In den ersten Monaten der Corona-Pandemie im Frühjahr und Sommer vergangenen Jahres sah Kabel Eins aus Quotensicht noch wie ein Profiteur des Ausnahmezustands aus: Die Marktanteile lagen stabil jenseits der 5-Prozent-Marke, auf bis zu 5,6 Prozent ging es nach oben. Doch der Herbst kam, der Erfolg ging: Im September konnte man noch knapp die 5-Prozent-Marke halten, dann begann die Talfahrt, bis im Januar sogar die 4-Prozent-Marke bedenklich wackelte. Seither konnte sich Kabel Eins zwar wieder etwas berappeln, lag aber auch im Mai ebenso wie in acht der neun anderen Monate der Saison deutlich unter dem Vorjahreswert.

Was hatte sich vom Frühjahr zum Herbst 2020 so stark geändert? Ein Hauptgrund liegt im Vorabend, der sich nach zwischenzeitlich schon einmal größeren Problemen seit 2018 ja eigentlich wieder erholt hatte. Doch "Mein Lokal, Dein Lokal" und noch stärker "Achtung Kontrolle" gerieten in der letzten Saison wieder unter Druck. Bei "Mein Lokal, dein Lokal" liegen die Probleme auf der Hand: In einer Zeit, in der Restaurants monatelang geschlossen werden mussten, hatte es eine solche Sendung naturgemäß schwer. Inzwischen haben die Gastwirte aber nicht nur in den meisten Regionen Deutschlands wieder geöffnet, auch die Quoten zogen zuletzt wieder an. Bei "Achtung Kontrolle" hält die Schwächephase hingegen noch an. Vielleicht war es auch hier schlicht so, dass man in einer von massiven Einschränkungen im Leben aller geprägten Zeit den Vorabend nicht auch noch mit dem Alltag von Kontrolleuren verbringen wollte.

Auch beim Primetime-Format "Die Klinik - Ärzte, Helfer, Diagnosen" könnte der Effekt, dass man sich in der Freizeit nicht auch noch mit dem Klinikalltag beschäftigen wollte - mit reingespielt haben. In jedem Fall tat sich das Format schon im Herbst schwer, im Frühjahr noch schwerer und konnte nicht mehr an die Erfolge von 2019 anknüpfen. Doch ganz generell sind es nicht die Eigenproduktions-Abende, die Kabel Eins mit Blick auf die zuletzt mauen Sendermarktanteile Kopfzerbrechen bereiten dürften.

Denn während Kabel Eins früher gefühlt aus kaum mehr als Frank Rosin und Tamme Hanken bestand, hat man sich mittlerweile ein durchaus ansehnliches Arsenal an Marken zusammengesammelt. Neu hinzu kamen zuletzt mit "Yes we camp" und dem Rankingshow-Quiz-Mix "Deutschlands größte Geheimnisse" noch zwei neue erfolgreiche Formate. Vor allem Letzteres zeigte erstaunliche Stärke am so hart umkämpften Sonntagabend. Mit "Ab ins Kloster", "Achtung Abzocke", "Rosins Restaurants" und natürlich den "Trucker Babes" kann man noch auf eine ganze Reihe weiterer etablierter Formate, die für solide bis gute Quoten sorgen, bauen, auch "Abenteuer Leben" und das "K1 Magazin" fügen sich gut ein. Dass es überhaupt nicht funktionieren wollte, mit den "PS Perlen" in der gleichen Zielgruppe wie mit den "Trucker Babes" zu fischen, kann man da ebenso verschmerzen wie die Tatsache, dass in der Endphase des Lockdowns kaum jemand einen Nerv für die "Sommertrends 2021" übrig hatte.

Angesichts der alles in allem guten Erfahrungen mit den eigenen Produktionen - auch wenn vielleicht keine Ausreißer-Quotenhits darunter sind - kann man Kabel Eins eigentlich nur ermutigen, diesen Bereich weiter zu stärken. Denn die Probleme findet man vielmehr an jenen Abenden, die man mit US-Fiction füllt. Hier sind es vor allem die Serienabende, mit denen Kabel Eins schon seit Jahren zu kämpfen hat - und wo sich die Situation eher noch weiter verschärft. Neues hat man dort ohnehin kaum im Programm. Und falls sich doch mal eine Erstausstrahlung zu Kabel Eins verirrt, dann muss das Publikum sie regelrecht suchen wie derzeit bei "Navy CIS: New Orleans". Die Serie geht derzeit freitags nach 23 Uhr ihrem Ende entgegen. Im Schnitt liegt der Marktanteil dort bei weniger als 4 Prozent.

Ansonsten sind es US-Krimis, deren Erstausstrahlungen entweder bei Sat.1 liegen oder die ohnehin schon lange beendet sind, mit denen Kabel Eins sein Programm füllt. Das ist kostengünstig, es mag effizient sein - hilfreich in Sachen Quote ist es nicht. Natürlich ist es Teil des Geschäftsmodells von Kabel Eins, mit mal mehr mal weniger gut laufenden Filmen und alten Serien große Teile des Programms so günstig zu füllen, dass am Ende eben selbst bei mauen Quoten noch ein ansehnlicher Gewinn herausspringt. Wenn der Sender sich nachhaltig aus dem Quotentief befreien will und RTLzwei, an dem man im Mai wieder vorbei zog, dauerhaft hinter sich lassen will, dann kann mehr Mut zu eigenem Programm jedenfalls nicht schaden.

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