Wer schon einmal in dieser Situation gewesen ist, kennt das Gefühl: Wenn andere Menschen über einen sprechen, egal ob positiv oder negativ, fällt es dieser Person meist sehr schwer, nichts zu sagen. Entweder man entgegnet der Kritik oder schwelgt in Erinnerungen. Nicht so Michael Kessler, der sich in seiner ZDF-Reihe "Kessler ist…" nun mit sich selbst beschäftigt. In der letzten Folge der aktuellen Staffel heißt es also "Kessler ist… Michael Kessler".

Das ZDF-Format erfindet sich damit nicht komplett neu, handelt es sich bei der Ausgabe schließlich nur um eine einmalige Folge. Aber die Episode fügt dem Format ein sehenswerte Facette hinzu und beweist, dass die Macher mit ihren Ideen noch längst nicht am Ende sind. Vor einem Jahr erhielt Michael Kessler den Deutschen Fernsehpreis als Bester Moderator für die Ausgabe mit Wolfgang Bosbach - und auch die jüngste Folge des Formats ist stark geworden.


"Wie ist das, sich selbst zu begegnen?", fragt Kessler zu Beginn der Sendung. "Welche Fragen habe ich an mich und welche Antworten werde ich finden?". Keine Frage: Wenn Michael Kessler sein eigenes Leben erforscht wird es sehr philosophisch - noch philosophischer als sonst. In Gesprächen mit Annette Frier und Bastian Pastewka erfährt man, wovor Kessler Angst hat und warum er sich manchmal zu sehr aufregt.

Noch viel sehenswerter sind aber die Gespräche mit seinem Bruder Stefan und seinem engen Freund Andreas. Hier spielt das Format die Stärken aus, die die Zuschauer auch in den regulären Folgen sehen. Wegbegleiter sprechen möglichst offen über die Person, die in der Sendung behandelt wird. Es geht nicht nur um die Stärken der Person, sondern auch um vermeintliche Schwächen und Ticks - und darum, wie die Person so geworden ist, wie sie heute ist.

Interviewführung in dritter Person

Was auffällt: In seiner Funktion als Interviewer bleibt Michael Kessler immer in der Beobachtungsrolle. Das ist vor allem deshalb bemerkenswert, weil die Interviewten ja über ihn reden. Wie gesagt: Viele würden sich rechtfertigen oder in Erinnerungen schwelgen, schließlich werden sie gerade bewertet. Kessler hört sich die Schilderungen seines Bruders und seiner Freunde sowie Arbeitskollegen an, reagiert darauf aber zunächst nicht. Wenn er Fragen stellt, spricht er von sich auch immer in der dritten Person ("Woher hat der Michael diese Art?"). Das "ich" vermeidet er. Dadurch schafft er eine Distanz und bleibt in seiner Rolle als neutraler Beobachter.

Nach den Interviews geht Kessler zur obligatorischen Fotowand, wo Erinnerungen aus seinem Leben auf ihn warten. Im Anschluss folgt das Interview mit der in der Sendung behandelten Person - das eigentliche Highlight einer jeden Sendung. Hier dürften zumindest die Maskenbildner weniger Arbeit gehabt haben als sonst: Michael Kessler muss man nicht groß verändern, wenn er aussehen soll wie Michael Kessler.

Fragen kamen von der Redaktion

Beim Interview mit sich selbst wird es schließlich sehr meta: Kessler fragt Kessler, was für ein Mensch er eigentlich ist und wo seine Schwächen sind. Das ganze war in der Produktion aber natürlich keine reine Kessler-Show, die zur Bewerbung des Entertainers diente. Zunächst saß Kessler alleine auf dem Stuhl und beantwortete die Fragen der Redaktion, die er nicht kannte. Später musste er eben diese Fragen selbst einsprechen. So sieht es am Ende so aus, als würde Kessler sich selbst interviewen.

"Ich kann mich gut hinter all den Masken verstecken. Ich verkleide mich lieber als mich zu entblößen", sagt er im abschließenden Gespräch. In "Kessler ist… Michael Kessler" hatte der Entertainer allerdings nur wenig Möglichkeiten, um sich zu verstecken. Das ist gut so und war sehr sehenswert. Und es nährt die Hoffnungen, dass die Macher mit dem Format auch in Zukunft experimentieren werden. Denn auch wenn eine Fortsetzung noch nicht offiziell beschlossen ist heißt es vom Mainzer Lerchenberg, die Spezialfolge sei auf keinen Fall als Ende der Reihe gedacht.

Das ZDF zeigt "Kessler ist… Michael Kessler" am Freitag, den 25. Januar, ab 22:30 Uhr.