Aus dem Herbst 2023 blieb eine Bemerkung von ProSiebenSat.1-CEO Bert Habets in Erinnerung: Er gab im Oktober im großen DWDL-Interview zu, mit Blick auf den Werbemarkt bereits in 2024 zu sein. Er verbreitete zugleich aber auch Optimismus, da er noch nie zwei Jahre in Folge einen so deutlichen Rückgang des Werbemarktes erlebt habe. Entsprechend sei sein Optimisus gestiegen, sagte er damals. Die konjunkturelle Entwicklung beschäftigt und bewegt natürlich auch die großen Produktionsfirmen, die mit gemischten Gefühlen auf das frisch gestartete neue Jahr blicken.

Marcus Wolter © Banijay Marcus Wolter
Voller Vorfreude gehe man bei Banijay ins Jahr 2024, sagt CEO und Co-Founder Marcus Wolter etwa zu DWDL. "Es ist nicht die Zeit für Experimente, es ist die Zeit für verlässliche Performance. Die Kunden setzen in Zeiten engerer Spielräume auf die verlässlichsten Marken, die besten Köpfe und die stärksten Showrunner. Das bekommen sie von uns deshalb gehen wir mit positiver Energie ins neue Jahr", sagt er. Und auch Sascha Schwingel, seit einigen Monaten CEO der UFA, äußerte Zuversicht. Gespannt und mit Vorfreude blicke er auf 2024, sagte Schwingel. 2024 sei "das Jahr der Chancen."

 

Selbst bei erfolgreichen Formaten ist eine Fortsetzung mitunter nicht mehr sicher. Filmpool-COO Felix Wesseler

 

Von "enormen Herausforderungen" spricht derweil Felix Wesseler, der Chief Operation Officer von Filmpool. Die größte Herausforderung für die Branche und somit auch für Filmpool sei eben jener Werbemarkt und damit verbunden die "enorme Zurückhaltung" der Sender. Selbst bei erfolgreichen Formaten sei eine Fortsetzung mittlerweile nicht mehr sicher, sagt Wesseler.

Felix Wesseler © Filmpool Felix Wesseler
Filmpool mag von der Situation in besonderer Form betroffen sein. Das Produktionsunternehmen sei durch hochvolumige Aufträge in der Lage, "Programme günstig" anzubieten – "was schwieriger wird, wenn eine Bestellung aus Vorsicht nur einige Folgen umfasst", sagt der Fernsehmacher, der allerdings auch ein Umdenken bei den Sendern in Hinblick auf die Programmbeschaffung festgestellt hat. "Der USP der deutschen Sender kann nur aus originär für sie produziertem Programm kommen, und das liefern eben auch wir. Das ist eine Chance für alle Contentproduzenten." Genau eine solche Richtung hatte im Dezember verstärkt ProSiebenSat.1 eingeschlagen – und Hollywood großflächig abgeschrieben.
Christiane Ruff © ITV Studios Christiane Ruff
In ein ähnliches Horn bläst auch Christiane Ruff, die Chefin von ITV Studios Germany, die von einer Hoffnung spricht, dass der Werbemarkt sich in diesem Jahr nun zumindest "stückweise erholt, damit die Sender ein bisschen Angst vor neuen Aufträgen verlieren und wir mit neuen Programmen punkten können." Jobst Benthues, Geschäftsführer Red.Seven Entertainment, äußert derweil den Glauben, dass sich "gute Ideen weiterhin durchsetzen können". Starker Content würde immer seinen Weg finden. Auch er spricht von "herausfordernden Zeiten", sieht aber immerhin die Pipeline seiner Firma "bereits jetzt gefüllt mit einer Mischung aus bekannten und neuen Formaten" – für Sender der ProSiebenSat.1-Gruppe, aber auch für externe Plattformen.
Jobst Benthues © Redseven Entertainment Jobst Benthues
So überrascht es also nicht, dass die Verantwortlichen bei den großen Produktionsfirmen in den kommenden Monaten den Fokus auf große und bekannte Marken richten. Bei ITV werde das Kernthema im ersten Halbjahr der in Kürze bei RTL startende Dschungel sein. "Wie in jedem Jahr starten wir damit in das neue Fernsehjahr", berichtet Ruff. Auch Jobst Benthues erwähnt zwei Formate, die schon über Jahre im Programm zu finden sind. "Das Jahr beginnt gewichtig mit unserem Longrunner 'The Biggest Loser', der unter bewährtem Titel in die Sat.1-Primetime zurückkehrt. Auf ProSieben startet die 19. Staffel von 'Germany’s Next Topmodel – by Heidi Klum', deshalb steht das erste Halbjahr für uns natürlich vor allem im Zeichen von GNTM", sagt der Fernsehmacher.

Filmpools Suche nach dem "Köln 50667"-Nachfolger

Bestehende Programme zu pflegen steht derweil auch bei Filmpool ganz oben auf der Agenda. Ebenfalls Aufgabe: Sich von "Köln 50667", das gegen Mitte des Jahres von der RTLzwei-Bildfläche verschwinden wird, zu verabschieden. Ziel sei es, dass Filmpool dann auch den Nachfolger für dieses Format liefern darf. Und auch für die danach folgende Zeit hat das Unternehmen die langjährige Daily-Soap noch nicht begraben. Man schaue sich, so Wesseler, "gemeinsam mit unserer Schwesterfirma Magic Connection an, ob und wie und wo man die Marke, natürlich nach Rücksprache mit dem bisherigen Sender RTLzwei, komplett ins Digitale übertragen kann. Online sind wir ja sowohl in Social als auch im Streaming nach wie vor stark." Und dann stellt er auch eine "wirklich spannende Factual-Daily" in Aussicht. Die sei in Entwicklung und könnte ein erfolgreiches Genre wiederbeleben.Bei Red.Seven Entertainment soll 2024 das Thema Dating eine noch größere Rolle spielen als bisher – wenig verwunderlich, produziert man doch für Netflix eine deutsche Version von "Love is Blind". Zudem ergänzt Benthues: "Die Einstiegs- und Ausbildungsmöglichkeiten bei Redseven sind und bleiben ein wichtiges Fokusthema innerhalb unserer Firma: Auch 2024 wollen wir unsere Young Talents fördern und noch sichtbarer machen." 

 

Mein zentraler Gedanke: Wir werden die Kreativität radikal ins Zentrum unseres gemeinsamen Schaffens stellen. UFA-CEO Sascha Schwingel


Sascha Schwingel © RTL / Boris Breuer Sascha Schwingel
Für Sascha Schwingel, Nachfolger von Nico Hofmann auf dem Chefsessel, wird 2024 das erste volle Kalenderjahr in oberster Verantwortung bei der UFA. "Ein renommiertes Produktionshaus wie die UFA durch so bewegte und hochspannende Zeiten in die Zukunft zu steuern, sind Privileg und Verantwortung zugleich", sagt er. Sein zentraler Gedanke für die zwölf Monate des Jahres: Kreativität "radikal" ins Zentrum des gemeinsamen Schaffens zu stellen. "Neben der Pflege und Weiterentwicklung unserer erfolgreichen Programmmarken im scripted und non scripted Bereich wollen und werden wir mit Neuem überraschen. In Zusammenarbeit mit herausragenden Talenten wollen wir unser Potenzial als Teil des globalen Netzwerks von Fremantle voll entfalten."

Auf den Einsatz von Talent spielt übrigens auch Marcus Wolter an. Der Banijay Germany-Chef erwartet in 2024 ganz allgemein, dass Kunden und Partner auf "maximale Erfolgswahrscheinlichkeit" setzen werden. Der Trend zur Vermeidung von Flops dürfte 2024 also wohl nicht enden. Und diesbezüglich sieht sich Wolter gut aufgestellt, da er bezogen auf das eigene Programm von einer 2023 erreichten Hitrate von 85 Prozent spricht. "Wir haben jedes Jahr die Chance mit unseren starken Formaten, Brands und Stars Entertainment-Geschichte(n) zu schreiben, Zeitgeist zu prägen und Menschen zu bewegen. Was gibt es Schöneres?"