten oder mit Einschränkungen daherkamen, konnte das ZDF viele Krimis sehr erfolgreich wiederholen. Fast alle diese Filme, egal ob neu oder in der Wiederholung, funktionierten in der Primetime des Senders gut. Das ZDF versuchte sich aber auch beispielsweise an einer kurzfristigen Rückkehr von "Das Spiel beginnt". Die Show mit Johannes B. Kerner erfuhr im April nach drei Jahren Pause ein überraschendes Comeback - holte aber eher mäßige Quoten. 

Show-Neustarts gehen meist baden

Und da wären wir auch schon bei der größten Schwachstelle des ZDF: den Shows. Hier wartet man nämlich noch immer auf einen großen Aufschlag. "Der Quiz-Champion" lief an wenigen Tagen in der Saison gut, sonst war für die Mainzer aber nicht viel zu holen. Der Test, "Da kommst du nie drauf" am Samstagvorabend zu zeigen, tat sich schwer und auch die Primetime-Ausgaben laufen allenfalls solide. Mit "Mein Lied für dich" startete man zudem eines der wenigen neuen Formate, doch auch die Sendung mit Judith Williams ging völlig unter. Gleiches gilt für Steven Gätjens "Sorry für alles", das bereits im August 2019 zu sehen war und ebenfalls schlechte Quoten holte - beide Folgen erreichten nicht einmal zwei Millionen Zuschauer. Die neu gestartete "Terra X Show" holte zum Auftakt ordentliche, aber ebenfalls keine überragend gute Zahlen. Hier geht es dennoch weiter. 

Und auch der Rest des Show-Jahres 2020 verspricht für das ZDF keine großen Sprünge mehr. Das "Wetten, dass..?"-Comeback mit Thomas Gottschalk musste man coronabedingt ebenso auf 2021 verschieben wie das große Finale von "Willkommen bei Carmen Nebel". Auch kleinere Unterhaltungsformate gingen beim ZDF zuletzt übrigens baden. Das Corona-Kochformat "Lafer kocht" mit Johann Lafer war nach einer Woche schon wieder zu Ende und als der Koch Ende 2019 in "Lafers Kochschule" lud, waren die Quoten ebenfalls enttäuschend. 

Das Feld der Heimat-Reihen lichtet sich

Spannend ist auch ein Blick auf den Donnerstagabend, wo das ZDF eigentlich regelmäßig gute Quoten mit seinen Heimat-Reihen holt. In der jetzt zu Ende gegangenen TV-Saison lief es grundsätzlich zwar auch gut, es wurden aber auch Risse deutlich. "Die Gipfelstürmer" und "Team Alpin" etwa konnten ihre guten Auftakt-Quoten nicht bestätigen, die "Gipfelstürmer" enden daher nun auch bald. Andere Reihen wie "Bergdoktor", "Bergretter" und "Lena Lorenz" sind aber weiter auf Erfolgskurs. Das aber auch ein eben solcher nicht vor einem Aus schützt, musste zuletzt die Mannschaft rund um "Der Kommissar und das Meer" erleben. Trotz regelmäßig mehr als sechs Millionen Zuschauern wird die Reihe mit Walter Sittler bald eingestellt (DWDL.de berichtete). Potenziellen Nachschub hat man bereits gefunden: Die neue Krimi-Reihe "Das Quartett" startete im Oktober mit glänzenden Quoten am Samstagabend. 

Der vielleicht größte Erfolg: Silbereisen und das "Traumschiff"

Und dann wäre da in der fiktionalen Unterhaltung ja auch noch Florian Silbereisen. Nachdem der die Feste-Shows in der ARD aufgemöbelt hat, sorgte er nun auch für frischen Wind beim "Traumschiff". Sein Auftakt am 2. Weihnachtsfeiertag brachte dem ZDF nicht nur siebeneinhalb Millionen Zuschauer und damit mehr als der "Tatort" zur gleichen Zeit, der Film holte auch 17,0 Prozent Marktanteil bei den 14- bis 49-Jährigen - Rekord für das "Traumschiff". Die jüngste Ausgabe im April hatte dann zwar "nur noch" 6,3 Millionen Zuschauer, aber auch das ist deutlich mehr als das, was zuvor mit Sascha Hehn drin war.  

Aber auch in der Fiction lief für das ZDF nicht alles rund. Die zweite Staffel von "Bad Banks" war aus Sicht der linearen Quoten eine große Enttäuschung und die Bauhaus-Serie "Die neue Zeit" war am späten Abend ein Flop für den Sender. Auch die Fortsetzung von "Merz gegen Merz" mit Annette Frier und Christoph Maria Herbst musste im Vergleich zu Staffel eins Marktanteile abgeben und lief unter Senderschnitt. Die starken Filme am Montag, Donnerstag, Freitag, Samstag und Sonntag machten diese Delle aber mehr als wett. Der einzige Abend, der regelmäßig Probleme macht, ist der Dienstag. Hier läuft "ZDFzeit" derzeit zwar besser als 2019, zweistellige Marktanteile sind dennoch eine Seltenheit. 

Eine feste Bank ist und bleibt für das ZDF allerdings die Daytime. Hier baut sich der Sender regelmäßig ein so großes Quoten-Polster auf, das auch ein Durchhänger in der Primetime meist nicht die Tagesmarktführerschaft gefährdet. Quoten-Treiber am Nachmittag ist nach wie vor allen voran "Bares für Rares" mit Marktanteilen von mehr als 20 Prozent, aber auch die "Rosenheim Cops" und "Hallo Deutschland" laufen sehr gut. Die Trödelshow überzeugt darüber hinaus auch weiterhin in der Primetime mit sehr ansehnlichen Quoten - nicht zu vergessen die vielen Wiederholungen, die auch ZDFneo starke Quoten bescheren. "Bares für Rares" ist und bleibt eine wichtige Allzweckwaffe für die Sendergruppe. 

Inzwischen hat man auch "SOKO Potsdam" und "SOKO Hamburg" endgültig am Vorabend etabliert. Die "Blutigen Anfänger" holten ordentliche, aber keine guten Quoten. Der neuen Serie wurde ein Stück weit, wie vielen neuen Produktionen des ZDF, die generelle Stärke des Senders zum Verhängnis. Überall würde man sich über mehr als zwölf Prozent Marktanteil beim Gesamtpublikum freuen, beim ZDF sind das eben unterdurchschnittliche Werte. Das ZDF erlaubt sich nun auch den Luxus und stellt Ende dieses Jahres "SOKO München" (früher "SOKO 5113") nach mehr als 40 Jahren ein - trotz Quoten jenseits des Senderschnitts.

Das ZDF ist bereits in der Vergangenheit immer wieder damit aufgefallen, bei gut laufenden Formaten den Stecker zu ziehen. Dieser Trend hat sich auch in der TV-Saison 2019/20 fortgesetzt. Das ZDF kann und muss sich das auch leisten. Ohne diese stetige Neuerung wäre das Programm wohl sehr eintönig. Die meisten Sendungen laufen schließlich richtig gut und machen den Sender regelmäßig zum erfolgreichsten Sender. Jetzt müssten nur noch einige der Show-Neustarts funktionieren.