Die Grundlage für Vox wurde 1990 gelegt. In diesem Jahr trat der "Westschienen-Staatsvertrag" in Kraft, mit dem die Länder Bremen, Hessen, Nordrhein-Westfalen und das Saarland den Weg frei machen für ein weiteres privates, via Satellit verbreitetes Fernsehprogramm. Dieses solle eine "anspruchsvolle Alternative" zu den bestehenden Sendern sein, zwischenzeitlich wurde gar über eine Beteiligung des öffentlich-rechtlichen WDR diskutiert, für die sich damals die SPD aussprach.
Dazu kam es nicht, doch der zu Beginn noch "Westschienenkanal" genannte Sender, hinter dem anfänglich die Bertelsmann-Tochter UFA, die Westdeutsche Medienbeteiligungsgesellschaft (West LB), Time Warner, der Holtzbrinck-Verlag und die dctp von Alexander Kluge steckten, wollte Fernsehen mit Anspruch machen, eine Art öffentlich-rechtliches Programm aber ohne den Staub vergangener Tage - in einer Zeit, in der das Privatfernsehen ansonsten vor allem durch Sendungen wie "Tutti Frutti" auffiel. Auf der Suche nach einem besseren Namen für den "Westschienenkanal" entschied man sich 1992 dann für "Vox", also das lateinische Wort für "Stimme". "Gesprochen mit weichem 'v' (also wie 'w') und mit kurzem 'o'", wie es in einem Rundschreiben an alle Vox-Mitarbeiter im Mai 1992 hieß.
Der Start - und gleich auch wieder das drohende Aus
Entsprechend der hochfliegenden Pläne fiel auch die erste Vox-Werbekampagne aus. "Täglich verlieren Sie 1000 Gehirnzellen. Retten Sie den Rest" hieß es da etwa, oder "Die einen bleiben dumm. Die andern schalten um." Und die "taz" berichtete wenige Tage nach dem Start unter dieser Überschrift über die Pläne des Senders: "In einem Jahr so weit wie ARD und ZDF". Andernorts versprach man ein "neuartiges TV-Erlebnis" und gleich eine ganz "neue TV-Landschaft". "Wir können das Fernsehen zwar nicht neu erfinden", gab der damalige Programmdirektor Ruprecht Eser gegenüber der "Süddeutschen Zeitung" zu Protokoll, "aber wir können neues Fernsehen machen, seriös und unterhaltsam."
Das Video wurde von Vox zum 15. Geburtstag veröffentlicht. Wir zeigen es hier noch einmal
Und so gab man sich zum Start des "Ereignisfernsehens" sichtlich Mühe, dem Anspruch gerecht zu werden. Zum Sendestart am 25. Januar 1993 gab es mit "punkt vox" stündliche Nachrichten, die Hauptausgabe "welt vox" begann um 19:45 Uhr, dauerte eine halbe Stunde und trat damit direkt gegen die "Tagesschau" an. Es gab in "vis à vox" täglich ein Interview, es gab einen täglichen Nachmittags-Talk, es gab Satire bei "xov" und mit "SPRINT" und später "SPURT" eine tägliche Sportsendung. Selbst Live-Sport hatte der Sender im Programm. Schon im August 1993, also wenige Monate nach Sendestart, übertrug Vox live die US Open - ein Kraftakt. 40 Mitarbeiter waren in New York im Einsatz - der übriggebliebene Rest durfte notgedrungen in Köln im Schichtdienst arbeiten.

Die ersten Monate waren aber auch allgemein mit Blick auf die Quoten und wirtschaftlichen Kennzahlen von großer Ernüchterung geprägt. Schon im Sommer des ersten Jahres wurde Gründungsgeschäftsführer Erich Staake durch Bernd Schiphorst ersetzt, Ruprecht Eser musste seinen Platz als Programmdirektor für Klaus Klenke räumen. Am Ende des ersten Jahres wies Vox im Schnitt trotzdem nur 0,05 Millionen Zuschauer und einen Marktanteil von 1,5 Prozent in der Zielgruppe aus - und das sollte sich auch in den kommenden Monaten nicht wesentlich bessern.
Das konnte nicht allzu lange gut gehen - und das ging es auch nicht: Am 1. April 1994 ging Vox in die Liquidation. Mehr als 250 Mitarbeiter mussten den Sender verlassen, viele wechselten zum neu gegründeten Sendezentrum Köln, woraus später CBC und inzwischen RTL Technology wurde. Wer blieb, hatte die Aufgabe, wenigstens ein Notprogramm aufrecht zu erhalten - in dieser Zeit startete übrigens "Wa(h)re Liebe" mit Lilo Wanders -, Vox nicht sterben zu lassen und händeringend nach einem neuen Geldgeber zu suchen.
Rupert Murdoch als Retter in der Not
Einen solchen fand man im Sommer - und es war jemand, mit dem wohl die wenigsten gerechnet hatten: Rupert Murdoch und seine News Corp stiegen mit fast 50 Prozent bei Vox ein, dazu kam die französische Canal+. Weitere Inhaber blieb UFA. Unter Geschäftsführer Markus Tellenbach gelang es Vox in der Folgezeit dann endlich Fuß zu fassen. Von den hochfliegenden Plänen zum Senderstart musste man sich aber gleichwohl verabschieden.

Während das Programm anfänglich von Magazinen und Reportagen und nach kurzer Zeit von älteren Filmen und Serien geprägt war, begannen sich Image und Ausrichtung des Senders ab 1997 zu wandeln. Möglich machte es der erste große Output-Deal mit 20th Century Fox. Fortan gehörte auch aktuellere US-Ware zum Programm des Senders. Und es war auch 1997 als Vox das große Thema "Kochen" für sich entdeckte. Mit dem "Kochduell" mit Britta von Lojewski ging die erste tägliche Kochshow auf Sendung - und es sollten bis heute noch etliche folgen. 1997 war aber auch das Jahr des großen Blackouts - 36 Minuten lang sendete Vox am 13. Juli: nichts. Nach einem Blitzeinschlag ging bei Vox gar nichts mehr, nicht mal die Einblendung "technische Störung". Erst nach über einer halben Stunde Schwarzbild ging es weiter mit dem Film "Kentucky Fried Movie".
Schäferkordt brachte den Erfolg, Hoffmann baute ihn aus

Und noch etwas sollte die künftige Entwicklung von Vox entscheidend beeinflussen: Kurz vor Weihnachten übernahm RTL die Vox-Anteile von Murdoch, wenig später auch die von Canal+. Der Sender wechselte damit zu annähernd 100 Prozent in den Besitz der RTL Group, wo er fortan mehr und mehr eingebunden werden sollte - und in der Folgezeit angesichts sinkender Marktanteile beim großen Bruder RTL zu einer sehr wichtigen Stütze avancierte.

Nach fast sechseinhalb Jahren war die Schäferkordt-Ära bei Vox im April 2005 zu Ende. Denn anders als das stetig zulegende Vox war der große Bruder RTL ins Schlingern geraten - was lag also näher, als die Person zu sich zu holen, unter deren Ägide Vox so erfolgreich wurde? Und Schäferkordt kam nicht mit leeren Händen, sondern brachte mit "CSI: Miami" und später auch "CSI" auch noch zwei der größten Vox-Erfolge zu RTL mit. Verluste, die Vox unter Schäferkordt Nachfolger Frank Hoffmann überraschend problemlos zu kompensieren wusste. Vox zeigte sich tatsächlich in den folgenden Jahren stärker denn je. In den Jahren 2005 bis 2007 gewann das Wachstum sogar noch an Dynamik. Von 5,5 Prozent im Jahresschnitt 2004 stieg der Marktanteil bei den 14- bis 49-Jährigen auf 7,9 Prozent im Jahresschnitt 2007 - bis heute der Höchstwert in der Sendergeschichte.
Ein neues Selbstverständnis unter Bernd Reichart

Auf Hoffmann folgte ab 2013 Bernd Reichart an der Vox-Spitze - und brachte ein neues Selbstverständnis mit, indem er vermeintliche Gesetzmäßigkeiten des deutschen Fernsehmarktes einfach nicht beachtete. Der Aussage, ein Sender wie Vox produziere keine eigenen Serien, stellte er die Frage: "Warum denn eigentlich nicht?" entgegen - und gab "Club der roten Bänder" in Auftrag, mit ihm persönlich als zuständigem Senderredakteur.

Als 2019 dann Sascha Schwingel die Nachfolge von Bernd Reichart an der Vox-Spitze antrat, gab er als Ziel aus, Sat.1 in der Zielgruppe 14-49 zu überholen und so auch hier in die Top 3 der Privatsender vorzudringen. 2022 ist das tatsächlich auch auf Jahressicht erstmals gelungen. Inzwischen lassen sich mehr Eigenproduktionen durch die Kooperation mit RTL+ stemmen - was den linearen Quoten freilich nicht immer gut tut. Nicht geändert hat sich hingegen, dass man vielen Vox-Produktionen, insbesondere im Factual-Bereich, die eigene Handschrift des Senders noch immer ansieht. Möge sich der Sender das bewahren - auch wenn er inzwischen in die erste Riege der Privaten aufgestiegen ist.