Mit gerade einmal 44 Jahren starb der US-amerikanische Schriftsteller Francis Scott Key Fitzgerald an einem Herzinfarkt und hinterließ seiner Meinung nach nicht nur eine gescheiterte Ehe mit seiner Frau Zelda Fitzgerald, sondern auch eine unvollständige Karriere als Autor. Denn trotz dem Fakt, dass er mit seinem ersten Roman "The Side of Paradise" schlagartig berühmt wurde, und mit "The Great Gatsby" oder auch "Tender is the Night" bedeutende Werke der amerikanischen Moderne schuf, fühlte er bereits wenige Jahre später, dass er für die Welt gestorben sei – als Schriftsteller.

Kurz darauf dann der echte Tod. Was er der Welt zum Schluss noch ließ, war sein unvollendeter Roman "The Love of the Last Tycoon: A Western". Amazon fand den Gedanken faszinierend, dieses Werk auf die Bildschirme zu holen und obendrein mit einer eigenen Interpretation zu vervollständigen. Ein Pilot wurde produziert und online gestellt - von den Zuschauern wurde dieser für gut befunden. Nun steht eine komplette, zehnteilige Staffel zur Verfügung. Doch hätte Fitzgerald gewollt, dass sein Werk so zum Finale kommt?

Dass "The Last Tycoon" gleichzeitig auch das letzte Projekt des Schriftstellers war, hätte – so makaber es auch klingen mag - besser nicht passen können. Die Geschichte des historischen Dramas, das in den 30er Jahren spielt, dreht sich nämlich um den talentierten Filmstudio-Manager Monroe Stahr (Matt Bomer, "White Collar"), der in Hollywood einen rasanten Aufstieg hinlegt und wenig später an der Spitze eines großen Studios steht. Parallelen zu Fitzgeralds eigenem Leben sind hier sicherlich kein Zufall.

Stahrs Aufstieg bleibt aber keine anhaltende Erfolgsstory. So wird sein einstiger Mentor Pat Brady (Kelsey Grammer, "Frasier") zu seinem größten Widersacher. Das geschieht aus einem ganz einfachen Grund: Während Stahr anspruchsvolle Filme produzieren möchte, ist sein Chef und Lehrer Brady vor allem am kommerziellen Erfolg seiner Produktionen interessiert. Stahr gerät dadurch immer näher an den Rande der Verzweiflung, scheitern so nach und nach seine gesamten Filmprojekte. Nachdem auch noch seine Frau stirbt, scheint die Hoffnung komplett verloren – bis ihm eine junge, irische Kellnerin (Dominique McElligott, "House of Cards") über den Weg läuft, deren Lebenslust ihn zu einem wirklich großen und wichtigen Film inspirieren könnte.

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Um dieses halbfertige Projekt Fitzgeralds in eine ganze Serie auszuweiten, wurde Billy Ray als Showrunner ins Boot geholt. Ray ist ein Mann, der vor allem Schreiben kann. So war er für die exzellenten Drehbücher von Filmen wie "Captain Phillips" oder "The Hunger Games" verantwortlich. Als Regisseur hat er in seinen wenigen bisherigen Einsätzen solide abgeliefert. Auch sein Pilot von "The Last Tycoon" war ordentlich. Jedoch nicht ordentlich genug für HBO, den eigentlichen Besteller der Serie. Der Pay-TV-Gigant ließ die Bestellung einer ganzen Staffel aus und überließ Amazon die Chance, etwas aus Fitgeralds Stoff zu machen.

Interessanterweise liefert Ray hier als Regisseur einen weitaus besseren Job ab, als in seinem eigentlichen Wohlfühl-Metier als Autor. Die Produktion von "The Last Tycoon" ist absolut hinreißend gelungen, hat Ray eine Welt des frühen Hollywoods erschaffen, die mit so vielen kleinen Details versehen wurde, dass man als Zuschauer gar nicht anders kann, als sich in der Zeit zurückversetzt zu fühlen. Die geschickte Kameraarbeit tut ihr übriges, um die 30er-Jahre-Geschichte ins beste Spotlight zu stellen. Die Darsteller müssen eigentlich nur noch abliefern.

Doch all diese imposanten Bilder plus hinreißendem Cast – Matt Bomer und Lilly Collins, die die Tochter von Pat Brady spielt, sind klassische Eye-Catcher für jedes Geschlecht – stolpern vor allem über Dialoge, die so klobig sind, dass es als Zuschauer bereits unangenehm ist, dem jeweiligen Schauspieler dabei zuzuschauen, wie er sie ausspricht. "So werden Filme gemacht und das ist alles, was ich habe. Ich kann nichts anderes fühlen", fasst Stahr seinen inneren Aufruhr zu Beginn zusammen. In einer anderen Szene wird ihm dann gesagt, dass "jeder, der [ihm] zu nahe kommt, mit den Konsequenzen leben muss." Darauf folgen noch weitere melodramatische Drohungen. Bei einer Soap-Opera kann solch ein Element der schwülstigen Wortergüsse geduldet werden, aber nicht bei der Verfilmung eines Werkes von einem der größten Schriftsteller Amerikas. Hier wurde einfach sehr viel falsch gemacht.

Erklären kann man sich das damit, dass "The Love of the Last Tycoon" von Scott Fitzgerald nie den Feinschliff bekommen hat, den es benötigte. Tatsächlich bietet "The Last Tycoon" eine glänzende Fassade, die mit einer Menge heißer Luft schockiert. Jedermann, der hier wegen Fitzgerald einschaltet, wird merken, dass sein Geist zu keinem Zeitpunkt eingefangen werden konnte und der Drehbuchautor es nicht geschafft hat, sein Werk so zu vollenden, wie es angebracht gewesen wäre. Zu naiv wurde hier herangegangen und vor allem darauf gesetzt, den Zuschauer mit schönen Bildern blenden zu können. Immerhin das klappt anfangs ganz gut, reichen schöne Bilder aber einfach nicht für eine zehnstündige Staffel, die mit solch einer interessanten Prämisse aufwarten kann. "The Last Tycoon" verliert sich so in Blendereien und zeigt vieles, aber nicht das, was das komplexe und aufregende Filmgeschäft zu bieten hat.