Das US-Unternehmen Yelp hat das deutsche Start-up-Unternehmen Qype gekauft. Kaufpreis: rund 50 Millionen US-Dollar, zum Teil in bar, zum Teil in Yelp-Firmenanteilen. Beide Unternehmen sind spezialisiert auf lokale Empfehlungen. Qype, 2006 gestartet, hat heute quer durch Europa rund 860.000 bewertete Unternehmen in seiner Datenbank, von der Autoreparaturwerkstatt über den Friseur, das Restaurant, den Imbiss, die Mode-Boutique, das Fitnessstudio usw. 25 Millionen Unique User zählt das Hamburger Unternehmen im Monat, von denen zwei Millionen die Plattform mit ihren Bewertungen weiter füttern. Yelp, gestartet 2004 und seit März 2012 an der Börse, operiert in den USA, Kanada, Europa, Australien und Singapur. Die Firma zählt über 30 Mio. Empfehlungen und erreicht 78 Millionen Besucher monatlich. In Europa, speziell in Deutschland, war Qype zuletzt deutlich erfolgreicher als Yelp.

Google+ und Facebook erhalten mit der Übernahme in Europa, speziell in Deutschland, einen starken Wettbewerber. Alle drei Unternehmen zielen (auch) auf die kleinen mittelständischen Unternehmen (KMU). Der Werbemarkt ist kleinteilig, aber riesig. Die rund 3,7 Millionen KMU in Deutschland (Quelle: Institut für Mittelstandsforschung) haben durchschnittlich ein Jahresmarketingbudget zwischen 1.000 und 5.000 Euro (Quelle: Studie „Mittelstand und Werbung“ 2011 der Telegate AG, Kooperationspartner von Google und Yelp). In diesem Milliardenmarkt wollen Google, Facebook und nun auch Yelp ihren digitalen Anteil gewinnen. Ein nicht einfaches Unterfangen, denn:  KMU tun sich noch schwer mit „modernen Werbeformen im Web 2.0“, so Telegate in seiner Studie. Dennoch: Dieser Werbemarkt wird kommen, auch und gerade weil Mobile Marketing und Social Media Marketing - und die Kombination aus beidem - deutlich wachsen. Google und Facebook haben das längst erkannt und setzen dort ihre Schwerpunkte.

Fällt Ihnen, verehrter Leser, an dieser Stelle, nach rund 300 Worten, etwas auf? Richtig! Von Verlagen, Tageszeitungen oder Anzeigenblättern war bis hierhin nicht die Rede, obwohl es sich um Werbemarkt der lokalen und regionalen Verlage handelt. Oder sollte ich eher schreiben: ,handelte‘ ? Für ein Werbebudget in Höhe von 1.000 Euro im Jahr geht heute kaum ein Medienberater einer mittleren Tageszeitung zu seinem Kunden. Bestenfalls versucht ein Callcenter-Agent den „C-Kunden“ zu gewinnen. Vielleicht besucht der Medienberater eines Anzeigenblattes diesen Kunden. Was könnte man dem Kunden bieten? Einspaltig, 50mm hoch? Zweispaltig, 100 mm hoch?  Gern auch in Farbe, kostet nicht viel mehr. Winzige Anzeigen mit einem enormen Streuverlust. Will der Kunde immer weniger. Auch gegen Rabatt nicht. Erscheint ihm rausgeworfenes Geld. Und wenn der Kunde digitale Anzeigen will? Kann er haben: Banner und Buttons auf der Website der lokalen Tageszeitung. Mit Klickraten zwischen 0,01 und 0,03 Prozent. Ein vergleichbares Angebot zu Qype oder Yelp kann der Medienberater nicht anbieten. Ein derartiges Internetangebot haben die deutschen Verlage schlichtweg nicht im Angebot.

„Digitale Branchenbücher“ waren mal ein Thema. Wenn überhaupt gestartet, wurden sie wegen Erfolglosigkeit sowohl bei den Lesern als auch bei den Werbeeinnahmen wieder eingestellt. Manche Verlage verkaufen bzw. vermitteln deshalb auch Google Adwords. Von den maximal 30 Prozent Provision kann der Medienberater, geschweige denn der Verlag, nicht leben. Google schon, demnächst wahrscheinlich auch Yelp. Vor etwas längerer Zeit, am Mittwoch, den 6. Dezember 2006, hatte der BDZV zu einer Fachtagung geladen. Titel: Local Search. Untertitel: „Neues Geschäftsfeld für Zeitungsverlage!“. Mark Pohlmann stellte in Vertretung von Stephan Uhrenbacher Qype vor. Pohlmann bot damals an, den Verlagen eine White Label-Version für lokalisierte Auftritte zur Verfügung zu stellen. Geworden ist daraus nichts. Einige Teilnehmer ließen verlauten, dass man bereits an einer eigenen, branchenweiten Local-Search-Initiative arbeite. Geworden ist auch daraus - nichts. In einem kurz darauf veröffentlichten „Special Report“ von Ifra und BDZV mit dem Titel „White Paper zur lokalen Suche“ heißt es: "... anzustreben ist deshalb eine große Suchlösung in Gemeinschaft der Zeitungsverlage. Es bleibt wenig Zeit zum Taktieren.“ Geworden ist wiederum daraus - nichts.

In München kommen in diesen Tagen die führenden Medienmanager Deutschlands zusammen. Da wird über die Zukunft gesprochen. Auch da plädieren die Verleger wieder für das Leistungsschutzrecht, wettern gegen das böse Google und werden weiter „Paid Content“ ausrufen.

Während dessen machen andere ihre digitalen Geschäfte.


PS: Nach meinem Kenntnisstand ist kein deutscher Verlag an dem Start-Up Unternehmen Qype beteiligt, auch nicht durch die von Verlagen gegründeten Venture-Unternehmen. Über die Verkaufserlöse freuen sich laut www.deutsche-startups.de: Vodafone Ventures (London), Advent Venture Partners (London), Partech (Paris), dw Capital (Axel Schmiegelow, ehemals Sevenload und Denkwerk, Köln) und Wellington Partners (München) und schließlich auch Gründer Stephan Uhrenbacher.