Sie fällt zweifelsohne auf, die neue People-Zeitschrift "Talk to go" aus dem Hause des zur Essener WAZ-Gruppe gehörenden Westdeutschen Zeitschriften Verlags. Das Tabloid-Format auf Zeitungspapier sticht zwischen dem Einerlei der People-Presse hervor und lockt seit Dienstag mit einem Preis von nur 90 Cent. DWDL.de hat keine Kosten und Mühen gescheut, das Geld auf den Tisch gelegt und sich den neuen Titel genauer angeschaut. "Talk to go" wurde mit Spannung erwartet, weil es in der Branche als Angriff auf die "InTouch" vom Bauer Verlag verstanden wurde und zuletzt noch Schlagzeilen die Runde machten, dass der Titel doch nicht komme. Jetzt ist "Talk to go" allerdings da - zunächst drei Wochen lang in einigen Regionen Deutschlands mit einer Auflage von 100.000 Exemplaren.
Der erste Eindruck beim Durchblättern ist kein inhaltlicher: "Talk to go" ist völlig werbefrei. Ein Umstand, der offenbar insbesondere der Kurzfristigkeit des Markttests geschuldet ist. Damit würde sich manche inhaltliche Unachtsamkeit erklären. So scheint "Talk to go" ursprünglich auch mal den Arbeitstitel "Stars to go" gehabt zu haben. Zumindest wird auf Seite 52 ein "Stars to go"-Filmexperte zitiert. Doch vom Detail zurück zum Cover des neuen People-Blatts mit der Dachzeile "Stars zum Mitnehmen". Die Erstausgabe soll sich über den Aufmacher "Beach-News! Die 30 besten und schlimmsten Bodies" verkaufen. Die achtseitige Story hat nur einen Schönheitsfehler. Anders als es dem Leser suggeriert wird, sind manche Promi-Fotos mindestens ein Jahr alt.
Ein genauerer Blick auf das Cover und die Titelthemen der Erstausgabe offenbart ein wenig zu viel Verwandtschaft mit der eingestaubten Senioren-Yellowpress, Insbesondere, weil "Talk to go" als Versuch der "WAZ"-Gruppe gilt, im Segment der jüngeren People-Blätte und Frauenzeitschriften Fuß zu fassen. Leider erinnert die billige Anpreisung der kleineren Titelthemen allerdings sehr an Titel wie "Echo der Frau" oder "Das goldene Blatt". Modern wirkt es nicht. Im Innenteil kommt "Talk to go" etwas frischer daher, setzt sehr stark auf großformatige Bilder und Überschriften und weniger auf Text - riskant wenn manche Bilder at sind und sie auf Zeitungspapier nun einmal ohnehin nicht besonders gut aussehen.
Auch an der Qualität mancher Texte sollte gearbeitet werden, wenn "Talk to go" die Testphase übersteht. Peinlich geraten ist zum Beispiel eine Art Kurz-Portrait von Til Schweiger, bei dem man dann zwar stolz ein Foto des "Talk to go"-Reporters mit Til Schweiger zeigt, doch als Leser fragt man sich: Wozu? Die Story ist so kurz, so peinlich - dafür hätte man Schweiger nicht treffen müssen. Was bietet "Talk to go" sonst? Alles, was üblich ist. Von "Breaking News" über bildstarke Seiten in der Rubrik "Wir sehen alles" bis hin zu der ein oder anderen etwas längeren Story. Auch die typischen Styling-Seiten fehlen ebenso wenig wie Horoskop und Rätsel.
Die Erstausgabe von "Talk to go" hat ohne jeden Zweifel ihre Schwächen im Detail. Doch sie hat auch etwas anderes: Einen so günstigen Preis, dass sich manches Ärgernis verzeihen lässt. Überhaupt ist der Titel im Grunde nur konsequent: Billige Promi-Storys und -fotos für zwischendurch, mal eben schnell gekauft und unterwegs gelesen - eben "Talk to go - Starts zum Mitnehmen". Dass man keine Zeitschrift für den Couchtisch macht, ist damit quasi schon im Titel festgehalten. Das Zeitungspapier führt unweigerlich auch zu der üblichen Zeitungshaptik, von der ein gewisser Reiz ausgeht. Konsequent vermittelt "Talk to go" weder ein schlechtes Gewissen, gerade zu viel für Klatsch und Tratsch ausgegeben zu haben - noch hat man Skrupel es nach der Lektüre in den Müll zu werfen.
Wenn das Team um Chefredakteurin Sabine Ingwersen, bis Herbst 2008 übrigens Chefredakteurin bei "Frau im Spiegel", jetzt noch am Cover arbeitet und am Kiosk damit weniger bieder daher kommen würde, könnte es klappen. Doch eins wird "Talk to go" auch mit Detail-Verbesserungen nicht: Eine Konkurrenz für Bauers "InTouch". Entsprechende Spekulationen aus der Branche wirken jetzt, da "Talk to go" vorliegt, beinahe peinlich. Zwischen den beiden Titeln liegen Welten - nicht unbedingt inhaltlich, aber bei Format und Papier. Bei dem Versuch eine Konkurrenz zu dem in den vergangenen Jahren entstandenen Segment der günstigen, jungen People-Zeitschriften ("In", "O.K.", "InTouch") zu schaffen, ist die WAZ-Gruppe über das Ziel hinaus geschossen - und hat ein neues Billigst-Segemnt eröffnet. Chancen könnte es haben. Wenn der Verlag Mut hat.
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