Wenn auf einem Medienpanel in Österreich zum Thema Fake News diskutiert wird, kommt man nicht umhin, auf einen sehr aktuellen Fall zu verweisen. In einem ORF-Nachrichtenbeitrag des langjährigen Korrespondenten Christian Wehrschütz fand sich zuletzt russisches Propagandamaterial, das in einem völlig falschen Zusammenhang gezeigt wurde. Der ORF machte den Fehler transparent und entschuldigte sich. Aber natürlich musste ORF-Generaldirektor Roland Weißmann am Mittwoch bei den Österreichischen Medientagen noch einmal Stellung zum Fall beziehen. 

Weißmann erklärte, dass solche Fehler nicht passieren sollen, es aber durchaus dazu kommen könne. Wichtig sei es, bei solchen Dingen transparent zu sein. Das habe man im Fall des Nachrichtenbeitrags geschafft. Weißmann irritierte aber auch mit einer Aussage, die er zuletzt schon einmal tätigte. So erklärte der ORF-Chef in dem vollbesetzten Saal in Wien, dass die TV-Chefredaktion des ORF nun ein "Kontrollsystem intern aufgesetzt" habe, "damit sowas nicht mehr passiert". Was nicht zuletzt die Frage aufwirft, ob es eine solche Kontrolle im ORF zuvor überhaupt nicht gegeben hat. 

SWR-Intendant und ARD-Vorsitzender Kai Gniffke pflichtete Weißmann im Grundsatz bei. "Auch wir haben vor Kurzem einen Bock geschossen", erklärte er, ohne genauer darauf einzugehen, sodass unklar blieb, was genau Gniffke eigentlich meinte. Das wichtigste sei in solchen Fällen, transparent zu sein. Und natürlich bemühe man sich, so wenige Fehler wie möglich zu machen. 

Im Fall von Christian Wehrschütz meldete sich auf den Medientagen auch Karoline Edtstadler, österreichische Bundesministerin für EU und Verfassung, zu Wort. Sie erklärte in ihrer Rede ganz zu Beginn der Veranstaltung, dass man die Ukraine im Rahmen der Möglichkeiten immer unterstütze. Da erwarte man sich aber auch, dass das Land nicht willkürlich entscheide, welche Journalistinnen und Journalisten aus der Ukraine berichten dürfen - und welche nicht. Es ist eine Spitze in Richtung der Ukraine: Zuletzt legten Presseberichte nahe, dass die Ukraine erwägt, die Akkreditierung von Wehrschütz nicht zu verlängern. Noch steht die Entscheidung aber gar nicht aus und offiziell gibt man sich beim ORF auch noch optimistisch. Sie sei jedenfalls erstaunt darüber gewesen, wie vergleichsweise klein der Aufschrei in der Branche gewesen sei, so Edtstadler.

"Overnewsed, aber underinformed"

Dass zum Thema "Säulen der Gesellschaft: Medien als Bastion gegen Fake News" lediglich zwei Vertreter des öffentlich-rechtlichen Rundfunks auf der Bühne in Wien standen, mag einige Zuhörerinnen und Zuhörer des Panels verwundert haben. Vielleicht ja auch Kai Gniffke, der betonte, im Kampf gegen Fake News brauche es "verlässliche Marken und Institutionen" - und hier natürlich an vorderster Front die Öffentlich-Rechtlichen sieht, aber auch Tageszeitungen ganz explizit erwähnte. 

Den Rundfunkbeitrag bezeichnete Gniffke als nichts weniger als einen "großen zivilisatorischen Fortschritt", weil es unter anderem bedeute, dass niemand mehr bei den Menschen schnüffele, ob sie ein Empfangsgerät hätten. Außerdem sei der Beitrag fairer als die zuvor geräteabhängig erhobene TV-Gebühr. 

Das ging natürlich vor allem bei ORF-Chef Roland Weißmann runter wie Öl, in Österreich steht die Umstellung auf eine geräteunabhängige Haushaltsabgabe Anfang des kommenden Jahres an. Weißmann unterstrich dann auch noch einmal, dass diese dann für rund drei Millionen Haushalte niedriger ausfalle als bislang. Aber auch hier betonten zuletzt der ORF bei seiner Programmvorstellung und auch jetzt Weißmann bei den Medientagen seltsamerweise sehr offensiv, "künftig Programm für alle" machen zu wollen. Und man möchte am liebsten fragen: Für wen wurde denn bislang Programm gemacht? 

"Orientierung ist unsere Aufgabe", erklärte der ORF-Chef am Mittwoch in Wien. Und das ist bisweilen ja gar nicht so einfach in einer Zeit, in der Fake News und auch Fake-Bilder das Netz schwemmen. Weißmann erklärte daher auch, viele Menschen seien heutzutage "overnewsed, aber underinformed". Auch hier schrieb er Medien, speziell den Öffentlich-Rechtlichen, eine besondere Verantwortung zu. 

Als Kai Gniffke auf der Bühne erklären sollte, wann er gedruckte Zeitungen liest, wurde es überraschend. Zuhause lese er die Angebote zunächst digital, so der ARD-Vorsitzende. Im Büro esse er sein Pausenbrot, nehme sich einen Kaffee und lese die gedruckte "Bild"-Zeitung, so Gniffke, was zu Gelächter im Saal führte. 

Was ChatGPT von RTL hält

Inga Leschek © Johannes Brunnbauer Inga Leschek: "Ich weiß wo du wohnst, ChatGPT!"
Und es sollte nicht die einzige überraschende "Bild"-Anspielung auf den Österreichischen Medientagen bleiben. Beim anschließenden Panel "Content & Commerce" diskutierten RTL-Programmgeschäftsführerin Inga Leschek, ProSiebenSat.1Puls4-Chef Markus Breitenecker, Unternehmer Georg Kofler und "Bild"-CEO Claudius Senst. Und als Inga Leschek über den "Bachelor" und andere langlebige RTL-Marken sprach, brach es irgendwann aus Moderator Marcus Englert heraus: Über den "Bachelor" erfahre er eigentlich alles nur in der "Bild". Da konnte Claudius Senst nicht mehr an sich halten, er hatte zuvor auch schon den Ausführungen von Kai Gniffke gelauscht. "Wir werden unserem Anspruch hoher Reichweiten gerecht", so der CEO der Bild-Gruppe. 

Inga Leschek musste sich dann noch für Aussagen rechtfertigen, die ChatGPT über RTL getroffen hatte. So hatte die KI (neben einigen positiven Aspekten) unter anderem auch behauptet, RTL fördere mit seinem Programm oberflächliche Inhalte und liefere keinen Mehrwert zu gesellschaftlich wichtigen Debatten. Leschek konterte mit den vielen Info- und Magazin-Strecken im Programm. "Wir sind der Mainstream-Unterhalter und da gehört auch die Information dazu", so die RTL-Chefin. "Wir übererfüllen unseren nicht vorhandenen Auftrag", sagte Leschek im Hinblick auf den Bildungsauftrag, den bekanntlich nur die Öffentlich-Rechtlichen haben. Und dann schob sie auch noch eine kleine Warnung in Richtung KI hinterher: "Ich weiß wo du wohnst, ChatGPT!"

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