Wenn in wenigen Wochen die neue Bundesliga-Saison beginnt, startet auch eine neue Rechteperiode. Die ausgehandelten Verträge zwischen der Deutschen Fußball Liga (DFL) und mehreren großen Medienhäuser werden dem deutschen Clubfußball binnen vier Jahren rund 4,4 Milliarden Euro in die Kassen spülen – also 1,1 Milliarden pro Spielzeit. Somit schaffte es die Liga – der Pandemie zum Trotz – die Einnahmen nahezu stabil zu halten. Zu den Rechtenehmern gehören fortan neben Sky und DAZN auch wieder die ARD, das ZDF, Sport1 oder neue Player wie Axel Springer oder Sat.1. Die Pakete umfassen nicht nur das Rechte, die eigentlichen 90 Minuten zu senden, sondern auch jede Menge Drumherum.



Christian Sprenger aus Köln begleitet den deutschen Profi-Fußball seit mehreren Jahrzehnten. In den 90ern war er Moderator und Interviewer bei Premiere, inzwischen interviewt er Spieler direkt für die DFL, arbeitet als Moderatoren-Coach und veröffentlicht eigene Podcasts unter der Marke "Sprenger spricht". Wo wie viele Spieler nach dem Spiel in Mikrofone sprechen müssen, sei inzwischen alles streng reglementiert, erzählt er. "Zuerst werden der Live-Rechteinhaber sowie die DFL, die für ihre internationalen Partner von jedem Team einen Protagonisten live interviewen, bedient. Dann kommt der Zweitverwerter, dann die DFL für die internationalen Magazine. Zu allerletzt örtliche Zeitungen oder private Radios", sagt Sprenger. "Bildlich gesprochen: Erst die Wiese, dann die Pappwand, dann die Journalisten hinter der Absperrung."

 

"Dass ein Topspieler des FC Bayern München eventuell keine Lust mehr hat, die Fragen der Print-Kollegen zu beantworten, nachdem er schon mit Sky, ARD, ZDF, der DFL, eventuell Sport1 und dem Hörfunk geredet hat, ist auch verständlich." Christian Sprenger



Vor allem mit dem Blick auf immense Rechtekosten sei "schon klar, dass damit auch gewisse exklusive Zugänge zu Protagonisten für Filmbeiträge und/oder Interviews" gefordert werden. Dafür werde mitgezahlt. "Dass ein Topspieler des FC Bayern München eventuell keine Lust mehr hat, die Fragen der Print-Kollegen zu beantworten, nachdem er schon mit Sky, ARD, ZDF, der DFL, eventuell Sport1 und dem Hörfunk geredet hat, ist auch verständlich." Jürgen Koers arbeitet bei den "Ruhr Nachrichten" und berichtet dort über die Geschehnisse von Borussia Dortmund. Er weiß: Vor allem an Spieltagen ist von den Print-Kollegen mittlerweile Geduld gefragt. "Als Medium, das nichts für die Rechte zahlt, wartet man gerne mal über eine Stunde, bis die Spieler in der Mixed Zone angekommen sind. Und dann sind es auch nur vom Verein ausgewählte Spieler, die zu uns geschickt werden – es gibt also keinen ganz freien Zugriff."

Mit Print-Journalisten würden oftmals ohnehin nur die Spieler sprechen, die vorher ihre Statements schon im Fernsehen abgegeben haben. "Dass zu den Print-Journalisten also ein Spieler kommt, der kein Fernsehinterview geben wollte, ist eher ausgeschlossen. Der Spieler taucht im Zweifel nur im klubeigenen Fan-TV auf", sagt Koers und Sprenger ergänzt: "Wenn ein Spieler die Mixed Zone zu den Nicht-Rechteinhabern hin durchläuft, steht der klassische Print-Journalist schnell in einer Traube von 30 Leuten."

 

"Als Journalist ist es sicherlich einfacher Zugang zu einem Spieler eines Zweitligisten zu bekommen und es ist nochmals einfacher Zugang zu einem Handball-Nationalspieler zu halten als zum dritten Torwart von Borussia Dortmund." Jürgen Koers



Die Zusammenarbeit mit Borussia Dortmund funktioniere leidlich gut, wie der "Ruhr Nachrichten"-Redakteur im Gespräch mit DWDL.de erzählt. Natürlich aber sei die Zusammenarbeit eine andere als mit kleineren Profivereinen. Heißt im Detail: Es sei möglich, einen guten Draht zu den Vereinsfunktionären zu halten. "Schwieriger wird es bei Spielern. Die Profis werden stark abgeschottet und schotten sich ob des riesigen medialen Interesses auch selbst ziemlich stark ab. Als Journalist ist es sicherlich einfacher Zugang zu einem Spieler eines Zweitligisten zu bekommen und es ist nochmals einfacher Zugang zu einem Handball-Nationalspieler zu halten als zum dritten Torwart von Borussia Dortmund", erzählt Koers. Der hohe mediale Druck habe die Fußballer mittlerweile zurückhaltender werden lassen. Koers: "Früher war quasi jedes Training öffentlich, man konnte die Spieler ansprechen. Zuletzt gab es beim BVB nur etwa eine medienöffentliche Trainingseinheit pro Monat."

Abseits von Spieltagen sind Treffen zwischen Print-Reportern und Spielern mitunter rar gesät – was möglich ist, hängt dabei auch stark vom jeweiligen Verein ab. "Der private Kontakt, über den früher viel lief, ist nahezu ausgeschlossen", berichtet Sprenger. "Die regionalen Medien, ob Zeitung oder Radio, haben auf der anderen Seite einen Vorteil. Dadurch, dass die klassischen TV-Sender ja oftmals und durch Corona noch häufiger, kaum noch redaktionelles Personal im Stadion haben, oftmals also aus der entfernten Box kommentiert wird, liegt das Pfund des persönlichen Kontakts zu Spielern oder Verantwortlichen bei ihnen. Das gilt es bestmöglich zu nutzen", sagt Sprenger zu DWDL.de.

Den "Ruhr Nachrichten" sei in der zurückliegenden Saison beispielsweise ein Interview mit BVB-Juwel Erling Haaland gelungen. "Das hat uns gefreut", sagt Koers. "Insgesamt mögen es circa acht Interviews in der Saison gewesen sein, die uns gewährt wurden. Ich weiß von anderen Bundesligisten, dass dortige lokale Medien teils eins pro Woche bekommen", erzählt der Print-Journalist, ergänzt aber direkt: "Nun ist der (internationale) Andrang auf den BVB natürlich aber auch unglaublich groß, weil der BVB eben unter den zwölf größten Vereinen der Welt ist."



Die Bundesligisten überlassen in puncto Öffentlichkeitsarbeit also immer weniger dem Zufall. Nicht ohne Folgen. Sprenger sagt: "Ich habe noch zu Beginn meiner TV-Zeit gelernt, wir Reporter rudern auf demselben See wie die Vereine, aber in zwei Booten. Mit Blick auf die Rechtekosten stelle ich mir schon oft die Frage, wie nah sich die Boote sind oder ob es nicht mittlerweile sogar des Öfteren ein und dasselbe Boot ist." Jegliche Bewertung, positiv wie negativ, wolle der ehemalige Premiere-Mann jedem selbst überlassen.

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