In einem Interview hat der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) die Einstellung von Digitalkanälen der Öffentlich-Rechtlichen gefordert. Bei so manchem Vertreter der Privatsender-Riege dürfte Beck damit offene Türen einrennen. Immer und immer wieder wurde etwa das ZDF in der Vergangenheit dafür gescholten, bei seinem Digital-Ableger ZDFneo Programm für ein jüngeres Publikum zu veranstalten. Doch das alleine darf nicht verwerflich sein - dass Beck die Abschaffung von digitalen Sender fordert, mag zwar in den Ohren der Gebühren-Kritiker gut klingen, trifft aber nur bedingt den Kern des Problems.
Während das ZDF seine Sender in der jüngeren Vergangenheit auch gegen manche Widerstände gut und sinnvoll aufstellte, hinken die Digitalkanäle der ARD nämlich weit hinterher. Das ist vor allem den verschiedenen Zuständigkeiten geschuldet: So kümmert sich der WDR um Einsfestival und setzt dort auf ein recht junges Programm mit Serien, Filmen und Comedy. Der SWR nutzt im Gegenzug den eigentlich als Service-Sender positionierten Kanal EinsPlus gerne auch mal als Experimentierfläche für eigene Sendungen - so etwa im Falle der ohne Zweifel sehr unterhaltsamen Comedyshow "Es geht um mein Leben" mit Pierre M. Krause. Welcher junge Zuschauer vermutet ein solches Format zwischen "Kochkunst mit Vincent Klink" und langweiligen Verbrauchermagazinen?
Auf EinsPlus fanden in diesem Jahr übrigens auch das "SWR3 New Pop Festival" oder "Rock am Ring" statt - mit Service hat das freilich nichts zu tun. Angesichts dessen erschien das im vergangenen Jahr geäußerte Vorhaben plausibel, die Budgets von Einsfestival und EinsPlus zusammenzulegen, um damit einen dann fusionierten Sender mit einer ordentlichen finanziellen Ausstattung betreiben zu können. Der dritte beim NDR angesiedelte Digitalsender Eins Extra, der tagsüber durchgehend die "Tagesschau" sendet und damit den privaten Nachrichtensendern ein besonderer Dorn im Auge ist, wäre davon unberührt geblieben.
Tatsächlich aber dauerte es nur etwa ein halbes Jahr, bis diese angestrebte Reform wieder zu den Akten gelegt wurde. Der Grund: SWR und WDR konnten sich schlicht nicht einigen. Laut SWR-Intendant Boudgoust seien daran "vor allem finanzielle Gründe" schuld. "Wir haben erkennen müssen, dass wir auch wenn wir die Etats beider Kanäle zusammenlegen, weit davon entfernt sind, einen Jugendkanal realisieren zu können." Womöglich liegt genau darin das Problem: Während sich Boudgoust schon seit geraumer Zeit für einen Sender stark macht, der die 14- bis 29-Jährigen im Blick hat, fasst man beim WDR lieber die Zuschauer über 30 ins Auge.
Also wursteln beide Anstalten lieber an ihren eigenen Digitalsendern weiter, anstatt mit vereinten Kräften einen guten gemeinsamen Sender auf die Beine zu stellen. Und dann wäre da auch noch BR alpha: Seit nunmehr 13 Jahren existiert der Bildungskanal des Bayerischen Rundfunks - um Zuschauern im eigenen Sendegebiet eine Vollversorgung zu bieten, die im Grundsatz keiner Ergänzung durch länderübergreifende Angebote bedarf. Zu sehen gibt es dort nur wenig. Und das, was dort zu sehen ist, wollen nur wenige sehen. Über 13 Millionen Euro lässt sich der BR dieses Projekt jährlich kosten.
Angesichts dessen stellt sich die Frage: Wäre das Geld nicht sinnvoller angelegt, würde man es komplett in gute Formate für einen der Digitalsender investieren? Es sollte nicht darum gehen, sämtliche Budgets für die digitalen Sender einzufrieren oder alle Kanäle einzustampfen. Viel mehr sollte das wertvolle Geld der Gebührenzahler nicht für Machtkämpfe zwischen den Anstalten verwendet werden - lieber ein gut gemachtes Programm als zwei schlechte, die noch dazu nur halbherzig daherkommen. Denn welcher Gebühren zahlende Zuschauer wird schon etwas gegen einen guten Sender einzuwenden haben?
Im derzeitigen Zustand kommen die ARD-Sender jedoch unattraktiv daher, was sie zugleich angreifbar macht - nicht zuletzt für die Politik. So gesehen hat Kurt Beck nicht Unrecht, wenn er sagt, die Rundfunkanstalten seien gefordert, zukünftig stärker Prioritäten zu setzen, was zugleich bedeute, von der einen oder anderen Aktivität Abstand zu nehmen. Was fehlt, ist eine öffentliche Auseinandersetzung über die Ausrichtung von Sendern wie Einsfestival und EinsPlus, die vor allem eines unter Beweis stellen: Die Ungelenkigkeit der ARD.
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