Eine Frau wird ermordet und die Suche nach dem Killer beginnt. Was nach alter Serienschule klingt, avanciert bei Steven Soderbergh und seinem Serienprojekt "Mosaic" laut dem amerikanischen Magazin “Wired” zu einer Fernsehrevolution. In seinem Mystery-Krimi, der ursprünglich als interaktive App konzipiert wurde, übernimmt der Zuschauer gewissermaßen selbst die Regie und darf entscheiden, aus welcher Perspektive er Hinweise sammeln möchte, um den Mörder zu identifizieren. Die erste Ernüchterung stellt sich jedoch dann ein, wenn festgestellt wird, dass zwar hier und da etwas angeklickt werden kann – die Story an sich ungeachtet dessen kaum beeinflusst wird.

Das Schicksal des gesuchten Killers ist nämlich, egal welchen Pfad der Zuschauer in der App geht, genauso besiegelt wie das der ermordeten Kinderbuchautorin Olivia Lake (Sharon Stone). Diese war ein bekannte Persönlichkeit, umgeben von wohlhabenden Kunstfreunden in einem mit Bergvillen versehenen Ort in Utah. Um der Realität ihres zunehmenden Alters zu entfliehen, griff sie regelmäßig zu teuren Weinen und jungen Männern. Um herauszufinden, wer sie in der Silvesternacht in einem Gewaltverbrechen sterben ließ, kann der Zuschauer mit der Mosaic-App etwa aus den Perspektiven des ermittelnden Polizisten Nate Henry (Devin Ratray), Olivias Schwägerin Petra (Jennifer Ferrin), Joel (Garrett Hedlund), dem jungen Protégé Olivias oder ihrem Verlobten Eric (Frederic Weller) auf die Geschehnisse blicken.

So ist es auf der einen Seite vor allem ernüchternd, dass Regisseur Steven Soderbergh (“Erin Brockovich”) in gewisser Weise Interaktivität bietet, sie aber keine wirkliche Auswirkung hat. Der Zuschauer bekommt etwas zu tun, dass im Endresultat jedoch keine Früchte abwirft. Effekthascherei könnte man es nennen, auf die die Kollegen von "Wired" reingefallen sind. Soderbergh selbst sagte gegenüber dem Kunstmagazin “Filmcomment”, er sehe “Mosaic” als eine Art “Höhlenmalerei” des neuen Fernsehens: “Jemand anderes wird es in die Hand nehmen und weiterentwickeln.” Mit dieser erfrischenden Selbstreflexion spricht er das größte Problem der Serie aus: “Mosaic” ist ein Rohkonstrukt, das nötig ist, um die Branche in eine neue Richtung zu leiten, selbst aber noch zu unfertig wirkt.

Damit ist die Technik gemeint, die “Mosaic” mit einem Pitch bei HBO einst ins Leben gerufen wurde. Ganze zwanzig Millionen Dollar gaben sie Soderbergh für diese Pionierarbeit, die in den deutschen App-Stores leider nicht verfügbar ist. Das nun bei Sky online gehende “Mosaic” bietet zwar nicht die Möglichkeit der Interaktivität, jedoch die Chance, immerhin Soderberghs fertig gepuzzelte Story zu erleben. So stellt die sechsteilige Crime-Serie eine Art Directors Cut dar, eine Fassung der Pfade, die Soderbergh selbst wählte.

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Lohnenswert ist das vor allem für Hardcore-Krimi-Fans. Denn neben den überwältigenden Schauspielkünsten, die von Diva Sharon Stone bis zum eiskalten Detektiv Devin Ratray reichen, machen es Soderbergh und Autor Ed Solomon (“Die Unfassbaren”) dem Zuschauer nicht leicht, in die Serie zu finden. Als ob es eine Doktorarbeit wäre, gehen sie in ihrer Erzählung ungewöhnlich steril vor. Die Kamera muss auf Experimente verzichten, Polizeiberichte werde analysiert und eine musikalische Untermalung wurde auf das Minimum heruntergefahren. Dementsprechend schleppend kann sich auch das Storytelling ziehen. Für Hobbydetektive, die es mögen, kleinste Details ins Auge zu fassen und sich stetig einen eigenen Fall “erarbeiten” möchten, bietet sich hier jedoch die ideale Spielwiese an.

Fans dieser beiden Filmschaffenden sollten sich also darauf gefasst machen, nicht den lässig-entspannten Stoff zu sehen zu bekommen, den sie von Soderberghund Solomon gewohnt sind. “Mosaic” ist, vor allem was die Herangehensweise an die Erzählung angeht, ambitioniert, jedoch kein unterhaltsames “Oceans Eleven” oder “Men in Black”, wie die beiden es sonst schon eher abliefern.

“Mosaic” ist also wohlmöglich der erste Schritt in eine Richtung, die uns Fernsehen neu erleben lassen könnte. Da die ersten Schritten aber bekanntlich die schwierigsten sind, ist es nicht all zu tragisch, dass Soderbergh es nicht direkt geschafft hat, ein interaktives Meisterwerk abzuliefern. Es schadet jedoch nicht, diesen Schritt kurz zu honorieren - um sich dann wieder anderen, deutlich spannenderen Serien zuzuwenden. 

Sky Atlantic HD zeigt "Mosaic" ab dem 14. Februar wahlweise auf Deutsch oder im Original. Im Anschluss an die Ausstrahlung stehen die Folgen zusätzlich auch bei Sky Ticket, Sky Go und Sky On Demand zur Verfügung.