Sie werden dran bleiben, wenn sie einmal eingeschaltet haben. „Frau Temme sucht das Glück“ ist der sperrige Titel der neuen Serien-Hoffnung im Ersten, die sich gefällig gucken lässt und doch so ihre Probleme hat. Produziert von Warner Bros. im Auftrag des WDR soll die Serie erklärtermaßen die skurrile Farbe bedienen, die einst „Mord mit Aussicht“ zu einer der erfolgreichsten deutschen Serien gemacht hat. Kein leichtes Erbe, auch wenn Haupdarstellerin Meike Droste ein verbindendes Element darstellt.

Einst war sie Polizeimeisterin Bärbel Schmied, jetzt spielt sie Carla Temme. Eine Versicherungskauffrau, die sich nicht wirklich damit anfreunden kann, dass ihr Arbeitgeber - Die Rheinische - aus finanzieller Not heraus künftig alles versichern will. „No-Limit-Versicherungen“ sollen das Unternehmen retten. Und so treffen wir in den sechs Folgen diverse schräge Vögel mit ganz individuellen Versicherungswünschen.

Zum Beispiel einen Herren, der sich gegen herabfallende Tiefkühlhähnchen versichern möchte. Oder ein Einbrecher, der so gerne eine Arbeitsunfähigkeitsversicherung hätte. In der Beschreibung der Serie überzeugte „Frau Temme sucht das Glück“ seit der Ankündigung. Eine skurrile Idee basierend auf dem sehr deutschen Versicherungswahnsinn - das hätte sehr viel Potential.
Die jetzt vorliegenden Folgen der Serie können die hohen Hoffnungen allerdings nicht erfüllen.

Das scheitert nicht an den Leistungen des Ensembles. Neben Meike Droste als Carla Temme überzeugt besonders Martin Brambach als Abteilungsleiter. Man merkt im Guten wie im Schlechten, dass die Idee und Bücher zu „Frau Temme sucht das Glück“ von einem Autor mit langjähriger Sitcom-Erfahrung kommen. Dietmar Jacobs verantwortete einst „Das Amt“ mit Jochen Busse. Und immer wieder fühlt man sich in den Fluren der Versicherung an den Humor von damals erinnert.

Mit ihm hat auch Benedikt Gollhardt („Danni Lowinski“) an der Serie geschrieben. Immer dann, wenn die Serie sich vom Comedy-Kammerspiel in der Versicherung verabschiedet, wird es auch stimmiger. Zu oft ist „Frau Temme versucht das Glück“ kurz vor einer reinen Sitcom. Das hätte ja durchaus was gehabt, aber diese Serie will unbedingt so viel mehr sein. Das merkt man sehr deutlich u.a. an der inhaltlichen Klammer jeder Folge: Frau Temmes Notizen in ein Tagebuch. Sie sollen Tiefgang geben, wirken aber aufgesetzt.

Die ARD sucht mit der Serie ihr Glück am Dienstagabend - und man kann ihr sogar gratulieren. All diese Schwächen sind vielleicht kein Grund für Serien-Fans sich plötzlich dem Ersten zuzuwenden, doch als erfrischende Variation für Gewohnheitsgucker am Dienstagabend ist es eine kreative Bereicherung. Angesichts der oft weichgespülten Stoffe („Um Himmels Willen“), die dort sonst laufen, ist es natürlich kein allzu großes Lob.

Weil irgendwo unter der zu gewollten Umsetzung eine sehr charmante Idee steckt, bleibt zu hoffen, dass das Publikum dem Ersten und Warner Bros. die Chance gibt, „Frau Temme sucht ihr Glück“ in eine zweite Staffel zu schicken. Da ließe sich nochmal an der Fokussierung arbeiten.

"Frau Temme sucht das Glück" läuft ab heute Abend dienstags um 20.15 Uhr im Ersten. Die erste Staffel besteht aus sechs Folgen.