Über die Qualität mancher RTL-Sendung kann man vortrefflich streiten. Doch in Sachen Marketing- und PR ist das Talent des Kölner Fernsehmarktführer unumstritten. Als man im Frühjahr kurzfristig "DSDS Kids" ankündigte, setzte der erhoffte Reflex der Kritiker ein. Eine sonst möglicherweise gar nicht so stark wahrgenommene Show wurde erst durch die vorauseilende Kritik und Empörung zum Gesprächsthema. Das Spektrum der Kritik reichte von dezenter Sorge um den Umgang mit den Kindern bis zum gleich mal geforderten Verbot der Show - also quasi Medienzensur in Deutschland. Etwas Besseres konnte RTL gar nicht passieren.

Und wie ist die Show nun? Harmlos. Kein anderes Wort umschreibt die Show besser. Die Castingphase entfällt, es geht gleich mit den Studioshows los. Vorgeführt wird als niemand. Dieter Bohlen präsentiert sich als sympathischer Onkel, Michelle Hunziker macht optisch was her und Dana Schweiger gibt die fürsorgliche Mama. Moderator Daniel Aßmann passt zur Show: Jugendlich kumpelt er mit den Kandidatinnen und Kandidaten auf der Bühne rum. Dass es sein erster großer TV-Job ist, merkt man nicht. Die Jury lobt, wie sie es bei "DSDS" in den Live-Shows ja eh überwiegend macht - nur hier noch netter und vorsichtige Kritik kommt nur als Ansporn.

Was nervt, sind einstudierte Gesten ("Ruft für mich an"), die übertriebene Lobhudelei der Kandidaten für Bohlen und nicht natürlich wirkende Backstage-Gespräche. Aber davon abgesehen besteht die Sendung eben aus dem bekannten Muster: Einspieler, Auftritt, Einspieler, Auftritt... - und auch wenn in Videos zum Teil die Familiengeschichte erzählt wird, bleibt am Ende der Eindruck: "DSDS Kids" ist harmloser als die "Mini Playback Show" in den 90er Jahren. Damals ging es nicht ums Talent und um dem Idol möglichst ähnlich zu sehen, war manches Outfit sexier als für Kinder angemessen. Beides trifft auf "DSDS Kids" nicht zu. Hier sind die kleinen Kandidatinnen und Kandidaten sie selbst - und singen selbst.

Harmloser meint aber auch: Langweiliger. Statt einer Musikkarriere verspricht RTL dem Gewinner bzw. der Gewinnerin ein Stipendium für die Ausbildung und die Erfüllung eines großen Wunsches seiner bzw. ihrer Schule. Das ist zweifelsohne sehr sympathisch und distanziert "DSDS Kids" von den Karriereversprechen der großen Castingshows. Nur tragischerweise gleicht die Inszenierung im "DSDS"-Studio weitestgehend einer solchen. Und ohne die Spannung aufgrund eines möglicherweise das Leben verändernden Sieges oder die sonst üblichen Skandale bleibt am Ende nur eine putzige, harmlose Musikrevue übrig, die keinen wirklichen Spannungsbogen aufbauen kann. Gut, dass der nicht mit fragwürdigen Mitteln erzwungen wurde, aber es zeigt eben den schmalen Grat, auf dem "DSDS Kids" wandelt: In von RTL maßgeblich mitgeprägten Zeiten dramaturgisch völlig überinszenierter Fernsehunterhaltung noch mit putzigen, unschuldigen Sendungen ein Publikum für sich zu gewinnen.

Erschreckender als die harmlose Sendung selbst ist am Ende die Erkenntnis, dass es bei RTL scheinbar niemanden stört, welches Image man sich nach all den Jahren "Deutschland sucht den Superstar" und manch anderer Verfehlung erarbeitet hat. Da fiel im Vorfeld bei einem Programmverantwortlichen der Satz "Das wird nichts mit dem zu tun haben, was wir sonst machen" und man weiß nicht ob man sich freuen oder weinen soll.