Wenn Thomas Gottschalk für sein Lebenswerk den Grimme-Preis bekommt, kann man sich schon mal die Nacht um die Ohren schlagen. 3sat übertrug die Veranstaltung am Freitag zeitversetzt bis weit nach 1 Uhr.

Zu sehen bekam der tapfere Zuschauer einen Einblick in die Parallelwelt der Realität. Einen üblen Aufguss aus den 80er Jahren, indem lamoryante Subventionsempfänger einen schwindeligen Preis nach dem anderen in Empfang nehmen. Kein Stolz, keine Freude, irgendwie ja klar, dass wir das bekommen, wer denn sonst.
 
Ein deplazierter Moderator namens Willy, der wohl im Kinderkanal ein Star ist, gab dem ganzen einen grotesken , leider wiederkehrenden Höhepunkt. Sichtlich bemüht um Lockerheit, konnte er nicht verhehlen, wie unglaublich toll er es fand, so derart locker zu sein, dass er im Grunde nicht eine einzige vernünftige Frage hinbekam und sich wie Titan Gottschalk fühlte, weil er sogar in seiner Aufgabe versagte, die Nummer auch nur ansatzweise im zeitlichen Rahmen zu halten.

 

Welch unglauliche Unverschämtheit, Thomas Gottschalk die Möglichkeit zu nehmen, wenigstens den ein oder anderen Zuschauer bei der sehr schönen MAZ und seiner tollen Rede anwesend zu wissen, da er als Höhepunkt den Preis um 1.15 Uhr bekam; vor nur noch wenigen tausend TV-Zuschauern.
 
Diesmal kam es aber wenigstens zu einem großen Akt der Ehrlichkeit: In Marl hat man sich für alle Zeiten vom Privatfernsehen verabschiedet. Nur mehr öffentlich-rechtliche Produktionen bekamen die Auszeichnungen.

Geboren in einem System der grenzenlosen Zuwendung unerwirtschafteter und unbegrenzter Geldmengen, getrieben von Quotenphantasien, aber gänzlich frei von jedem Quotendruck, erkennt man sich selbst als den einzigen Maßstab des Guten und Reinen an. Das da draussen in der Welt der Ahnungslosen niemand um ihr Tun weiß, ist Ihnen nicht egal, nein, es empört sie sogar ständig.
 
Das dies aber nunmal nicht zu ändern ist, weil die Welt ja böse und doof ist und man ja selber mit ein paar letzten aufrechten Redakteuren den einsamen Kampf um Qualität fechten darf, nimmt man halt auch mal einen Preis entgegen. Thomas Gottschalk konnte einem in diesem Zwergstaat fast leid tun. Einmal mehr zeigte er in drei Minuten, welch ein Riese da gehen will.
 
Den Machern in Marl empfehle ich: Macht weiter so, setzt die Übertragung vielleicht auf Dienstag 3 Uhr nachts bei arte mit einer Wiederholung auf einem bis dahin noch zu gründenenden, vielleicht 30. öffentlich-rechtlich- national-distribuiertem Sender an, schottet Euch ab, weint noch ein bisschen mehr, seid betroffen und empört und entsetzt und rührt Euch ob der eigenen Großartigkeit in die Wollust der Unersetzbarkeit.
 
Oder schickt die Preise im nächsten Jahr per Post. Wurscht ist´s eh!