Eigentlich hätte Sat.1 gewarnt sein müssen. Nachdem die eigentlich sehr amüsante erste Staffel von "Promis unter Palmen" vor zwei Jahren durch fragwürdige Mobbing-Szenen einige Kratzer erhielt, wäre es ein Leichtes gewesen, die Spirale im zweiten Anlauf ein wenig zurückzudrehen. Die "Grenzen des normalen Zusammenlebens - und gegebenenfalls auch eine extreme Streitkultur", sollten "nicht überschritten werden", erklärte Produzent Rainer Laux vor etwas mehr als einem Jahr im Vorfeld der zweiten Staffel, die dann jedoch vollends zum Desaster wurde.

Erst überschattete ein Homophobie-Eklat den Auftakt und schließlich sorgte die folgende Debatte darüber dafür, dass der Sender das Format in der Folgewoche vorsorglich um eine halbe Stunde kürzte. Dass die Ausstrahlung wegen des plötzlichen Todes von Willi Herren letztlich vorzeitig abgebrochen wurde, kam dann noch erschwerend hinzu.

Doch zu diesem Zeitpunkt war das Image der Realityshow schon längst ramponiert und dem wenig später ins Amt berufenen Senderchef Daniel Rosemann blieb nichts anderes übrig, als "Promis unter Palmen" kurz darauf für immer zu den Akten zu legen, was aus Sicht von Sat.1 auch deshalb tragisch anmutet, weil die Sendung als quotenstärkster Neustart des Senders seit Jahren von sich reden machte.

Daniel Rosemann © ProSiebenSat.1 Sat.1-Chef Daniel Rosemann
Wenn an diesem Mittwoch nun also der "Club der guten Laune" öffnet und Sat.1 wieder auf eine Promi-Realityshow in einer thailändischen Strandvilla setzt, noch dazu produziert von Rainer Laux, dann ist das auch vor dem Hintergrund der Ereignisse des Vorjahres zu sehen. "Gutes Reality-TV ist großartige Fernsehunterhaltung. Aber der Kompass muss richtig kalibriert sein", sagte Daniel Rosemann schon vor elf Monaten und kündigte vor wenigen Wochen an, mit dem neuen Format zeigen zu wollen, dass Reality-Fernsehen Teilnehmenden wie Zuschauerinnen und Zuschauern "im wahrsten Sinne des Wortes gute Laune machen kann".

Tatsächlich legen erste Ausschnitte, die im Vorfeld der TV-Ausstrahlung zu sehen waren, den Eindruck nahe, als habe Sat.1 aus den Fehlern gelernt - wenn auch mit Verspätung. Im Kern ist der "Club der guten Laune" ein auf freundlich getrimmtes "Promis unter Palmen". Zwar gibt's im Nachfolge-Format reichlich Liebes-Drama, das offensichtlich in einer Beziehung zwischen den Reality-erprobten Protagonisten Jenny Elvers und Marc Terenz mündet. Doch offensichtlich haben Sender und Produktionsfirma den Stars und Sternchen im Vorfeld deutlich zu verstehen gegeben, dass Grenzüberschreitungen nicht erwünscht sind.

Friede, Freude, Frohsinn

Auf diese hatten es die Verantwortlichen ein Jahr zuvor jedoch bei "Promis unter Palmen" noch selbst angelegt, indem sie mit Marcus Prinz von Anhalt zum wiederholten Male einem Mann den roten Primetime-Teppich ausrollten, der in der Vergangenheit unter anderem schon wegen versuchter räuberischer Erpressung, gefährlicher Körperverletzung, Zuhälterei und Menschenhandels verurteilt worden war. Dagegen liest sich die Strafakte von Schauspieler Martin Semmelrogge, der nun im "Club der guten Laune" antanzt, fast schon wie eine harmlose Gute-Nacht-Geschichte.

Ja, diesmal soll alles besser werden - wirklich, beschwichtigt Sat.1. Bewährtes Reality-Personal, darunter Julian F.M. Stoeckel, Ex-Dschungelkönig Joey Heindle oder Ballermann-Sänger Lorenz Büffel, sollen in malerischer Kulisse für "Friede, Freude und Frohsinn" sorgen, wie ein Trailer nahelegt. Stoeckel, mit Dschungel-Erfahrung gesegnet, klang bei einer Pressekonferenz zum Start der Show beinahe schon wie die Stimme der Vernunft. "Es ist schwieriger geworden, Stars zu finden, die positive Unterhaltung in den Mittelpunkt stellen", räumte er ein. "Dass Sat.1 jetzt sagt, wir machen es anders, ist mutig."

Ähnlich äußerte sich die ehemalige "Topmodel"-Kandidatin Theresa Fischer, die sich ebenfalls auf den "Club der guten Laune" eingelassen hat. "Ich bin per se an Realityformaten interessiert", sagt sie, "aber die letzten Jahre haben mich abgeschreckt." Dass man oft nur Sendezeit bekommen habe, wenn man sich am Mobbing beteiligte, habe ihr nicht gefallen. Hat Sat.1 also wirklich aus den Fehlern des Vorjahres gelernt? Es wäre dem Sender, vor allem aber dem Reality-Genre zu wünschen. Irgendwie muss es doch möglich sein, das Publikum auch ohne Spucken, Kratzen oder homophobe Sprüche zu unterhalten. Andernfalls hätte das Privatfernsehen ein ernsthaftes Problem.

"Club der guten Laune", mittwochs um 20:15 Uhr, Sat.1