Pompöse Musik! Sie sind nach Südamerika gereist, um dort in Piranha-verseuchten Flussarmen zu baden; nach Grönland, um Wrestling-Matches auf Eisschollen durchzustehen; sie haben sich mit Klebeband an asiatischen Wolkenkratzern festtapen und bis zum Scheitel im schottischen Moor versenken lassen. Von der Kommission für Jugendmedienschutz wollten sie sich weder den zugenähten Mund noch den Drogenrausch verbieten lassen, sondern haben: einfach weitergesendet! (DWDL, äh: DWDL berichtete.)

Ohne Furcht. Ohne Skrupel. Und ohne Plan, wie sich dieser ganze Scheiß beim nächsten Mal noch steigern lassen würde. Bis ein Typ beim Bayerischen Fernsehen auf eine glorreiche Idee gekommen ist: Wieso denn eigentlich steigern?

Aus diesem Grund ist im BR an diesem Montagabend ein einzigartiges Experiment gestartet, das ein für alle Mal die Frage beantworten soll: Geht Deutschlands irrste Abenteuershow aus dem Privatfernsehen auch ohne die teure Reiserei, ohne die spektakulären Stunts – vor allem aber: ohne das erfolgreichste Showmaster-Duo seit Werner und Zini? Kurz: geht „Das Duell um die Welt“ auch in langweilig, harmlos und öffentlich-rechtlich?

Ja, geht ganz gut.

In „Mannsbild & Pfundskerl – Das Duell durch Bayern“ lässt der BR seinen Moderator Florian Wagner gegen den Volksmusikanten Daniel Neuner antreten. Nicht in Rio, Hong Kong oder der Wüste vor Las Vegas. Sondern in Sulzbach-Rosenberg, Bad Königshofen und Höslwang.

Samba liegt in Bayern

Anders als im Original müssen beide Kontrahenten dieselben Aufgaben bewältigen. Wer gewinnt, kriegt Punkte, und zum Schluss ist einer – nein, nicht „Weltmeister“, sondern „Sendungssieger“. Der Rest kommt Ihnen vielleicht bekannt vor: Die Kontrahenten sticheln vor laufender Kamera gegeneinander („Ich kann dem nicht beim Gewinnen zusehen!“), finden die ihnen zugeteilten Aufgaben ziemlich unverhältnismäßig („Das ist ein ganz gemeines Spiel!“), geben dem Team die Schuld („Ihr seid solche Saupackerl“), dazu läuft pompöse Musik. Und wenn alles nix hilft, passiert mal wieder was mit Saufen. (Meistens aber leider nicht.)

Die Fernsehpreishaftigkeit des Unterfangens wird zweifellos dadurch gestützt, dass es die Münchner Produktionsfirma South & Browse geschafft hat, ihrem Auftraggeber eine Show zu verkaufen, die unübersehbar von einer der aufwändigsten TV-Produktionen der vergangenen Jahre inspiriert worden ist – nur halt  maximal unaufwändig und im wahrsten Sinne des Wortes ohne jegliche Fallhöhe.

Mannsbild & Pfundskerl© BR/south & browse GmbH/Daniel van Moll

In der Auftaktfolge bestanden die „Herausforderungen“ für Wagner und Neuner darin, auf dem größten Samba-Festival außerhalb Brasiliens im bayerischen Coburg zwei Minuten, nun ja: Samba zu tanzen. (Fertig.) Bei Bayerns kleinstem Frauenfußballverein so lange aus ansteigender Entfernung aufs Tor zu schießen, bis einer den Ball zu oft daneben gesetzt hatte. Und im oberpfälzischen Schulmuseum mit dem Wissen zu glänzen, wie hoch Veronica Ferres ist und dass die Zugspitze nicht in Bayern geboren wurde. (Oder andersherum. In jedem Fall muss die zur Prüfungsabnahme engagierte Rohrstock-schwingende „Heimatpflegerin“ Martha eindeutig zu den besseren Verkleidungen von Evil Jared gezählt werden.)

Wer davon nicht genug kriegen kann, darf tief in die BR-Mediathek eintauchen, wo der Sender den vollständigen Schatz seiner „Duelle“ bereits preisgibt, bevor sie in den kommenden Wochen linear versendet werden, also zum Beispiel: „Seifenkistenrennen in Wartenberg/Oberbayern“, „Flechtfrisur-Duell in Würzburg/Unterfranken“ sowie „Klöppeln in Immenstadt im Allgäu“.

Es folgt: Wetttöpfern im Chiemgau

Und das kann man ja alles auch so machen, wenn man einen Sendeplatz übrig hat, auf dem bis vor ein paar Jahren noch junge, im besten Sinne öffentlich-rechtliche, regionale Gesellschaftsreportagen liefen, die nach der „Strukturreform“ dort irgendwie im Weg waren. Man darf dann aber nicht nur stolz darauf sein, super im Budget zu liegen, weil man sein Team nicht zu den echten schottischen Highland-Games nach Großbritannien fahren muss, bloß zu den unechten am Schliersee. Sondern muss sich schon ein bisschen mehr Mühe geben, wenigstens beim Abgucken korrekt zu sein.

Das heißt: Wer Tricks kopieren will, für die die Macher des Originals jedes Mal tagelang in der Postproduktion verschwinden, kann verdammt noch mal nicht mit einem Zehntel des Aufwands um die Ecke kommen und „Maßgenaues Wetttöpfern im Chiemgau – Wer schafft den perfekten Ein-Liter-Krug?“ veranstalten.

Und so lobenswert das auch ist, ein verlassenes Kreiskrankenhaus aufzuspüren und einen Quatsch-Parapsychologen namens „Gangolf Eierschmalz“ zu engagieren, damit der die Kontrahenten eine Nacht im Gang festschnallt, um während des vermeintlichen Spuks ihre Herzfrequenz zu messen: Es hülfe enorm, den Film dann auch richtig gruselig zu machen. Und nicht bloß ein bisschen Geisterbahn für Arme zu spielen.

(Abgesehen davon ist es natürlich völlig unrealistisch und gegen alle ungeschriebenen Regeln, dass am Ende solcher „Duelle“ nicht immer automatisch der lange Dünne gewinnt, sondern der kleine Freche.)

Nun wenden Sie womöglich ein, dass es keinen Grund zur Aufregung gibt, ein paar Berliner Fernsehhipster ja wohl kaum das kecke Wettbewerbsgefrotzel zwischen zwei ungleichen Kerlen gepachtet haben dürften und die Ähnlichkeiten des Bayern-„Duells“ zum Welt-„Duell“ allesamt rein zufällig sein könnten. Richtig. Aber schauen Sie doch mal, wie der Mähdrescher heißt, auf dem „Mannsbild & Pfundskerl“ gleich in der ersten Ausgabe zu pompöser Musik in Richtung Frauenfußball geschuckelt werden.

Ganz genau: Reine Provokation.

Mannsbild & Pfundskerl© Screenshot: BR

„Mannsbild & Pfundskerl – Das Duell durch Bayern“ läuft montags um 20.15 Uhr im BR Fernsehen. Außerdem sind sämtliche Folgen schon jetzt in der BR Mediathek abrufbar.