Foto: EndemolAuch hier geht bald schon wieder ein Ruck durch die Hausgemeinschaft. Während die einen von der ersten Minute an emsig bei der Sache sind, tapern andere noch hinterher, bei der Suche nach Hinweisen, die im Haus versteckt sind. Ein Hinweis besteht aus einen Rätsel – mal ein Rebus, mal ein Worträtsel, mal in Eiswürfel eingefrorene Buchstaben, die es in die richtige Reihenfolge zu bringen gilt. Die Lösung gibt einen Wink, wo die nächste Spur zu finden ist. Die Gruppe gewinnt an Fahrt – es wird rabiater. In einem Kissen soll sich ein Hinweis befinden. Der Gedankenanflug, eines der Fleischermesser zu Hilfe zu nehmen, wird schnell verworfen. Wird es zu bunt, weist der als „Big Brother“ getarnte Redakteur die Spiel- und Krabbelgruppe zurecht.

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Spästestens nachdem man im Schlafzimmer die Kissen durchwühlt, sich am Backofen vergangenen und im Pool geplanscht hat, hat das Fieber alle gepackt. „Big Brother“, der mal verzerrt und mal genervt kommentiert, steht hilfreich zur Seite. „Wir haben es nicht auf Augenhöhe versteckt“ gibt es zu hören, oder auch mal die Bitte – freundlich im Ton, aber bestimmt in der Sache –, doch nicht allzuviel im Haus kaputt zu machen, was auch fast gelingt. Während des Matches gestattet es „Big Brother“ auch, den Rasen zu betreten. Der ist neu eingesät und ziemlich matschig. Schade eigentlich, dass das Wetter nicht mitspielt. Der Garten versprüht eine Stimmung irgendwo zwischen Kleinstadt-Tierpark – vereinzelt Pflanzen mit komischen Namen und keine Tiere aber alles sehr gepflegt – und frisch gekauftem Haus eines Medienschaffenden – glatt, harmonisch und immer einen Hauch von ansprechender Ästhetik entfernt.

 

 

Es ist erstaunlich zu beobachten, wie die Gruppe im Sog des Spiels verschwindet. „Big Brother“, der Menschenschinder, gibt immer mal wieder durch, dass nur noch wenige Minuten bleiben, den Schatz – der sich später als Piccolöchen und Pressemappe erweist – zu heben. Es wird nun auch schonmal gejohlt, gekreischt, gerannt. Und schließlich gefeiert. Komm, wir finden einen Schatz. Um so größer die Ernüchterung am Ende des Spiels.

Foto: EndemolMan linst auf die Uhr. Anschlusstermine! „Big Brother“ ruft ins Sprechzimmer. Wer war gut für die Gruppe, wer nicht? Bemühen um Diplomatie in den Aussagen. Es folgt beim Verlassen des Sprechzimmers das ungute Gefühl, mehr zu wissen als die anderen – sie vielleicht verraten zu haben, einfach nur, weil man fünf Minuten Kontakt zu jemandem von außen hatte. Sind etwa vor „Big Brother“ doch nicht alle gleich? Hat man sich – trotz bester Vorsätze – doch nicht lieb? Irgendwann bestimmt. Der Aufenthalt ist zu kurz, das zu ergründen. Doch spätestens als das Presse-Ensemble zum Abschied aus voller Kehle den Werbesong einer Bratwurstmarke anstimmt – wieso eigentlich? Wahrscheinlich einfach nur weil es geht. – da wird einem klar, wie schnell man der inneren Logik der Sendung verfällt. Die Logik ist ganz einfach: Wenn du drin bist, gibt es kein draußen. Und seinen Nachnamen gibt man an der Tür gleich mit ab.

Keine Zeit mehr, darüber nachzudenken. Es ist vier Uhr. Das Spiel ist aus. Alle haben gewonnen. Der Weg zurück in den Aufenthaltsraum, in dem die Presse ihre Insignien – Telefon und Digitalkamera – zurückerhält erweist sich als Spießrutenlauf. Die Menschen in den Teambaracken gucken so komisch – so als wüssten sie was, vermutlich haben sie es gesehen. Tröstlich der Gedanke, dass sie in den vorausgegangenen Staffeln sicher schon eine Menge gesehen haben. Da ist einem nichts Menschliches mehr fremd, redet man sich ein. Oder? Dankbar werden die Handys in Empfang genommen. Endlich wieder auf sicherem Terrain machen die Journalisten das, was sie am besten können: Den Mitarbeitern der Sendung ein Mikrofon unter die Nase zu halten und ein Loch in den Bauch zu fragen – so als gäbe es was auszugleichen.