Immer diese Journalisten. Eine schlimme Sorte Mensch. Und sie treten immer  nur als Gruppe auf. Sie sind dabei auch grundsätzlich alle einer Meinung, weil sie ja sowieso alle vom gleichen Schlag sind. So scheint es zumindest Stefan Raab zu sehen, der in einem Interview mit der "Süddeutschen Zeitung" (Freitagsausgabe) gegen die Journalisten im Allgemeinen poltert ("Die drehen durch"). Diese Journalisten, die kritisieren. Würde man sich umgekehrt erlauben so pauschal über das deutsche Fernsehen zu urteilen - was wäre der Aufschrei groß. Aber gut, kann man es Raab verübeln, dass er so aufgebracht ist? Dass sein Interview sich wie eine einzige Verteidigung liest? In den vergangenen zwei Wochen baute sich nicht immer nachvollziehbare Kritik von Boulevardmedien und Feuilleton gegen ihn, Lena, die Idee der Titelverteidigung und die Gestaltung des deutschen Vorentscheid auf.

 


Leider wurde dabei sowohl von der Presse als auch jetzt von Raab mehr mit Holzhammer als mit Differnzierung gearbeitet. Das ist einfacher. Einfacher an den Leser zu bringen. Und einfacher als Interview-Antwort im Gespräch mit dem "SZ"-Kollegen Hans Hoff. Ach ja, da war ja eine Frage. Kann man es Raab verübeln, dass er so aufgebracht ist? Ja, kann man. Weil er im Eifer der Selbstverteidigung leider ein Stück weit die Realität verkennt. Da sieht der Entertainer, der im vergangenen Jahr völlig zu Recht für seine Erfolge nicht nur beim Eurovision Song Contest gefeiert und ausgezeichnet wurde, in dem Interview beispielsweise einen großen Unterschied zwischen veröffentlichter und öffentlicher Meinung - also dem was geschrieben wurde und dem, was die Menschen im Lande denken. Aber da fängt es schon an. Das ist nicht richtig, Herr Raab. Denn zu den verhaltenen bis schlechten Kritiken der Presse kommen verhaltene bis schlechte Einschaltquoten. Ja, die erste Sendung lief gut - so haben wir es auch geschrieben. Aber gegen die "Hindenburg" hatte "Unser Song für Deutschland" keine Chance.

Hier hat das Publikum geurteilt. Nicht die Presse. Das Publikum hatte wohl einfach kein brennend großes Interesse an dem diesjährigen Vorentscheid. Würde man also in Abgrenzung zur veröffentlichten Meinung der Presse, die öffentliche Meinung einholen wollen, dann wäre die Antwort in den meisten Fällen erst einmal: "Habe ich nicht gesehen". Und den Reaktionen im Netz unter denen, die zugeschaut haben, waren - wir hatten es schon mehrfach - verhalten bis schlecht. Das zeigt eine Analyse der Reaktionen etwa bei Twitter, Facebook und in Foren an den beiden Abenden der Ausstrahlung. Nein, es gibt bei der Beurteilung von "Unser Song für Deutschland" keinen wirklichen Unterschied zwischen veröffentlichter und öffentlicher Meinung - ohne, dass man damit jedem Wort, das geschrieben wurde, zustimmen muss. Das ist keine Verschwörung der Presse gegen Stefan Raab.